Total verschossen
»Was ist los?«
»Ich bekomme allmählich Zweifel, was Destiny betrifft. Sie macht immer nur Andeutungen, liefert nie etwas Greifbares. Ich wollte dir eigentlich gar nicht sagen, was ich über sie rausgefunden habe, aber es gefällt mir nicht, wie sie andauernd hier zu jeder Tages- und Nachtzeit auftaucht und dir eine Heidenangst einjagt. Und überleg mal: Vielleicht hat sie ihren Mann ja doch vergiftet. Dann wäre sie eine Mörderin. Luanne Ritter wurde doch erst ermordet, nachdem Destiny Moultrie hier auftauchte, stimmt‘s?«
Jamie starrte ihn mit offenem Mund an. »Willst du damit andeuten, dass sie Luanne getötet haben könnte? Aber warum? Was wäre ihr Motiv? Sie kannte Luanne Ritter doch gar nicht.
»Das wissen wir nicht. Sie könnte geschäftlich mit Luanne zu tun gehabt haben.«
»Sie braucht doch kein Geld. Ihre Ehemänner haben ihr jede Menge vererbt.«
»Nun, ich meine ja nur, es ist möglich, dass Destiny Hintergedanken hat. Ich weiß nicht genau, welche, aber ihre Vergangenheit spricht doch für sich.«
»Ich habe ein ziemlich gutes Gespür für Menschen, und ich glaube, dass Destiny das Herz am rechten Fleck hat. Sie ist ja überhaupt nur deshalb bei mir aufgetaucht, weil sie die Kolumne für meine Zeitung schreiben wollte. In diese Sache um Luanne Ritter ist sie unfreiwillig reingezogen worden, als sie ihre Vision hatte. Vielleicht ist das alles ja nur ein Zufall, aber ich bin davon überzeugt, dass sie heute Nacht wirklich etwas gesehen hat. Du hast ja selbst erlebt, wie verängstigt sie war.«
Jamie erhob sich und ließ Flohsack nach draußen, dann räumte sie die Kaffeetassen ab. Auf einmal hörte sie, wie Flohsack draußen im Garten laut aufjaulte. Sie und Max rannten zur Tür.
Der sexsüchtige Pudel von nebenan jagte Flohsack durch den Garten. »Ach, verdammt, es ist schon wieder dieser verfluchte Pudel«, sagte Jamie und rannte in den Garten. In diesem Moment kam auch ihre Nachbarin, Barbara Fender, um die Ecke gerast.
»Goldschätzchen, bei Fuß! Bei Fuß!« Der Pudel beachtete ihr Kreischen überhaupt nicht. Sie und Jamie erreichten die Hunde zur gleichen Zeit. Barbara zerrte den Pudel von Flohsack weg, der sich prompt auf dem Pick-up in Sicherheit brachte.
»Jamie, es tut mir so Leid«, sagte die Frau. »Goldschätzchen ist aufgewacht, weil er Gassi musste.«
Jamie sah, dass die Frau beim Friseur gewesen sein musste. Anstelle ihrer aufgetürmten blonden Haare hatte sie nun einen Kurzhaarschnitt in einem etwas dunkleren Ton, der ihrem Gesicht etwas Weiches verlieh. Jamie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie noch keinen Versuch gemacht hatte, die Frau besser kennen zu lernen. Sicher kannte sie hier keine Menschenseele und fühlte sich wahrscheinlich einsam. Aber wie hätte sie Zeit für ihre Nachbarin haben sollen? Sie war schließlich auf Mörderjagd.
Barbara schien zu merken, wie Jamie ihre Frisur anstarrte, und berührte verlegen ihr Haar. »Was halten Sie davon? Ich dachte, ich sollte mich mal verändern. Neue Stadt, neue Leute, neue Frisur.«
»Sieht nett aus«, sagte Jamie. Sie lächelte. »Passen Sie auf, ich rufe Sie an, sobald ich Zeit habe. Dann treffen wir uns mal auf einen Kaffee, und ich erzähle Ihnen was über die psychischen Probleme meines Hundes. Dann fühlen Sie sich gleich nicht mehr so schlecht, Sie werden sehen.«
»Das wäre nett«, sagte Barbara.
Max trat zu den beiden. »Komm, Alter«, versuchte er, Flohsack vom Pick-up herunterzulocken.
»Den kriegst du da nicht mehr runter«, meinte Jamie.
Am Ende musste Max Flohsack hochnehmen und ins Haus tragen. Jamie und Barbara verabschiedeten sich voneinander, und Jamie ging ebenfalls hinein. Dort ertappte sie Max dabei, wie er Flohsack mit Käselocken fütterte. »Jetzt verwöhnst du ihn«, bemerkte sie missbilligend.
»Nach dem, was er durchgemacht hat, hat er das verdient. Das ist der hässlichste Pudel, der mir je vor die Augen gekommen ist.
»Alles in Ordnung, Junge?«, fragte Jamie ihren Hund. Aber der war mehr an den Käselocken interessiert. Max schüttete ihm schließlich den Rest der Tüte in seinen Napf. Flohsack fiel hungrig darüber her.
Max warf einen Blick auf seine Uhr. »Mann, schon fast vier Uhr morgens. Also, ich bin hundemüde. Wie steht‘s mit dir?«
»Ich auch«, sagte Jamie nur.
»Dann geh ins Bett.«
»Habe ich auch gerade gedacht.«
Er schlang die Arme um ihre Taille und gab ihr einen sanften Kuss auf die Lippen.
»Ich bin nur so durcheinander, Max. Ich weiß nicht mehr,
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