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Tote essen keinen Döner

Titel: Tote essen keinen Döner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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werde ich Zeuge, wie jemand unter der Bürotür von Kommissar Knochenhauer ein Briefkuvert durchschiebt. Ich ziehe meinen Kopf sofort wieder rein. Durch einen kleinen Spalt beobachte ich den Mann weiter. Als der dann an der Klotür vorbeigeht, kriege ich fast einen Herzanfall. Den Kerl kenne ich doch! Das ist einer dieser Menschenhändler, dessen hässliches Foto ich eben in der Akte Nowosibirsk bewundern durfte. Ich mache die Akte wieder auf und lese seinen Namen: Cädilläc-Lui! Ob es wohl ein Zuhälter-Gen gibt? Warum müssen diese Kerle nur immer so schmierig, brutal und unsympathisch aussehen?
    Als die Luft endlich rein ist, gehe ich raus und klopfe an der Tür von Beinbrecher. Schön, er ist immer noch nicht da. Ich gehe hinein und von dort ins Nebenbüro. Dort reiße ich sofort den Liebesbrief auf, den Kommissar Knochenhauer gerade von Cädilläc-Lui bekommen hat. Der schlägt ihm einen unglaublichen Diil vor: In dem Briefumschlag steckt ein Schlüssel für ein Schließfach im Hauptbahnhof, in dem 100   000   Euro für Knochenhauer liegen. Dafür soll Knochenhauer Cädilläc-Lui und seine Leute ein für alle Mal in Ruhe lassen.
    Ich stecke den Brief samt Schlüssel in meine Innentasche, damit Kommissar Knochenhauer nicht auf dumme Gedanken kommt. Seine Fascho-Freunde könnten die 100   000 in ihrem Wahlkampf sicher ganz gut gebrauchen. Dann lege ich die Akte Nowosibirsk wieder an ihren Platz und verdufte sofort – für heute!
    Ich hüpfe ganz kuul die Treppen nach unten, wünsche dem Polizisten am Eingang noch einen schönen Tag und gehe auf die Straße.
    |157| Nur zwei Minuten später stehe ich verzweifelt wieder vor ihm und sage:
    »Entschuldigung, ich bin’s wieder! Mein Wagen ist abgeschleppt worden. Können Sie mir bitte sagen, wo ich ihn abholen kann und wie viel ich dafür blechen muss?«

|158| Leichen-Karussell
    Mein Onkel Ömer hat mir immer eingetrichtert, dass der Kampf für die Gerechtigkeit sich irgendwann auszahlen wird – spätestens im Jenseits! So gesehen habe ich mir diese 100   000   Euro also redlich verdient – sogar noch im Diesseits!
    Ob das vielleicht eine hinterhältige Falle ist?
    Will mich Kommissar Knochenhauer etwa reinlegen?
    Ob eine Bombe in dem Schließfach steckt?
    Werde ich von den Verbrechern womöglich verfolgt?
    Und dann in Beton gegossen und in der Weser versenkt?
    Solche und andere ähnlich harmlose Fragen jagen mir durch den Kopf, als ich das Paket mit dem Geld aus dem Fach raushole.
    Die zehn Bahnhofspenner freuen sich über das Geld genauso wie ich! Als ich denen je einen Hunderter in die Hand drücke, machen sie so spektakuläre Luftsprünge, dass die ganzen Passanten stehen bleiben, sie mit großen Augen anglotzen und Beifall klatschen. Die Reisenden denken bestimmt, es wäre eine extrem schlecht angezogene Zirkustruppe zu Gast in der Stadt.
    Ich gebe zu, ich bin schuld, wenn die Menschen ab heute von den Bettlern mit dem leicht veränderten Spruch »Haste ma ’n Hunni?« angequatscht werden.
     
    |159| Als ich zu Hause angekommen bin, habe ich erst mal große Mühe, für das viele Geld einen sicheren Platz zu finden, der weder von meiner Frau noch von den Kindern, noch von den Handwerkern, noch von den Polizisten oder den ständigen Leichen-Lieferanten entdeckt werden kann. Bei uns in der Wohnung herrscht schließlich zurzeit mehr Durchgangsverkehr als in einem Stundenhotel!
    »Osman, da bist du ja wieder. Ich hab letzte Nacht geschlafen wie eine Tote. Ich habe nicht mal gemerkt, wie du heute Morgen zur Arbeit gegangen bist.«
    »Eminanim, hör bloß auf damit, ich hab schon zwei Leichen am Hals, und die reichen mir«, rufe ich im Vorbeigehen und flüchte mit den 99   000   Euro in der Tasche ins Badezimmer und setze mich aufs Klo, um nachzudenken. In Anatolien sagt man: Der Türke bekommt die besten Ideen entweder beim Ausreißen oder beim Scheißen!
    Und es klappt sofort: Ich merke, dass die Fliesen an der gegenüberliegenden Wand immer noch nicht ganz trocken sind. Ich pule mit einem Schraubenzieher vorsichtig zwei Fliesen raus, schlage mit Hammer und Meißel ein tiefes Loch in die Wand und deponiere das viele Geld darin. Danach klebe ich die beiden Fliesen wieder drauf. Bei dem Krach, der immer bei uns herrscht, fällt der Lärm, den ich dabei veranstalte, gar niemandem auf.
    »Du warst aber lange auf dem Klo! Sind deine Hämorriden noch schlimmer geworden oder wofür hast du diesmal Hammer und Meißel gebraucht?«, fragt mich Eminanim, als ich nach

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