Tote essen keinen Döner
scheint mir im Augenblick nicht sehr erfolgversprechend zu sein.
Also laufe ich kurzentschlossen zurück zu meinem Ford-Transit und fahre damit wieder zum Polizeirevier. Ich stelle ihn vor den Garagen ab, klettere aufs Auto und ziehe mich von dort auf das Garagendach hoch. Dort angelangt, krabbele ich vorsichtig auf die andere Seite und springe dann in den Innenhof vom Polizeipräsidium.
Unterwegs lege ich mir halbwegs plausible Ausreden zurecht, für den Fall, dass sie mich erwischen.
»Herr Kommissar, wecken Sie mich bloß nicht, ich bin doch nur ein Schlafwandler!«
»Ich wollte nur meinem Freund Igorr sagen, dass man seine Plakate abgerissen hat!«
»Ich bin hier, um der Polizei einen Einbruch zu melden! Die Bäckerei in der Ottokar-Plattfuß-Straße ist eben ausgeraubt worden!«
»Retten Sie mich, meine Frau will mich umbringen und in unserer Tiefkühltruhe gibt es keinen Platz mehr!«
Wenn auch nicht jedes für sich, alle zusammengenommen würden diese Argumente doch bestimmt sämtliche Polizisten der Stadt überzeugen. Auf jeden Fall würde ich vielleicht nicht auf der Stelle erschossen!
Durch die offene Hoftüre komme ich problemlos in das Innere des Polizeigebäudes. Uns warnen die Bullen immer, dass wir die Gartentür ständig abschließen sollen – und selber?!
Es ist stockfinster hier im Treppenhaus!
Schemenhaft erkenne ich die Stufen und taste mich eine Etage nach oben. Lange, dunkle, verlassene Flure wie im |148| Gefängnis. In keinem der zahllosen Büros brennt Licht. Ich taste mich mit butterweichen Knien noch ein Stockwerk nach oben. Kein Licht, kein Ton! Ich wage mich noch eine Etage höher. Aus einem Büro ganz am Ende des Flurs dringt schwaches Licht nach draußen, da müssen die beiden sein.
Mein Herz pocht so schnell, als wollte es mich verlassen und weglaufen. Im Gegensatz dazu möchten meine Beine überhaupt nicht mehr laufen und versagen endgültig ihren Dienst. Ich plumpse, an der Wand abrutschend, auf den Fußboden. Auf allen vieren robbe ich auf dem frisch gewienerten Linoleumboden leise dem schwachen Licht entgegen. Drei, vier Meter vorher kann ich schon ein Gemurmel hören, aber nicht genau verstehen, was da gesprochen wird. Ich rutsche also weiter, bis vor die Tür.
Aber alles, was ich hören kann, sind die doppelten und dreifachen Rs von Igorr:
»Klarrr … wiederr … Uhrr … aberrr … Morrrd … dafürrr … Nachbarr … Deutscherrr …«
Ich bin unglaublich froh, dass ich zusätzlich auch noch das Wort »Klo« mitkriege, obwohl darin kein einziges R vorkommt. Ich drücke mich sofort hinter der Tür an die Wand und mache mich so dünn, wie es geht. Die Tür geht auf, und Igorr läuft hinüber zur Toilette – Gott sei Dank, ohne das Licht im Flur anzumachen. Das ist der beste Beweis dafür, dass dieser Fascho hier ständig ein und aus geht. Er weiß sogar mit geschlossenen Augen, wo hier das Klo ist.
Durch den Türspalt kann ich Kommissar Knochenhauer am Schreibtisch erkennen.
Was würde sein Kollege Beinbrecher zu dem Ganzen |149| hier sagen? Oder steckt er ebenfalls mit in diesem braunen Sumpf? Knochenhauer holt ein kleines Heft aus seiner Innentasche, wahrscheinlich seinen Terminkalender, und kritzelt darin herum. Schon höre ich die Klospülung und wie sich Igorrs Schritte mir in der Dunkelheit nähern. In diesem Moment macht der Kommissar das Licht im Büro aus, kommt raus, schließt die Tür ab und läuft Igorr im Dunkeln entgegen. Ich höre nur noch, wie sie die Treppen hinuntersteigen und verschwinden. Ich rühre mich immer noch nicht vom Fleck. Erst das Zuschlagen der schweren Eingangstür lässt mich wieder aufatmen. Die beiden sind weg. Eigentlich dürfte ich jetzt wieder aufstehen, wenn meine schwachen Knie mit mir einer Meinung wären!
Ich rüttele an der Bürotür, aber er hat leider richtig gut abgeschlossen. Was soll das denn? Vertraut er seinen eigenen Kollegen nicht, oder was? Lässt die ganze Nacht unten die Hintertür offen, aber schließt die Zimmertür ab, was für eine Logik!
An der Nebentür entdecke ich das Namensschild »Kommissar Beinbrecher«. Vorsichtig drücke ich die Türklinke, und, siehe da, die Tür geht auf: Das ist ein toller Kerl, der Mann ist mit sich und seiner Umwelt völlig im Reinen, der hat nichts zu verbergen! Durch die Verbindungstür zwischen den beiden Büros lande ich prompt bei Kommissar Knochenhauer im Zimmer! Auch wenn er sonst niemandem vertraut, vor seinem Beinbrecher verheimlicht er
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