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Total verhext

Total verhext

Titel: Total verhext Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zu erreichen, was sie über alles liebte.
    Ein gutes Ende.
     
    Auf dem Berggipfel fand ein eher ruhiger Sabbat statt.
    Maler und Schriftsteller geben sich häufig recht übertriebenen Vorstellungen in bezug auf die Geschehnisse bei einem Hexensabbat hin. Das passiert, wenn man zu lange in kleinen Zimmern mit zugezogenen Vorhängen hockt, anstatt nach draußen an die frische Luft zu gehen.
    Um nur ein Beispiel zu nennen: Es wird nicht nackt getanzt. Das durchschnittliche gemäßigte Klima beschert nur selten Nächte, die warm genug sind, um jemanden zu einem Tanz ohne Kleidung zu bewegen. Hinzu kommen Steine, Disteln und plötzlich erscheinende Igel.
    Dann die Sache mit den ziegenköpfigen Göttern. Die meisten Hexen glauben nicht an Götter. Natürlich wissen sie, daß Götter existieren, und gelegentlich erfolgen auch Kontakte zwischen ihnen. Aber Hexen glauben
    nicht an sie. Sie sind zu sehr mit ihnen vertraut. Ebensogut könnte man an den Briefträger glauben.
    Und dann die Speisen und Getränke – Teile von Reptilien und so. Davon halten Hexen nicht viel. Über die Eßgewohnheiten älterer Hexen läßt sich folgendes sagen: Sie mögen Ingwerplätzchen und tunken sie in Tee, den sie mit so viel Zucker süßen, daß der Löffel darin steckenbleibt. Und sie trinken aus der Untertasse, wenn sie glauben, der Tee sei zu heiß. Und sie geben dabei Geräusche von sich wie billige und schlecht installierte sanitäre Anlagen. Krötenbeine und ähnliches könnten kaum schlimmer sein.
    Und dann die mystischen Salben. Der Zufall will es, daß die Maler und Schriftsteller hier nicht völlig danebenliegen. Die meisten Hexen sind alt, daher haben Salben einen gewissen Reiz für sie. Zwei der drei anwesenden Frauen benutzten Oma Wetterwachs’ berühmtes Gänsefett-und-Salbei-Einreibemittel-für-die-Brust. Es sorgte nicht dafür, daß sie flogen oder Visionen bekamen, aber es beugte Erkältungen vor, hauptsächlich, weil in der zweiten Woche ein ganz besonderer Geruch davon ausging, der alle anderen Leute auf Distanz hielt und somit Ansteckungen verhinderte.
    Und schließlich der Sabbat. Die durchschnittliche Hexe ist gegenüber ihren Kolleginnen nicht sehr gesellig. Begegnungen führen häufig zu einem Konflikt dominierender Persönlichkeiten – es treffen sich verschiedene Anführerinnen, ohne daß jemand zugegen ist, der angeführt werden möchte. Ein ungeschriebenes Gesetz der Hexerei lautet: »Hüte dich davor, einen eigenen Willen zu entwickeln. Begnüge dich damit, mir zu gehorchen.« Die natürliche Größe eines Hexenzirkels ist eins. Hexen versammeln sich nur dann, wenn sie es nicht vermeiden können. Wie jetzt.
    Desideratas Abwesenheit bot Anlaß, über die zunehmende Knappheit von Hexen zu sprechen. 6
    »Was, niemand?« fragte Oma Wetterwachs.
    »Nein, niemand«, antwortete Mütterchen Brevis. »Das finde ich schrecklich«, kommentierte Oma. »Sogar abscheulich.« »Häh?« fragte Mütterchen Dismass. »Sie findet es abscheulich!« rief Mütterchen Brevis. »Häh?« »Es gibt kein Mädel! Das Desideratas Platz einnehmen kann!« »Oh.« Die Gedanken der Hexen galten den Konsequenzen. »Ich genehmige mir die Krusten, wenn ihr sie nicht mögt«, sagte Nanny Ogg.
    »Als ich jung war, gab’s so etwas nicht«, meinte Oma Wetterwachs. »Allein auf dieser Seite des Berges lebten mehr als zehn Hexen.« Sie schnitt eine Grimasse. »Damals dachte niemand zuerst ans Privatvergnügen und so. Ja, heutzutage denken alle nur an ihr Privatvergnügen. Als ich jung war, gab’s kein Privatvergnügen. Dafür fehlte uns die Zeit.«
    »Tempers fuggit«, sagte Nanny Ogg.
    »Wie bitte?«
    »Tempers fuggit«, wiederholte Nanny und erklärte: »Damals war damals, und heute ist heute.« »Darauf brauchst du mich nicht hinzuweisen, Gytha Ogg. Ich weiß, wann heute ist.«
    »Man muß mit der Zeit gehen.«
    »Warum denn? Ich sehe überhaupt nicht ein, weshalb …«
    »Also müssen wir die Zuständigkeitsbereiche neu aufteilen«, ließ sich Mütterchen Brevis vernehmen.
    »Ausgeschlossen«, entfuhr es Oma Wetterwachs. »Ich kümmere mich schon um vier Dörfer. Mein Besen hat kaum Gelegenheit, sich abzukühlen.«
    »Nun, durch Mutter Hohligs Tod sind wir hier unterbesetzt«, sagte Mütterchen Brevis. »Angesichts ihrer übrigen Pflichten leistete sie nicht viel, aber sie war da. Darauf kommt’s an – wir müssen da sein. Die Leute müssen wissen, daß eine Hexe präsent ist.«
    Die vier Hexen starrten kummervoll ins Feuer. Besser gesagt, drei

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