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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Herzens.
    Ihr Ich sank in die dunkle Wärme des Schlafs zurück.
    Ein seltsamer Traum empfing sie dort. Später erzählte sie niemandem etwas davon, weil … Nun, über so etwas sprach man nicht.
    Magrat glaubte, nachts von der Stille geweckt zu werden. Sie ging zum Fenster, um frische Luft zu schnappen, und als sie am Spiegel vorbeikam, sah sie eine Bewegung darin.
    Das Silberglas zeigte nicht etwa ihr Gesicht, sondern ein anderes. Eshatte große Ähnlichkeit mit dem von Oma Wetterwachs. Die Miene lächelte – das Lächeln war weitaus freundlicher, als es bei Omas Schmunzeln jemals der Fall gewesen war –, um dann zu verschwinden. Sie schien im Spiegel zu versinken.
    Magrat kroch wieder unter die Decke. Und erwachte durch das erbarmungslose »Umptata« einer Blaskapelle. Leute riefen und lachten.
    Die junge Hexe zog sich rasch an, eilte in den Korridor und klopfte an die Tür des Nebenzimmers. Als niemand reagierte, drehte sie den Knauf. Sie zerrte mehrmals daran, und schließlich rutschte ein auf der anderen Seite unter die Klinke geklemmter Stuhl beiseite – er sollte Einbrecher, Schänder, Entführer und andere nächtliche Unholde veranlassen, sich andere Opfer zu suchen.
    Am einen Ende des Bettes ragten Oma Wetterwachs’ Stiefel unter der Decke hervor. Daneben zeigten sich Nannys nackte Füße, und im Gegensatz zu Omans Stiefelspitzen deuteten die Zehen nach unten. Enthusiastisches Schnarchen ließ den Krug am Waschbecken vibrieren. Dies war nicht das Schnaufen von Personen, die ein kurzes Nickerchen machten. Nein, solche Geräusche wiesen darauf hin, daß jemand fest entschlossen war, sich so richtig auszuschnarchen.
    Magrat klopfte an die Sohle von Omas Stiefel.
    »He, aufwachen! Draußen passiert etwas.«
    Die erwachende Oma Wetterwachs bot einen bemerkenswerten Anblick, den nur wenige Leute gesehen haben.
    Die meisten Erwachenden überprüfen hastig ihr Unterbewußtsein, bevor sie es wagen, die Geborgenheit des Schlafes ganz zu verlassen: Wer bin ich, wo bin ich, wo ist er/sie, lieber Himmel, warum halte ich die Mütze eines Polizisten in den Armen, was geschah in der vergangenen Nacht?
    Das passiert, weil die meisten Leute vom Zweifel geplagt sind. Er ist der Motor, der sie durchs Leben treibt. Er ist das Gummiband im kleinen Modellflugzeug ihrer Seele, und sie versuchen dauernd, es aufzuwikkeln, bis sich schließlich Knoten darin bilden. Früh am Morgen geht es besonders schlimm zu. Dann gerät man für einen Moment in Panik, weil man des Nachts auf Reisen gegangen ist und den Platz im eigenen Kopf jemand anders überlassen hat. Oma Wetterwachs erlebte so etwas nie. Sie konnte direkt von tiefem Schlaf auf volle geistige Drehzahlen umschalten; ihr mentales Triebwerk brauchte nicht warmzulaufen, es stellte von einer Sekunde zur anderen das komplette Leistungspotential zur Verfügung. Für Oma war es überhaupt nicht nötig, sich zu finden, denn sie wußte immer, wer suchte.
    Sie schnupperte. »Etwas brennt.«
    »Die Leute haben ein großes Feuer angezündet«, sagte Magrat.
    Oma schnupperte erneut.
    »Wird da etwa Knoblauch geröstet?« fragte sie.
    »Ja. Seltsam, nicht wahr? Außerdem reißen die Dorfbewohner alle Fensterläden ab, werfen sie in die Glut und tanzen.«
    Oma Wetterwachs rammte Nanny Ogg den Ellenbogen in die Seite.
    »He, wach auf.«
    »Wasn?«
    »Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan«, behauptete Oma. »Weil du dauernd geschnarcht hast.«
    Nanny hob vorsichtig die Decke.
    »Es ist viel zu früh am Morgen, um früh am Morgen zu sein«, stöhnte sie.

»Komm schon«, drängte Oma. »Wir brauchen deine Sprachkenntnisse.«
     
    Der Wirt ruderte mit seinen Armen, als seien sie Flügel. Er lief einige Male im Kreis und deutete dann zum Schloß auf den großen Felsen, der aus dem Wald ragte. Er saugte an seinem Handgelenk. Er ließ sich auf den Rücken fallen. Schließlich durchbohrte er Nanny Ogg mit einem erwartungsvollen Blick, während hinter ihm die Flammen eines fröhlich brennenden Feuers Knoblauchknollen, Pfähle und dicke Fensterläden verschlangen.
    »Nein«, sagte Nanny nach einer halben Minute. »Noch immer nicht comprende. Tut mir sorri.«
    Der Mann stand auf und klopfte sich Staub von der ledernen Kniebundhose.
    »Ich glaube, er will uns mitteilen, daß jemand gestorben ist«, spekulierte Magrat. »Jemand im Schloß.«
    »Nun, die Leute scheinen sich darüber zu freuen«, sagte Oma Wetterwachs streng.
    Im Sonnenschein des neuen Tages machte das Dorf einen viel angenehmeren

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