Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
der Boje hin und her.
Kuhala schob Jokelas Boot ins Wasser. Dabei spürte er, wie die Hand des kleinen Mannes seinen Rücken streifte. »Sie haben doch keinen Grund, sich über den Kameraden da drüben zu beschweren?«
»Nein. Wieso?«
»Er hat erst Mitte Mai angefangen. Und ist nicht gerade ein Musterbürger. Vorbestraft. Bei mir macht er ein Arbeitspraktikum, kriegt seinen Lohn vom Staat. Ich bin da ganz klar ein Risiko eingegangen, aber man muss so einem ja eine Chance geben.«
Der Kajakverleihbesitzer achtete darauf, sich nicht die Stoffschuhe nass zu machen, und senkte die Stimme, als wäre er von seiner eigenen wohltätigen Geste gerührt. »Er ist vielleicht nicht gerade ideal in Sachen Kundendienst, aber er gibt sich immerhin Mühe. Ich versuche, ihm das Elementarste in den Sturschädel zu hämmern, aber das geht nicht von jetzt auf gleich. Sagen Sie nur, wenn etwas schiefgegangen ist. Das lässt sich beheben.«
Kuhala schaute den Kajakunternehmer an, begnügte sich aber mit einem Lächeln. Der Mann war ein Risiko eingegangen, für das er nichts bezahlen musste, und so etwas war immer verlockend. Dass er mit seinen kleinlichen Bemerkungen übers Rauchen vor den Ohren fremder Leute noch mehr riskierte, war Bestandteil der Unternehmenskultur und ging Kuhala nichts an. Vielleicht hätte es geholfen, die Dose für die Zigarettenstummel etwas außer Sichtweite zu rücken.
Aus der Ferne wurde eine Art Seufzer der Enttäuschung, aber auch Gelächter herübergeweht, weil die Sandburg zusammenbrach, als sie gerade die Scheitelhöhe erreicht hatte. Kuhala und der Kajakunternehmer drehten sich in die Richtung um, aus der die Stimmen kamen.
»Ich suche nach einer Frau. Es kann sein, dass sie vorgestern Abend hier vorbeigepaddelt ist, aber nicht mit Gerät aus Ihrem Verleih. Ich bin Privatdetektiv. Was mich aber nicht daran hindert, eines Tages ein Kajak bei Ihnen zu mieten.«
Der Mann rieb sich die Stirn, eine Uferwelle wollte die ins Wasser gefallene Anstecknadel in die Tiefe ziehen, aber Kuhala war schneller. »Stecken Sie sie besser fest. Damit keiner drauftritt und sich ein böses Loch in der Fußsohle zuzieht.«
Der Mann blieb am Ufer stehen und sah zu, wie der Detektiv davonruderte. Während der ersten Züge kam Kuhala auf den Gedanken, dass der Kajakunternehmer bloß die Kleider zu wechseln bräuchte, um als Patachon in Pat und Patachon durchzugehen. Diese Beobachtung war keineswegs spöttischer Natur, denn die Ähnlichkeit war verblüffend.
Kuhala versuchte sich an den Namen des Schauspielers zu erinnern, der den Patachon verkörperte, kam aber ebenso wenig darauf wie auf den Titel auch nur eines Films des Komikerduos. Dann versuchte er sich zu erinnern, ob der Kajakunternehmer den Namen seines Angestellten erwähnt hatte. Nein, hatte er nicht.
Pat und Patachon auf Kajaksafari.
7
8. Juni Kuhala drehte das Boot in Richtung der Bucht, von der aus der Löylyjokifluss zum Alvajärvisee führte. Die Sonne stand hoch, der nervöse Puls des Verkehrs auf der Saarijärventie und der Fernstraße 4 störten die Mittagsidylle mit den plätschernden kleinen Wellen am Bootsbug.
Nach dem reichlichen Schmelzwasser und den ergiebigen Regenfällen im Frühling strömte der Fluss nun kräftig dahin. Aus dem Schaum, der den Uferwall säumte, ragten Flaschenhälse und sonstiger menschlicher Krempel. Das schmale Flussbett erinnerte an die Wildwasserbahnen in Vergnügungsparks, und es musste allerhand unterquert werden: zuerst die Fußgängerbrücke, dann die Saarijärventie und schließlich die Fernstraße 4. Als Kuhala durch die enge Rinne unter der Fußgängerbrücke glitt, wurde es kühl, und es roch muffig. Er musste den Kopf einziehen und die Ruder einholen. Eine Bisamratte, die sich die schattige Ecke als Revier ausgesucht hatte, fungierte als Schleusenwärter und schwamm voran, als wollte sie den Weg zeigen.
Irgendein Schlauberger hatte einen schweren Einkaufswagen übers Brückengeländer geworfen, der dann mitten im Flug an einem Betoneisen hängen geblieben war. Kuhala konnte ihm nur mit viel Glück ausweichen. Die Einkäufe im Wagen hatten sich zu einem Klumpen verdichtet, aus der eine dunkle Brühe rann und den die Spatzen emsig umflatterten.
Der Anblick war unwirklich. Kuhala hütete sich davor, mit den Rudern anzuschlagen, als er auf die Tunnelröhre unter der Fernstraße 4 zusteuerte, da bemerkte er das Kajak. Es war zwischen das wuchernde Unkraut auf dem befestigten Uferwall geschoben worden, und da es
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