Total verschossen
geschmeckt! Sie spürte förmlich, wie sich ihre Nacken- und Schultermuskeln entspannten, wie es in ihrem Magen warm und wohlig wurde.
Es wurde Zeit, mal zur Abwechslung was zu riskieren.
Max löste den Knoten seiner Fliege und ging ins Wohnzimmer. Er machte den kleinen Kühlschrank auf und holte eine Flasche Mineralwasser heraus. Doch gerade, als er wieder ins Schlafzimmer zurückgehen wollte, klopfte es leise an der Tür. Er schloss auf und öffnete. Vor ihm stand eine kleine, untersetzte, grauhaarige Dame mit einem Essenstablett.
»Ich hoffe, ich störe Sie nicht, Mr. Holt«, sagte sie rasch. »Ich weiß, es ist furchtbar spät – ich war noch auf und habe mir alte Schwarzweißfilme angesehen, und da habe ich Sie kommen gehört, und da dachte ich mir, vielleicht möchten Sie ja noch einen kleinen Imbiss aus der Küche.
»Sie müssen Mrs. Hobbs sein«, sagte Max und trat zurück, um die Frau eintreten zu lassen.
»Ja, aber nennen Sie mich bitte Myrna.« Sie stellte das Tablett auf dem Kaffeetisch ab.
»Ich hoffe, Sie haben alles, was Sie brauchen.«
»Alles in Ordnung.«
»Ich hoffe, Sie mögen Croissants. Ich habe Ihnen auch noch verschiedene Käsesorten und ein paar Trauben gebracht. Obst und Käse passen ja so wunderbar zusammen, nicht?«
»Sie hätten nicht zufällig eine Flasche Champagner zur Hand?«
Mrs. Hobbs schniefte. »Ich habe grundsätzlich keinen Alkohol im Haus, Mr. Holt. Liegt wohl an meiner strengen baptistischen Erziehung, aber ich war immer schon so was wie eine Abstinenzlerin. Mein Mann meint, ich wäre viel zu prüde, aber ich fürchte, ich bin schon zu alt, um mich jetzt noch zu ändern.«
»Ich verstehe, Myrna, und ich respektiere Ihre Einstellung. Danke, dass Sie mir etwas zu essen gebracht haben.« Die Frau schien seinen Wink entweder nicht zu verstehen oder schlicht zu ignorieren.
»Jetzt sagen Sie mal, Mr. Holt«, fuhr sie fort und blickte mit neugierig funkelnden Augen zu ihm auf, »wie fühlt man sich so als Millionär und als Berühmtheit obendrein?«
Max lachte kopfschüttelnd auf. Es sah nicht so aus, als wolle Mrs. Hobbs so schnell wieder gehen.
Jamie hatte ihr Make-up aufgefrischt und sich mit Parfüm bespritzt – unter anderem an Stellen, die Veras Kirchenkränzchen schockiert hätten. In der Hoffnung auf einen wilden, zügellosen Look bauschte sie ihre Haare auf.
Als sie sich zur Tür umwandte, wurde ihr jäh schwindelig. Puh, sie war ja wirklich wild und zügellos! Vielleicht hätte sie doch nicht gleich das ganze Fläschchen Kahlua trinken sollen, noch dazu, wo sie auf der Party ohnehin schon mehr getrunken hatte, als ihr gut tat. Und zu allem Unglück hatte sie ihr Essen kaum angefasst.
Tja, jetzt war es zu spät, um sich darüber Gedanken zu machen. Außerdem war sie ungebunden und über einundzwanzig, und wenn sie mal ein wenig über die Stränge schlagen wollte, dann war das wohl ihre Sache. Max warf ihr sowieso immer vor, zu viel zu denken und zu berechenbar zu sein.
Nun, dann sollte er sie jetzt mal kennen lernen, die neue Jamie Swift! Die Musik kam vom Radiowecker auf dem Nachttischchen – Johnny Mathis und »Chances Are«. Das Bett war leer. Jamie fragte sich, warum Max nicht schon längst drinlag. Splitternackt, natürlich. Vielleicht hatte er ja gemerkt, wie nervös sie war, und wollte sie nicht drängen, der Gute. Sie stolperte in den kleinen Gang hinaus, der zum Wohnzimmer führte, und wäre dabei fast hingefallen.
Zugegeben, sie war ein
wenig
beschwipst.
»Chances are«, schmetterte sie in den falschesten Tönen und wankte den Gang entlang. Dann rief sie: »Oookay – ich komme jetzt, du süßer kleiner Knackarsch!« Sie sprang ins Wohnzimmer, führte ein kleines Tänzchen auf – und erstarrte. Da stand Max. Und neben ihm stand Mrs. Hobbs.
Die alte Dame starrte Jamie an. Ihr Mund formte ein gigantisches O.
»Jamie, du musst dich wirklich nicht schämen«, sagte Max, nachdem er sie ins Auto verfrachtet und das
Carteret Street Bed and Breakjast
hinter sich gelassen hatte.
»Ich werd‘s schon überleben«, sagte sie trübe.
Max schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht glauben, dass mich Myrna Hobbs einfach so an die Luft gesetzt hat.«
Jamie war keineswegs überrascht. »Ach, das ist noch gar nichts. Wenn das
Piggly
Wiggly
morgen aufmacht, wird Myrna schon vor der Türe stehen. Bis mittags weiß es dann die ganze Stadt.« Sie verdrehte die Augen. »Hast du gehört, wie mich dieses Frauenzimmer genannt hat, Max? Ein besoffenes
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