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Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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sterbenden Licht flammten seine Augen wie die eines Irren. Das Alte Volk wich schwankend zurück. Vor ihnen lag der, dessen spitzen Schädel Reynolds’ Schuss zerschmettert hatte. Sie wussten, dass er bloß den Finger zu krümmen brauchte, um ihren fantastischen Gott in schimmernde Scherben zu zersprengen.
    Einen spannungsgeladenen Augenblick lang hielt das Tableau. Dann spürte Reynolds ihre stumme Kapitulation. Freiheit im Tausch für ihren Gott. Wieder ging ihm durch den Sinn, dass diese Geschöpfe nicht wahrhaft bestialisch waren, schließlich kennen wahre Tiere keine Götter. Und dieses Wissen war umso schrecklicher, bedeutete es doch, dass sich diese Kreaturen zu etwas entwickelt hatten, was weder Tier noch Mensch war, etwas, das außerhalb der Gesetze der Natur und der Vernunft existierte.
    Die schlangenartigen Gestalten wichen zu beiden Seiten zurück, und wieder flammte das verblassende Licht auf. Als er den Tunnel hinaufging, waren sie dicht hinter ihm, und in dem flackernden, unsicheren Lichtschein konnte er nicht sicher sein, ob sie gingen, wie ein Mensch geht, oder krochen, wie eine Schlange kriecht. Ein vages Gefühl sagte ihm, dass sich ihre Bewegung aus beidem zusammensetzte. Er wich zur Seite aus, um nicht auf den ausgestreckten Rumpf dessen zu treten, der einmal Saul Fletcher gewesen war, und so kam er, den Lauf seiner Pistole gegen das zerbrechliche Bild in seiner Linken gedrückt, zu der kurzen Treppe, die nach oben zur geheimen Tür führte. Dort kamen sie zum Stillstand. Er drehte sich um, blickte auf sie. Sie umringten ihn im Halbkreis, und er begriff, dass sie Angst hatten, die geheime Tür zu öffnen, Angst, er könne mit ihrer Götzenfigur durch die Geheimtür und durch die Kaverne ins Freie rennen, ins Licht der Sonne hinaus, wohin sie ihm nicht folgen konnten. Und er würde den Gott so lange nicht ablegen, bis die Tür nicht geöffnet war.
    Endlich zogen sie sich ein paar Meter zurück, und er stellte die Figur vorsichtig zu seinen Füßen so auf den Boden, dass er sie sofort wieder an sich reißen konnte. Wie sie es anstellten, die Tür zu öffnen, konnte er nicht erkennen, aber sie schwang auf, und er ging vorsichtig rückwärts die Stufen hinauf, die Waffe auf den glitzernden Gott gerichtet. Er hatte beinahe die Tür erreicht – seine nach hinten gedrehte Hand erfasste ihren Rand – als das Licht plötzlich ausging und der Ansturm einsetzte. Eine vulkanische Explosion der Anstrengung jagte ihn rückwärts durch die Tür, die sich bereits wieder eilig schloss. Im Sprung schoss er das Magazin seiner Waffe in die teuflischen Fratzen, die plötzlich die dunkle Öffnung füllten. Sie lösten sich in rotem Chaos auf, und als er in wilder Flucht aus der äußeren Kaverne rannte, hörte er, wie sich die geheime Tür weich schloss und das Reich des Schreckens von der menschlichen Welt abtrennte.
    Im Schein der im Westen versinkenden Sonne taumelte John Reynolds wie ein Betrunkener, klammerte sich an Steinbrocken und Bäumen fest, so wie sich ein Wahnsinniger an der Realität festklammert. Die Anspannung, die ihm Kraft verliehen hatte, als er um sein Leben kämpfte, fiel von ihm ab und hinterließ eine zitternde Schale halb zerrissener Nerven. Ein Kichern, wie von einem Wahnsinnigen, geiferte unwillkürlich über seine Lippen, und er schwankte unkontrolliert und wie ein Irrer lachend hin und her.
    Dann trieb ihn das Klappern von Hufen auf Steinen mit einem Satz hinter einen Haufen Felsbrocken. Ein verborgener Instinkt trieb ihn an, Zuflucht zu suchen. Sein Bewusstsein war zu benommen und chaotisch, um klar denken oder handeln zu können.
    Jonas McCrill und seine Gefolgsleute ritten auf die Lichtung, und aus Reynolds’ Kehle drang ein Schluchzen. Zuerst erkannte er sie nicht – realisierte nicht, dass er sie schon früher gesehen hatte. Die Fehde und all die anderen normalen Dinge, die seinen Verstand beschäftigten, lagen verloren und vergessen weit hinter ihm in einer düsteren Landschaft jenseits der schwarzen Tunnel des Wahnsinns.
    Zwei Gestalten kamen von der anderen Seite der Lichtung geritten – Bill Ord und einer der Banditen, die zu den Gefolgsleuten der McCrills gehörten. An Ords Sattel waren mehrere Stangen Dynamit in einem kompakten Bündel festgeschnallt.
    »Na, wer sagt’s denn«, rief der junge Ord, »hab nicht damit gerechnet, euch alle hier zu treffen. Habt ihr ihn erwischt?«
    »Nee«, knurrte der alte Jonas, »er hat uns wieder hereingelegt. Sein Pferd haben wir

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