Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
vor allem aber sehnte er sich nach seiner Geliebten, der in Vantaa tätigen Kriminalkommissarin Annukka Maaheimo. Ihre letzte Begegnung lag erst anderthalb Wochen zurück, aber es kam ihm wie Jahre vor. Annukka schmeckte nach Apfel und Honig, ihre Seufzer beim Sex brachten Kuhala dazu, die Zehen zu krümmen und abzuheben.
Der Corolla gab keinen Mucks von sich. Der erste Greis der Rollatorexpedition kam heran und beugte sich neugierig zum Seitenfenster hinab.
5
8. Juni Der Nachbar, der vor dem Tor die Straße kehrte, hob seine Mütze genau in dem Moment, in dem Kuhala wieder zu Jokelas Haus kam und an ihm vorbeigehen wollte. »Ich hab Ihr Gesicht in der Zeitung gesehen. Sie sind der Privatdetektiv, der den Mord an dem Goldschmied aufgeklärt hat. Neue interessante Fälle? Hat Ihre Firma nicht auch mal Reklame gemacht?«
Der Mann blockierte Kuhala mit seinem abgenutzten Besen den Weg und musterte ihn unter dem Mützenschild herauf. Das Licht ließ sein rotes Gesicht kurz aufstrahlen. In den Augen schwelte Wissensdurst, aber auch das Selbstwertgefühl einer höheren sozialen Schicht. Die Nase war das gleiche hervorspringende Modell, wie es die englischen Könige Karl I. und Karl II. im 17. Jahrhundert getragen hatten.
Kuhala blieb stehen, um nicht über den Besen zu stolpern. Es stimmte, dass er das besagte Verbrechen aufgeklärt und dass im Frühling in der Gratiszeitung eine bescheidene Anzeige seiner Firma erschienen war. Dennoch fühlte er sich nicht geschmeichelt, sondern behelligt.
Dass der Corolla den Geist aufgegeben hatte, ärgerte ihn, und es sah aus, als verließ Rechtsanwalt Jokela gerade im hellgelben Sakko das Haus.
»Haben Sie beruflich mit Jokela zu tun? Dann seien Sie vorsichtig. Ich wohne nebenan. Ich glaube, Jokela schlägt seine Frau. Misshandelt sie. Das geht schon lange so.«
»Ich …«
»Aber wie soll man sich als Nachbar da einmischen? Jokela würde mir sofort Schwierigkeiten machen. Der kennt das Gesetzbuch.«
Kuhala schob den Besen zur Seite und nickte. Die Nachricht löste nicht die geringste moralische Entrüstung in ihm aus, denn bei dem Bekenntnis des Besenmannes nach nur einer Minute Bekanntschaft handelte es sich wahrscheinlich um den letzten Versuch, im Nachbarschaftsstreit Punkte zu sammeln.
Er erwischte Jokela gerade noch am Jackensaum, als dieser seinen Aktenkoffer auf der Rückbank des Jaguars verstaut hatte und sich ans Steuer setzte.
»Es sind ein paar Probleme aufgetreten. Mein Auto ist kaputt, weshalb ich Kai Vikman heute nicht mehr besuchen kann.«
»Nehmen Sie das Boot. Dann haben Sie auch ein bisschen Bewegung. Ist doch schön, bei dem Wetter zu rudern.«
»Ich habe kein Boot.«
»Aber ich.«
Jokela stieg wieder aus und löste einen rot markierten Schlüssel vom Bund. »Das hellblaue Fiberglasboot zwischen den zwei Birken. Auf der Seite steht ›Helena‹. Es liegt noch auf dem Kopf, aber Sie können es leicht umdrehen. Wiegt nicht mehr als sechzig Kilo. Die Ruder sind an der Rückwand der Garage, und den Zapfen finden Sie da drüben. Ist die Jungfernfahrt in diesem Sommer. Rudern ist eine gute Form der Bewegung, außerdem ist es verboten, mit dem Motorboot auf dem See zu fahren.«
Jokela lächelte nicht einmal zu seiner Stellungnahme.
Wenig später ging Kuhala mit den Rudern auf der Schulter und dem Zapfen in der Gesäßtasche zum Ufer hinunter, leicht irritiert, denn eigentlich war es seine Absicht gewesen, sich von Jokela zum anderen Ufer fahren zu lassen.
Er fand das Fiberglasboot leicht und stand dann eine Weile am Ufer, als versuchte er sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass so eine Bootsfahrt wenigstens einmal in der Karriere eines Privatdetektivs dazugehörte. Auf die Rechnung könnte er einen Zuschlag für schwere körperliche Anstrengung setzen, auch wenn das ruhige Wasser und der blaue Himmel nicht gerade auf große Anstrengung hindeuteten.
Er kippte das Boot auf dem Gras um, schlug den Zapfen ein und befeuchtete die Dollen, bevor er die Ruder einsetzte. Jokelas Nachbar stützte sich im Garten auf seinen Besen und sah zu, wie Kuhala ablegte.
Zum Teufel, das Wetter war großartig und er wurde auch noch bezahlt! Kuhala rief Annukka Maaheimo an und spürte ein warmes Zucken in der Brust, als er ihre Stimme hörte.
»Maaheimo.«
»Hast du zu tun, Liebling?«
»Eine Besprechung. Wir kriegen die Analyse einer alten DNA-Probe rein. Kann sein, dass sich ein mehr als zehn Jahre alter Fall klärt.«
»Ich liebe dich.«
»Ich dich auch.«
»Wann
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