Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
Rechtsanwalts erkennen.
Als er sich umdrehte, fiel sein Blick auf einen gut vierzigjährigen Mann, der nichts als abgeschnittene Jeans trug und seine Kiefer zu einem Gähnen aufriss, als wäre er gerade aufgewacht. Er war gebräunt, kräftig gebaut und fast so groß wie Kuhala. Die dunklen Augen verliehen dem symmetrischen Weiberheldengesicht eine Portion Schicksalsschwere, die sportlichen Betätigungen in der Jugend sah man dem Körper noch an, auch wenn sich im Hüftbereich bereits Angriffsflächen bildeten.
»Was haben Sie hier verloren, Mann?«
Die Stimme klang gut gelaunt und angstfrei. Kuhala grinste und nannte Namen und Beruf. Das beeindruckte den anderen kein bisschen.
»Sind Sie Kai Vikman?«
»Ja. Haben meine Nachbarn genug davon, Beschwerden über meinen Garten ans Ordnungsamt zu schicken, und sich an einen richtigen Privatdetektiv gewandt? Möchte ja gerne sehen, was Sie hier ausrichten wollen«, meinte Vikman. Er warf seine Worte wie eine Herausforderung hin, und es schien, als würde er sich an der Erkenntnis freuen, dass Kuhala keinerlei Befugnisse auf dem Grundstück hatte. Die Vögel wisperten in den Bäumen, eine kampflustige Katze belauerte Kuhala hinter einer Schubkarre.
»Ich bin nicht auf Gärten spezialisiert. Ich suche eine Frau namens Helena Jokela. Mein Auftraggeber befürchtet, sie könne verschwunden sein, und zuletzt wurde sie in einem Paddelboot auf dieser Seite des Sees gesehen. In einem grünen Kajak mit dem Kennzeichen 5BC77.«
»Entschuldigung, wer ist verschwunden?«
Kuhala zeigte ihm das Foto. Vikman schaute es sich an und wurde kurz ernst, aber Kuhala konnte seine Miene nicht deuten. Der Mann hatte das Bluffen beim Pokern auf dem Balkan gelernt und zuckte nicht so leicht zusammen. Er sagte, so eine Frau habe er noch nie gesehen und wunderte sich, dass Kuhala seine Zeit bei ihm vergeude. »Wie hieß sie noch?«
»Helena Jokela.«
»Total fremd.«
Er gab Kuhala das Foto zurück. Vikman war ein hinterhältiger Gauner und verarschte die Leute bloß aus Spaß mehr, als andere es insgesamt taten. Hinter seiner anstrengenden guten Laune war allerdings eine gereizte Nebenlinie zu erahnen.
»Wie wär’s, wenn ich jetzt einfach weiter faulenze. Viel Glück beim Suchen.«
»Ihr Liegestuhl scheint in Richtung See zu stehen, vielleicht haben Sie ja doch was gesehen. Von hier aus kann man nicht alle Einzelheiten erkennen, aber auf dem Kajak steht tatsächlich B5C77 … und Sie haben ein Fernglas unterm Stuhl liegen! Vorgestern Abend zwischen sechs und sieben ist das Kajak hier am Ufer vorbeigekommen. Ich wette, Sie halten gerne mal nach straffen Paddlerinnen Ausschau.«
Das Lächeln auf Vikmans Gesicht erlosch, ebenso der amüsierte Ausdruck in den Augen, womit der letzte Rest Gastfreundschaft vernichtet war. Er musterte Kuhala, als hätte der ihm Milzbrand als Gastgeschenk mitgebracht, sein Atem beschleunigte sich. Während der fünf Sekunden Schweigen sah Kuhala sich schon mit dem anderen auf dem Boden wälzen, sich gegenseitig würgend und dann ins Wasser rollend, wo sie sich mit viel Gespritze Schwinger verabreichten.
»Jetzt reicht’s«, sagte Vikman.
»Nur nicht nervös werden. Ich klappere alle Grundstücke hier ab und stelle Fragen. Für mich ist das eine ziemlich anstrengende Feldforschung. Sie sind der Erste, und wenn Sie schon gleich einschnappen, frage ich mich, wie das weitergehen soll.«
Kuhala grinste erneut und zuckte mit den Schultern. »Andererseits könnte ich es auch kurz machen und Ihnen verraten, warum ich gerade bei Ihnen anfange. Helena Jokela ist die Frau von Rechtsanwalt Eero Jokela, und Eero Jokela wiederum vermutet, dass Sie und seine Frau ein kleines Techtelmechtel haben. Die Jokelas wohnen auf der anderen Seeseite, man kommt mit dem Kajak hierher. Ziemlich sportliches Arrangement. Ich bin übrigens auch auf dem Wasserweg gekommen, mit dem Ruderboot. Und Sie leugnen, die Frau auch nur gesehen zu haben. Wollen Sie das Foto noch einmal sehen?«
Vikman schüttelte den Kopf und versuchte Zeit zu gewinnen, indem er eine Ameise verscheuchte, die durch seine Beinbehaarung flitzte. »Ich hab keine Ahnung von irgendwelchen Jokelas und grünen Kajaks. Sinnlos, mich so was zu fragen. Ich geb mich nicht mit den Weibern von anderen Kerlen ab, bis jetzt hab ich auf dem freien Markt Muschis genug gekriegt.«
Er entfernte sich einige Schritte, drehte sich aber bald um und deutete mit dem Finger auf Kuhala. »Wenn du nicht abhaust, solange das Wetter noch gut
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