Total verhext
den Spiegel um, Esme?«
»Ich mag es nicht, von ihm angestarrt zu werden.«
»Ein Spiegel kann dich nur anstarren, wenn du in ihn hineinblickst, Esme.«
Stille. Und dann: »He, wofür ist dieses runde Ding bestimmt?«
»Ich schätze, das soll ein Kissen sein, Esme.«
»Ha! Ich würde so etwas nicht als Kissen bezeichnen. Außerdem gibt’s hier keine richtigen Decken. Wie nennt man das hier?«
»Duvit, nehme ich an.«
»Bei mir zu Hause nennt man das Federbett. Ha!«
Wieder Stille.
»Hast du dir die Zähne geputzt?«
Schweigen.
»Meine Güte, sind deine Füße kalt, Esme.«
»Da irrst du dich. Sie haben’s hübsch warm.«
Ein Pause.
»Stiefel! Deine Stiefel! Du hast deine Stiefel an!«
»Natürlich habe ich meine Stiefel an, Gytha Ogg.«
»Und deine Kleidung! Du hast dich nicht ausgezogen!«
»Im Ausland kann man nicht vorsichtig genug sein. Wer weiß, was da draußen herumschleicht?«
Magrat kroch tiefer unter die Decke – ob Duvit oder Federbett – und drehte sich auf die Seite. Oma Wetterwachs schien mit einer Stunde Schlaf pro Nacht auszukommen, und im Gegensatz zu ihr konnte Nanny Ogg auf einer Zaunlatte schnarchen.
»Gytha? GYTHA!«
»W-was?« »Bist du wach?« »Jetzt schon.« »Ich habe ein Geräusch gehört!« »Ich auch …« Magrat döste eine Zeitlang. »Gytha? GYTHA!« »Was’n nun …?« »Ich glaube, jemand hat versucht, die Fensterläden zu öffnen! Von außen!«
»Is’ völlig unmöglich. Schlaf jetzt …«
Im Zimmer schien es immer heißer zu werden. Schließlich hielt es Magrat nicht mehr aus, wankte durch die Dunkelheit zum Fenster und stieß die Läden weit auf.
Etwas ächzte in der Nacht, und vom Boden ertönte ein dumpfer Aufprall.
Das silbergraue Licht des Vollmonds schien in die Kammer. Magrat atmete mehrmals tief durch und kehrte ins Bett zurück.
Es dauerte nicht lange, bis sie von einer viel zu vertrauten Stimme aus dem Schlaf gerissen wurde.
»Was machst du da, Gytha Ogg?«
»Ich erlaube mir einen kleinen Imbiß.«
»Kannst du denn nicht schlafen?«
»Aus irgendeinem Grund finde ich keine Ruhe, Esme«, erwiderte Nanny. »Was wohl die Ursache sein mag?«
»Du ißt Knoblauchwurst! Ich teile das Bett mit jemandem, der Knoblauchwurst ißt!«
»He, gib sie mir zurück! Sie gehört mir …«
Stiefel stapften durchs Nebenzimmer, und Fensterläden schwangen auf.
Magrat glaubte, ein undeutliches »Uff« zu hören, gefolgt von einem neuerlichen Aufprall.
»Ich dachte, du magst Knoblauch, Esme«, sagte Nanny Ogg vorwurfsvoll.
»Ich habe nichts gegen Knoblauchwurst am richtigen Ort, und der richtige Ort für Knoblauchwürste ist wohl kaum das Bett. Und jetzt … Rutsch zur Seite. Und zieh nicht dauernd die ganze Decke zu dir rüber.«
Nach einer Weile wich die samtene Stille Omas hingebungsvollem Schnarchen. Kurz darauf ließ sich das sanftere Schnaufen Nanny Oggs vernehmen – sie hatte viel öfter in Gesellschaft geschlafen als Oma und war daher mit ihrem nasalen Konzert zurückhaltender. Oma Wetterwachs hingegen schien bestrebt zu sein, innerhalb kurzer Zeit einen ganzen Wald zu fällen.
Magrat drückte sich das schreckliche runde Kissen auf den Kopf und versuchte, das akustische Chaos im Nebenraum zu ignorieren.
Draußen, irgendwo auf dem kalten Boden, versuchte eine ziemlich große Fledermaus, wieder aufzusteigen. Zweimal war sie betäubt worden: einmal von einem achtlos geöffneten Fenster, und dann von einer verärgert fortgeschleuderten Knoblauchwurst. Sie fühlte sich nicht besonders gut und entschied, zum Schloß zurückzukehren, wenn auch der dritte Versuch fehlschlagen sollte. Die Sonne ging ohnehin bald auf.
Die roten Augen des Geschöpfes funkelten, als es zum offenen Fenster von Magrats Zimmer emporsah. Es breitete die Schwingen aus …
Und eine Pfote landete auf ihm.
Die Fledermaus sah sich um.
Für Greebo war es keine sehr gute Nacht. Er hatte den Ort gründlich erforscht und dabei nach weiblichen Katzen gesucht, war jedoch enttäuscht worden. Bei den Misthaufen hielt er vergeblich nach nützlichen Dingen Ausschau. Die Bewohner dieses Dorfes warfen ihre Abfälle nicht etwa weg, sondern aßen sie auf.
Bei einem Ausflug in den Wald war er einigen Wölfen begegnet, hatte sie beobachtet und gegrinst – bis sie vor Unbehagen mit einem leisen Jaulen fortgelaufen waren.
Ja, es war eine sehr langweilige Nacht gewesen. Bis jetzt.
Die Fledermaus wand sich unter der Pfote hin und her. In Greebos kleinem Katzenhirn reifte die Erkenntnis,
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