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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Lied kann ich mich überhaupt nicht erinnern, Esme«, log Nanny.
    Oma holte tief Luft. »Es geht dabei um ein Nagetier, das … das gewisse Dinge erlebt.«
    »Oh.« In Nannys Gesicht schien eine Sonne aufzugehen. »Du meinst das Lied vom Igel, der in jedem Fall besser dran …«
    »Ja, genau!«
    »Es ist überliefert«, sagte Nanny. »Und überhaupt: Im Ausland weiß niemand, was die Worte bedeuten.«
    »Wenn du sie singst, wird ihre Bedeutung sofort klar«, stellte Oma fest. »An der Art, wie du sie singst, erkennen selbst auf dem Grund von Teichen lebende Geschöpfe, worum’s geht.«
    Magrats Aufmerksamkeit galt dem Fluß. Kleine Wellen trugen Kronen aus weißem Schaum, und die Strömung schien stärker geworden zu sein. Hier und dort schwammen kleine Eisschollen.
    »Es ist nur ein Volkslied, Esme«, meinte Nanny Ogg.
    »Ha! Ein Volkslied – typisch. Ich weiß über Volkslieder Bescheid. Ha! Man glaubt, einem lustigen Lied zuzuhören, in dem es um … um Kukkucke und Geigenspieler und Nachtigallen und dergleichen geht.« Omas Gesicht verfinsterte sich. »Doch dann stellt sich heraus, daß über etwas ganz anderes gesungen wird. Nein, Volksliedern kann man nicht trauen.
    Sie beinhalten zu viele Überraschungen.«
    Magrat schwang das Ruder, als sich das Boot einem Felsen näherte.
    »Ich kenne ein Lied über zwei Drosseln«, sagte Nanny Ogg.
    »Ähm …«, machte Magrat.
    »Zuerst mag von zwei Drosseln die Rede sein«, entgegnete Oma Wetterwachs. »Aber bestimmt stellt sich das später als Metapher heraus.«
    »Äh, Oma …«, sagte Magrat.
    »Es war schon schlimm genug, als mir Magrat von Maibäumen und ihrer symbolischen Bedeutung erzählte«, fuhr Oma Wetterwachs fort. Ihre Stimme bekam einen fast melancholischen Klang. »Früher genoß ich es, mir an einem Frühlingsmorgen Maibäume anzusehen.«
    »Der Fluß«, sagte Magrat. »Er fließt immer schneller …«
    »Ich verstehe einfach nicht, warum die Leute selbst einfachen Dingen zusätzliche Bedeutung geben müssen«, klagte Oma.
    »Es gibt jetzt wesentlich mehr Wellen.« Magrat mußte erneut verhindern, daß das Boot gegen einen Felsen stieß.
    »Sie hat recht«, räumte Nanny Ogg ein. »So sehr hat’s vorher nicht geschaukelt.«
    Über Nannys Schulter hinweg blickte Oma nach vorn. Der Fluß wirkte abgeschnitten, so als wäre ein Wasserfall in der Nähe. Das Boot sauste nun dahin. Ein dumpfes Donnern schwoll an.
    »Von einem Wasserfall haben die Zwerge nichts gesagt«, beschwerte sich Oma Wetterwachs.
    »Vermutlich dachten sie, daß wir es selbst herausfinden«, erwiderte Nanny Ogg. Sie packte ihre Sachen zusammen und zog Greebo am Genick aus einer Ecke des Bootes. »Gibt nur sehr sparsam Informationen, der durchschnittliche Zwerg. Zum Glück schwimmen Hexen. Außerdem wußten die kleinen Burschen, daß wir uns mit unseren Besen in Sicherheit bringen können.«
    »Ihr könnt euch mit euren Besen in Sicherheit bringen«, sagte Oma Wetterwachs. »Wie soll ich auf meinem in einem Boot starten? Hier kann ich wohl kaum Anlauf nehmen, oder? Wiesel nicht dauernd hin und her, Gytha. Sonst kentern wir …«
    »Dein Fuß ist im Weg, Esme …«
    Das Boot schaukelte noch heftiger.
    Magrat beschloß, sich der Lage zu stellen. Sie holte den Zauberstab hervor, als eine Welle ins Boot schwappte. »Keine Sorge«, sagte sie. »Ich rette uns mit dem Zauberstab. Ich glaube, ich weiß jetzt, worauf es dabei ankommt.«
    »Nein!« riefen Oma Wetterwachs und Nanny Ogg gleichzeitig.
    Ein ziemlich lautes und feucht klingendes Geräusch ertönte. Das Boot veränderte seine Form und die Farbe. Von einem Augenblick zum anderen bekam es ein fröhliches Orange.
    »Ein Kürbis!« rief Nanny, als sie ins Wasser rutschte. »Ein verdammter Kürbis!«
     
    Lilith lehnte sich zurück. Das Eis zu beiden Seiten des Flusses war nicht so gut wie ein Spiegel, aber es genügte.
    Nun, ein saft- und kraftloses Mädchen, das eher den Trost einer guten Fee brauchte, als selbst eine zu sein. Außerdem ein Waschweib, das gern trank und unanständige Lieder sang. Und ein Zauberstab, mit dem das dumme Mädchen nicht umgehen konnte.
    Eine ärgerliche Sache, außerdem demütigend. Von Desiderata und Frau Gogol hätte Lilith eigentlich mehr erwartet. Je stärker der Feind, desto größer Ehre und Prestige.
    Natürlich gab es sie. Nach so langer Zeit …
    Ja. Lilith wußte diesen Umstand zu schätzen. Immerhin: Es mußten drei sein. »Drei« war eine wichtige Zahl für Geschichten. Drei Wünsche, drei Prinzen,

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