Total verschossen
Taschentuch heraus. »Darf ich?« Da Jamie lediglich mit den Achseln zuckte, machte er sich daran, ihr behutsam Stirn und Oberlippe abzutupfen. »Na bitte, so gut wie neu.« Jamie leerte ihr Glas. »Ich sollte Frankie suchen und ihm alles Gute zum Geburtstag wünschen.«
»Prima, da können wir zusammen gehen.«
Dee Dee Fontana und ihr persönlicher Assistent, Beenie, tauchten wie aus dem Nichts auf. »Ach, Jamie, ich bin so froh, dass du gekommen bist!«, rief sie und umarmte sie stürmisch. »Und du auch, kleiner Bruder.« Sie und Max umarmten einander.
»Du siehst wunderschön aus«, sagte Jamie anerkennend. Dee Dee trug ein knöchellanges grünes Cocktailkleid. Es unterstrich ihre grünen Augen und ihre roten Haare. Jamie war sicher, dass das Kleid auf Beenies Kappe ging; er war auch dafür verantwortlich, dass sie ihre Strass- und Flitterkleidchen weggeworfen hatte – übrigens lange, bevor Frankie sich um das Amt des Bürgermeisters beworben hatte. Beenie selbst trug Ralph Lauren und hatte seine Haare streng zurückgekämmt, was das perfekte Oval seines Gesichts unterstrich.
»Frankie wird sich riesig freuen, euch zu sehen«, piepste Dee Dee mit ihrer Betty-Boop-Stimme, die der ehemaligen Schönheitskönigin einen verletzlichen, kindlichen Ausdruck gab und die die meisten Leute reizend fanden.
»Das hätten wir uns nie im Leben entgehen lassen«, meinte Jamie und wünschte sofort, sie hätte nicht »wir« gesagt. Sie wollte nicht, dass irgendjemand, speziell Max, annahm, dass sie seine Begleiterin für diesen Abend war. »Du siehst einfach umwerfend aus, wie immer«, versicherte sie der Gastgeberin daher rasch und hoffte, dass niemandem ihr kleiner Ausrutscher aufgefallen war. Dee Dee schien geradezu zu funkeln. Sie war zwar schon Mitte vierzig, sah aber dank eines Schönheitschirurgen in Hilton Head, der Tag und Nacht auf Abruf für sie bereit stand, aus wie Anfang dreißig.
»Und wo steckt Frankie?«, wollte Max wissen.
Dee Dee kicherte. Aus dem Munde eines anderen Menschen hätte dieses Kichern sicher albern geklungen, aber Dee Dees Kleinmädchennaivität rief in den Leuten, allen voran ihrem Ehemann, einen starken Beschützerinstinkt hervor. »Er ist mit ein paar von seinen ehemaligen Wrestling-Kollegen an der Bar.
Snakeman, Big John, Choker
und
Dirty Deed Dan
sind extra hergeflogen, um mit uns zu feiern.«
Jamie kannte ein paar von den Namen aus Frankies alten Wrestling-Zeiten. Snakeman war immer mit einer sechs Meter langen Boa Constrictor auf Tournee gegangen. »Hat er die Schlange etwa dabei?«, fragte Jamie ängstlich.
Noch ein Kichern von Dee Dee. »Nein, die Schlange ist schon vor einiger Zeit gestorben, und Snakeman hat sich keine neue mehr zugelegt. Er meint, das macht das Reisen so kompliziert. Die Schlange gehörte nur zu seinem Auftritt.« Dee Dee grinste verschwörerisch. »Wartet, bis ihr die Geburtstagstorte gesehen habt.«
Beenie verdrehte die Augen und trommelte mit den Fingern an seine Lippen. »Das Törtchen ist ein Nackedei – eine nackte Frau, meine ich. Von den Schultern abwärts bis zum Nabel. Und jetzt passt auf: Sie hat ein Nabelpiercing. Gottchen, wie geschmacklos.«
Dee Dee zog einen Schmollmund, noch etwas, auf das sie sich hervorragend verstand.
»Die mit dem Männerpopo hast du ja auch nicht für geschmacklos gehalten.« Beenie warf sich in Pose. »Tja, das war ja auch ein Kunstwerk.« Er seufzte schwärmerisch. Mit einiger Mühe schien er sich wieder zu fangen. »Na jedenfalls, ich habe Dee Dee
ausdrücklich
gesagt, dass dies weder die Zeit noch der Ort für solche Schweinigeleien ist. Wir haben schließlich hohen Besuch! Der wird Anstoß nehmen, könnte ich mir denken. Ich persönlich hätte mich für was Schlichtes und doch Elegantes entschieden. Weniger ist mehr! Das ist mein Motto.« Der Kellner kam vorbei. Jamie schnappte sich noch ein Glas. Max grinste.
»Och, Beenie, hör auf, dich wie eine alte Gouvernante zu benehmen. Jetzt sei mal ein bisschen locker!«, schmollte Dee Dee. »Es wird dich nicht gleich umbringen, wenn du ab und zu ein bisschen Spaß hast.«
Jamie beobachtete das ungleiche Pärchen mit einem Schmunzeln. Dee Dee hatte Beenie in einem exklusiven Wellnesscenter in Hilton Head »entdeckt« und prompt abgeworben. Die beiden waren unzertrennlich, aber sie zankten sich wie zwei Geschwister – zum großen Vergnügen beider Parteien.
»Und jetzt ratet mal, was wir noch aus der Bäckerei haben kommen lassen?«, stieß Dee Dee mit einem
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