Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
Vom Netzwerk:
wird spät«, sagte er knapp. Als er dann an der Tür stand, drehte er sich kurz um, und ich hätte schwören können, dass ich in seinen kalten, grauen Augen ein Schimmern gesehen habe – war es Angst? –, und im nächsten Augenblick schloss seine mächtige Pranke die Tür hinter sich, und seine Schritte verhallten im Flur.
    Am nächsten Morgen erschien mein bester Freund, Hallworthy, mit seiner jungen Frau in meinem Frühstückszimmer. Besagte junge Dame, eine schmächtige zwanzigjährige Schönheit, ließ sich auf meinem Knie nieder und hielt mir ein paar rosige Lippen hin, um geküsst zu werden. Ihr Mann hatte dagegen nicht das Geringste einzuwenden, weil seine Frau nämlich zufälligerweise meine Schwester ist.
    »Eine wirklich erstaunliche Zeit für einen Besuch«, bemerkte ich. »Wie hast du es geschafft, diese jugendliche Amerikanerin so früh wach zu bekommen, Malcolm?«
    »Eine ganz schreckliche Sache!«, fiel mir das Mädchen ins Wort. »Ich kann mir nicht vorstellen …«
    »Lass es mich erzählen, Joan«, unterbrach sie Hallworthy mild. »Steve, du hast doch Clement Van Dorn gekannt, nicht wahr, und Professor Falrath auch?«
    »Clement Van Dorn kenne ich sehr gut, und er hat mir gelegentlich von Falrath erzählt.«
    »Schau dir das an.« Hallworthy legte mir eine Zeitung aus Los Angeles hin. Ich las den Beitrag, auf den er zeigte, aufmerksam.
    »Falrath von Van Dorn ermordet, von seinem besten Freund? Das überrascht mich.«
    »Überrascht!«, rief Hallworthy aus. »Ich bin einfach platt! Total überrascht, völlig benommen! Einmal ganz abgesehen davon, dass die beiden beste Freunde waren, verabscheut Clement Van Dorn Gewalt in jeder Form in einer Art und Weise, wie ich es noch nie an einem Menschen erlebt habe! Er war geradezu davon besessen! Der und einen Menschen töten? Ich glaube es nicht!«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Die Wildheit in uns allen ist nur von einer ganz dünnen Tünche bedeckt«, sagte ich ruhig. »Ich habe das Leben in seinen Höhen und Tiefen erlebt und kann dir das versichern. Die unwichtigsten Dinge können gewaltige Ausmaße annehmen und in Sekundenschnelle den Wilden in uns freisetzen, der dann brüllend und nach Blut dürstend handelt. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie ein Mann seinen besten Freund wegen eines Würfelspiels umgebracht hat. Menschen sind nur Menschen, und in den dunklen Winkeln des menschlichen Verstandes herrschen immer noch primitive, monströse Instinkte.«
    »Aber nicht bei Männern wie Van Dorn«, widersprach mir Hallworthy. »Steve, Clement ist doch mit seinem ganzen Gebildetsein ein absolut blutloser Typ. Er war überall, außer in Greenwich Village, völlig außerhalb seines Elements; nur dort war er eine Autorität für die blasseste Form von vers libre und kubistischer Kunst.«
    »Da bin ich deiner Ansicht, Malcom«, sagte Joan und griff nach seinem Arm, jetzt ganz die beschützerische Feministin. »Ich glaube nicht, dass Clement ihn getötet hat.«
    »Das werden wir ja bald wissen«, erwiderte ich. »Wir werden Clement besuchen.«
    Das erforderte einen Abstecher ins Gefängnis, denn Van Dorns Kaution war widerrufen worden, und er befand sich jetzt in Untersuchungshaft. Van Dorn, ein schlanker, blasser junger Mann mit fein geschnittenen Zügen, ging in seiner Zelle auf und ab und gestikulierte beim Reden ruckartig mit seinen schlanken Künstlerhänden. Sein Haar war zerzaust, seine Augen blutunterlaufen; er war unrasiert. Seine ganze Welt war um ihn herum in Stücke gegangen; seine Maßstäbe stimmten nicht mehr. Er hatte sein geistiges Gleichgewicht verloren. Als ich ihn ansah, hatte ich das Gefühl, dass er, wenn er nicht bereits geistesgestört war, jedenfalls an der Grenze einer solchen Störung schwebte.
    »Nein, nein, nein!«, rief er immer wieder. »Ich verstehe das nicht! Das ist ungeheuerlich, ein entsetzlicher Albtraum! Die sagen, dass ich ihn ermordet habe – und das ist lächerlich! Wie erklärt sich denn die Tatsache, dass seine Leiche, als man uns gefunden hat, auf der anderen Seite des Zimmers, weit weg von seinem Rollstuhl, lag?«
    »Schildere uns die ganze Geschichte, alter Junge«, forderte Hallworthy ihn ruhig und mit besänftigender Stimme auf. »Wir sind deine Freunde, das weißt du, und wir werden dir glauben.«
    »Ja, sag es uns, Clement«, kam es auch von Joan, in deren großen Augen Mitleid für den deprimierten jungen Mann stand.
    Van Dorn presste sich die Hände gegen die Schläfen, als könne er damit ihr Pochen zum

Weitere Kostenlose Bücher