Total verschossen
hatte das Städtchen spätestens dann geschockt, als er seine Wrestling-Kumpels auf einen Besuch einlud. Jamie hatte die beiden unter ihre Fittiche genommen und sie zu jedem wichtigen gesellschaftlichen Ereignis mitgeschleppt. Die beiden waren sehr schnell zu einem Hit geworden. Mittlerweile war es eine allseits bekannte Tatsache, dass Frankie und Dee Dee selbst in die ödeste Party Leben bringen konnten. Und als Frankie sich dann um das Amt des Bürgermeisters beworben und versprochen hatte, den Korruptionssumpf trockenzulegen, hatte er die Stadt im Sturm erobert.
»Und jetzt hör dir das an«, meinte Vera, »Die Leute stehen Schlange vor Lyles Bäckerei. Die Brownies, du verstehst schon. Würde mich nicht wundern, wenn in Bälde die Hälfte der weiblichen Bevölkerung schwanger wäre.
Jamie nahm sich vor, einen großen Bogen um die Brownies zu machen.
Am nächsten Abend schlüpfte Jamie in ihr blaues Seidenkleid und stellte sich prüfend vor den Spiegel. Frisur: perfekt. Make-up: perfekt. Sie hatte sich ein ausgiebiges Schaumbad gegönnt, anschließend von Kopf bis Fuß mit Lotion eingecremt und sich dann noch die Zeit für eine gründliche Maniküre und Pediküre genommen. Und nun versuchte sie sich einzureden, dass das Ganze überhaupt nichts mit Max zu tun hatte. Sie versuchte sogar, sich weiszumachen, dass auch ihr Besuch in Maxine Chambers‘ Dessousladen überhaupt nichts mit Max zu tun hatte. Beim Anblick des Bodys, den sie unter ihrem Kleid trug, würde einem Mann jedenfalls die Zunge bis zum Boden heraushängen. Leider hätte sie angesichts der Tatsache, dass sie ganze zweihundert Dollar in dem Laden gelassen hatte, am liebsten die eigene Zunge verschluckt.
Um genau Viertel vor sieben klingelte es an ihrer Haustür. Jamie machte auf. Vor ihr stand Mike – in einem himmelblauen Smoking, der ihm mindestens eine Nummer zu klein war. Unter seinen Manschetten blitzten Rüschchen hervor. Mein Gott, dachte Jamie, wie lange ist so was schon aus der Mode? »Meine Güte« war alles, was sie laut herausbrachte.
»Ich weiß, er ist ein bisschen zu klein«, räumte Mike ein. »Meine Eltern haben ihn mir zum Highschool-Abschlussball geschenkt. Bin wohl inzwischen ein bisschen gewachsen.«
»Du siehst gut aus.« Jamie wollte seine Gefühle nicht verletzen. Sie wusste, dass er seine Eltern gelegentlich finanziell unterstützte. Wahrscheinlich hatte er sich die Leihgebühr für einen Smoking nicht leisten können. Nun, die Leute würden seine weißen Socken hoffentlich nicht bemerken. Im Übrigen war dies keine richtige Verabredung. Mike kam nur mit, um seinen Job zu machen.
»He, du siehst klasse aus«, sagte er mit Stielaugen. »Du solltest dich öfters mal aufdonnern, dann wäre es sicher leichter für dich, ein Date abzukriegen. He, apropos klasse, was macht deine Freundin Destiny heute Abend? Ich kann dir sagen, die Braut ist heiß. Du könntest was für uns arrangieren.«
»Glaubst du nicht, dass sie ein wenig, äh, reif für dich ist?«, meinte Jamie vorsichtig.
»Ach, das Alter spielt bei mir keine Rolle. Würde ich sonst mit dir ausgehen?« Jamie bedachte ihn mit einem finsteren Blick. »Könnten wir jetzt gehen?«
Jamie konnte Max nicht entdecken, als sie und Mike Frankies und Dee Dees Haus betraten. Ihr sank der Mut. Wenn er es nun doch nicht geschafft hatte? Oder vielleicht hatte er ja was Besseres vor? In weiblicher Begleitung? Doch diesen Gedanken schob sie wieder beiseite. Max Holt war kein Mensch, der den fünfzigjährigen Geburtstag seines Schwagers für eine heiße Verabredung sausen ließe. Sie reckte den Hals, versuchte über die Köpfe der Menge hinwegzuspähen.
Max erblickte Jamie in dem Moment, als sie zur Haustür hereinkam. Er musste grinsen, als er ihr so genanntes Date erblickte, wofür er nur etwa eine Sekunde Gelegenheit hatte, denn Jamies Begleiter düste prompt in Richtung Büffet ab. Max‘ Grinsen wurde noch breiter, als er sah, dass Jamie nach ihm suchte. Doch er stand halb hinter einer der dicken Säulen, die die Eingangshalle des Hauses zierten, verborgen. Dort blieb er einen Moment lang stehen und sah sie nur an. Schließlich schlängelte er sich auf Umwegen zu ihr durch und tauchte dicht hinter ihr auf.
»Na, suchst du jemanden?«
Jamies Nackenhärchen kribbelten beim Klang dieser Stimme. Tatsächlich kribbelte es überall, als sie sich nun umdrehte und in Max Holts Gesicht aufblickte. Einen Moment lang standen beide nur da und starrten einander an, die Welt um sie herum
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