Total verschossen
tun konnte.
Es war fast Mittag, als Max und Jamie – mit Flohsack im Schlepptau – schließlich in der Zeitungsredaktion auftauchten. Vera trug einen feuerroten Hosenanzug und so hohe Absätze, dass es beinahe unmöglich schien, damit zu gehen. Sie reichte Jamie einen Stapel Post.
»Ich muss leider kurz weg«, erklärte sie. »Ich habe erfahren, dass sich ein paar Frauen aus der Kirchengemeinde zusammengerottet haben, um vor Maxine Chambers‘ Laden zu demonstrieren. Ich muss hin und Fotos machen.«
»Warum können die Leute die Arme nicht einfach in Ruhe lassen?«, rief Jamie aus.
»Weil sie unsittliche Wäsche ins Schaufenster hängt«, erklärte Vera. »Und stell dir vor, wer die Leute dazu angestiftet hat: Agnes Aimsleys Enkelsohn. Die meisten mögen Maxine sowieso nicht, weil sie als Bibliothekarin immer so hochnäsig war.«
Jamie stieß einen Riesenseufzer aus. »Das ist nicht zu fassen. Ich komme mit, aber damit du‘s weißt: Ich bin die Opposition. Diese Frau hat ein Recht darauf, ihren Laden zu führen, wie sie will, ohne dass ihr irgendwelche bigotten Weiber dazwischenreden.
»Bin ganz deiner Meinung.« Auf Jamies überraschten Blick hin fuhr Vera fort: »Wir leben schließlich in einem freien Land. Im Übrigen habe ich schon überlegt, ob ich mir nicht so einen Push-up kaufen soll, wie sie sie im Schaufenster hat. Vielleicht kann ich dieser Destiny Moultrie ja noch Konkurrenz machen.« Sie nahm ihren Fotoapparat.
»Könnte ´ne gute Schlagzeile werden, weißt du.«
»Ich muss erst ein paar Leute anrufen«, sagte Jamie, bevor Vera davonstürzen konnte. »Maxine wird Unterstützung brauchen.«
Dee Dee war die Erste, die sie anrief. Sie war außer sich und versprach, all ihre Freunde anzurufen. Dann rief Jamie ein paar alte Schulfreundinnen an, die alle versprachen, zu Maxines Laden zu kommen und sie zu unterstützen. Sie rief sogar Destiny an.
»Ich muss los«, sagte sie zu Max, der hereingekommen war und gerade noch das Ende ihres letzten Telefonats mitbekommen hatte. »Ein paar religiöse Eiferer wollen vor Maxines Laden demonstrieren, und das muss ich verhindern.«
»Ich dachte, wir müssten eine Zeitung herausbringen.«
»Wird nicht lang dauern«, versprach Jamie. »Aber ich kann nicht einfach dasitzen und ruhig zusehen, wie ein ganzes Heer fanatischer Weiber über Maxine Chambers‘ Laden herfällt.« Sie eilte davon.
Als Jamie bei Maxine eintraf, standen dort mindestens fünfzig Frauen vor dem Laden.
Viele riefen: »Schandfleck! Das Geschäft muss weg!« Jamie sah, dass Agnes Aimsley und ihr Enkelsohn ganz vorn standen. Maxine spähte ängstlich durchs Fenster. Jamie gab ihr mit dem hochgereckten Daumen ein Zeichen, und das schien die Frau gewaltig zu erleichtern.
Jamie entdeckte auch Dee Dee, Beenie und Destiny und ging sofort zu ihnen. »Wie viele haben wir auf unserer Seite?«, erkundigte sie sich.
»Wir sind auch gerade erst angekommen«, erklärte Dee Dee, »aber ich fürchte, es werden nicht mehr als zehn oder zwölf werden. Diese Kirchendamen sehen ganz schön gefährlich aus, finde ich.«
Beenie machte ein ängstliches Gesicht. »Ach, wäre ich bloß zu Hause geblieben! Wer weiß, wozu die im Mob fähig sind. Von einer Frau würde ich mich nicht gerne vergewaltigen lassen.«
Jamie erspähte Vera, die etwas abseits stand und wie verrückt Fotos schoss. »Ich brauche was zum Draufstellen«, erklärte sie. Sie lief rasch zwei Häuser weiter zu Lowery‘s Eisenwarenladen und kam mit einer Aluminiumleiter zurück. Dass Max in diesem Moment eintraf und auf der anderen Straßenseite parkte, bemerkte sie nicht. Er stieg aus und sah zu, wie sie auf die Leiter kletterte.
»Meine Damen! Meine Damen, bitte hören Sie mir einen Moment zu!« Jamie hatte Probleme, sich über dem aufgebrachten Geschrei verständlich zu machen. »Geben Sie mir bitte die Chance, zu sagen, was ich zu sagen habe.«
Brent Walker war alles andere als begeistert. »Die Stadt hat gesprochen. Wir wollen, dass Maxine Chambers ihre Flittchenware einpackt und verschwindet.«
Maxine Chambers, durch Jamies Auftauchen offenbar ermutigt, kam heraus und stellte sich mit verschränkten Armen vor ihren Laden. Sie warf einen trotzigen Blick in die Runde. »Ich habe genauso ein Recht, einen Laden zu eröffnen, wie jeder hier.
Die Menge buhte sie aus. Jamie hatte alle Mühe, für etwas Ruhe zu sorgen. »Maxine hat Recht«, brüllte sie. »Solange sie die Miete für ihr Geschäft bezahlt, hat sie die gleichen Rechte wie
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