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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Siehst du die kleinen Strudel bei der purpurnen Zwiebel?«
    »Ich seh’s, ich seh’s!« bestätigte Frau Nett.
    »Und weißt du auch, was es bedeutet?«
    »Es bedeutet, daß es wundervoll schmecken wird.«
    »Ja«, sagte Frau Gogol sanft. »Außerdem bedeutet es, daß Leute kommen.«
    »Donnerwetter! Wie viele?«
    Frau Gogol tauchte einen Löffel in die wogende Masse und kostete.
    »Drei«, sagte sie und schmatzte nachdenklich. »Frauen.«
    Der Löffel schöpfte erneut.
    »Du kannst es selbst probieren, wenn du möchtest«, fuhr die Voodoo-Frau fort. »Auch eine Katze ist dabei.« Sie schmatzte erneut. »Graues Fell. Und nur ein Auge.« Mit der Zunge bohrte sie in einem hohlen Zahn. »Das … linke.«
    Frau Nett war sprachlos.
    »Sie wenden sich zuerst an dich«, sagte Frau Gogol. »Führ sie zu mir.«
    Frau Nett starrte die zufrieden lächelnde Frau Gogol an und blickte dann in den Topf.
    »Sie kommen den ganzen weiten Weg hierher, um davon zu kosten?« fragte sie.
    »Ja.« Frau Gogol lehnte sich zurück. »Hast du das Mädchen im weißen Haus besucht?«
    Frau Nett nickte. »Die junge Asche, ja. Ich besuche sie, wenn sich Gelegenheit dazu ergibt. Wenn die Schwestern nicht im Palast sind. Sie fürchtet sich vor ihnen.«
    Sie sah einmal mehr in den Topf.
    »Kannst du darin wirklich erkennen, was …«
    Frau Gogol unterbrach sie. »Ich schätze, du mußt Dinge marinieren, nicht wahr?«
    »Äh, ja. Ja.« Frau Nett wandte sich widerstrebend dem Ausgang zu. Doch auf halbem Weg blieb sie noch einmal stehen – wenn sie irgendwo verharrte, wirkte sie wie ein Bollwerk, das niemand einfach beiseite schieben konnte.
    »Jene Lilith …« Ihre Stimme bekam einen vorwurfsvollen Klang. »Sie behauptet, die ganze Welt in Spiegeln zu sehen.«
    Frau Gogol schüttelte den Kopf.
    »In Spiegeln sieht man nur das eigene Spiegelbild«, erwiderte sie. »Guter Gumbo hingegen enthält alles.«
    Frau Nett nickte. Es war allgemein bekannt, daß in gutem Gumbo nichts fehlte – niemand konnte das bestreiten.
    Frau Gogol schüttelte erneut den Kopf, als sie wieder allein im Zelt war. Heutzutage mußte eine Voodoo-Frau alle nur erdenklichen Tricks benutzen, um weise und wissend zu erscheinen. Tief in ihr regte sich vage Verlegenheit darüber, daß sie eine gute, ehrliche Frau glauben ließ, die Zukunft in einem Topf Gumbo sehen zu können. Das war natürlich Unsinn. In einem Topf Gumbo konnte man nur erkennen, daß die Zukunft eine leckere Mahlzeit bereithielt.
    In Wirklichkeit hatte sie die kommenden Ereignisse in einem Napf mit Jambalaya gesehen.
     
    Magrat lag mit dem Zauberstab unterm Kissen. Ihr Bewußtsein weilte im angenehmen Dunst des Halbschlafs.
    Natürlich eignete sie sich am besten für den Zauberstab. Daran bestand überhaupt kein Zweifel. Unter einem Dach mit Oma Wetterwachs wagte sie kaum, den folgenden Gedanken zuzulassen, aber jetzt … Nun, manchmal fragte sie sich, ob ihre älteren Kolleginnen wirklich engagierte Hexen waren. Die meiste Zeit über schienen sie der Hexerei gegenüber gleichgültig zu sein.
    Zum Beispiel Medizin. Magrat wußte, daß sie sich mit Kräutern viel besser auskannte. Sie hatte einige große Bücher von ihrer Vorgängerin Gütchen Wemper geerbt und ihnen den einen oder anderen eigenen Erfahrungsbericht hinzugefügt. Sie wußte so interessante Dinge über Teufelsabbiß zu erzählen, daß die Zuhörer schon nach kurzer Zeit fortliefen – vermutlich mit der Absicht, die erstaunliche Botschaft weiterzugeben. Sie konnte destillieren und war imstande, des Nachts stundenlang die Farbe der Flamme unter einer Retorte zu beobachten. Mit anderen Worten: Sie gab sich Mühe.
    Nanny hingegen begnügte sich damit, dem Kranken heiße Umschläge sowie ein Glas mit seinem Lieblingsgetränk zu empfehlen. Sie stand auf dem Standpunkt, wenn man schon krank war, so sollte man das Beste daraus machen. (Magrat verbot ihren Patienten Alkohol, weil er der Leber schadete. Wenn die betreffenden Personen nicht wußten, auf welche Weise, erklärte sie es ihnen in allen Einzelheiten.)
    Und Oma … Sie gab den Leidenden einfach irgendwelche Fläschchen mit buntem Wasser und versprach ihnen, daß sie sich anschließend besser fühlten.
    Das Ärgerliche daran war: Oft behielt sie recht.
    Was hatte das mit Hexerei zu tun?
    Mit einem Zauberstab könnte alles ganz anders sein. Mit einem Zauberstab konnte man den Leuten helfen. Magie sollte helfen, das Leben zu erleichtern. Das glaubte Magrat im rosaroten und aufgeregten Boudoir ihres

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