Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
auf den Stufen vor dem gelb gestrichenen Holzhäuschen und wartete rauchend auf Kundschaft. An der Wand standen der Name des Unternehmens und die Preise. Auf kleineren Sperrholztafeln wurden Paddelkurse nebst Tarifen offeriert. Rechts und links waren Kajaks in einem Farbspektrum gestapelt, das vermuten ließ, dass auch für den anspruchsvollen Geschmack etwas dabei war.
Kuhala nickte dem Mann zu. Die Geruchsmischung aus Zigarettenrauch, Bootsteer und sonnengewärmter Erde erinnerte Kuhala an seine Kindheit am Ufer des Havujärvi. Und an die verfluchte Tatsache, dass die Jahre vergingen.
»Die Hauptsaison scheint erst noch zu kommen, wie?«
»Bald werden sie mir die Dinger aus den Händen reißen.«
»Tastet man sich eigentlich schon im ersten Kurs an die Eskimorolle heran?«
Der Mann aschte zwischen seine Sandalen und schickte einen nachdenklichen Speichelklumpen hinterher. Dann schaute er Kuhala abschätzig an und setzte die Sonnenbrille ab, wie zum Hinweis, dass Kuhalas Scherzzwang nicht nur dürftig war, sondern sich zu einer veritablen Schattenseite seines Berufs zu entwickeln drohte. »Das wird erst nach der Anmeldung verraten.«
Der Mann war knapp über dreißig, wenn überhaupt, kräftig gebaut und braun gebrannt. Wie schafften es eigentlich alle diese Leute, so schnell braun zu werden, wo doch erst seit einer Woche Hochdruck herrschte?
»Das mit den Kursen überleg ich mir noch. Ich bin Privatdetektiv Kuhala und suche nach einer Frau, die vermisst gemeldet wurde. Zuletzt ist sie auf dieser Seite des Sees in ihrem Kajak gesehen worden. Vorgestern Abend. Das Kajak gehört ihr, aber ich denke mir, Ihnen würde schon von Berufs wegen eine einzelne Paddlerin auffallen. Es dürfte so acht Uhr gewesen sein, vielleicht auch schon gegen halb neun.«
Der Mann hatte aufgehört, Kuhala anzustarren. Er zielte mit dem Zigarettenstummel nach einer Blechdose. Der Versuch misslang. »Wir machen um acht zu.«
»Danach ist doch sicher noch einiges zu tun. Werden die Kajaks nicht reingeholt?«
»Sorry.«
Kuhala beschrieb Helena Jokela und das Kajak. Der weiter glimmende Zigarettenstummel sengte das Moos neben der Treppe an. Der Mann erstickte den Brand mit einer Sandale und steckte sich eine neue Zigarette an, wobei die Anspannung seines Profils hinter dem Qualm verschwand, der ihm aus den Nasenlöchern quoll. »Die Leute haben massenhaft eigene Kajaks. Ständig fahren welche hier rum, ich beachte die überhaupt nicht.«
Kuhala warf einen Blick auf den See. Er sah kein einziges Kajak, sagte es aber nicht laut.
»Außerdem war gestern um die Zeit beim Grillhäuschen da drüben was los. Sie haben sogar den Krankenwagen gerufen. Einer hat seine Cabanossi in den falschen Hals gekriegt, oder so. Wie das halt so geht, wenn die Typen besoffen sind. Jeden Sommer das Gleiche.«
Die Stacheldrahttätowierung am Oberarm lebte im Takt der Muskeln, die Haltung und der gleichgültige Ton des Mannes machten Kuhala begreiflich, dass er auch hier nicht erwünscht war. Er nahm es nicht persönlich, denn er kannte das. Außerdem sensibilisierte etwas an dem Mann, der da auf der Treppe saß, seine beruflichen Instinkte.
Ein weißer Volvo der 80er-Baureihe kam angefahren. Ein kleiner, dicklicher Mann stieg dampfend aus, die Tür knallte zu. Irgendwo ärgerte sich erneut eine Möwe.
»Alles in Ordnung?«, fragte der Ankömmling.
»Ja, ja«, erwiderte der Mann auf der Treppe.
»Ich glaub, ich hab schon mal gesagt, du sollst nur zu bestimmten Zeiten rauchen. Und jetzt ist keine bestimmte Zeit. Wollen Sie ein Kajak mieten?«, wandte sich der Dicke an Kuhala. »Und sich für einen Kurs anmelden? Es gibt welche für Anfänger, Freizeitpaddler und Fortgeschrittene.«
Er war eindeutig der Chef. An seiner Sommermütze hatte sich die Anstecknadel in Form einer Bake gelöst und war kurz vorm Herunterfallen, aber Kuhala erdreistete sich nicht, darauf hinzuweisen, sondern erklärte, er werde zu gegebener Zeit darüber nachdenken, ein Kajak zu mieten.
»Ich hab da drüben ein normales Ruderboot liegen. Sobald ich mir über dessen Verhalten im Klaren bin, mache ich mir über ein Kajak Gedanken.«
Über das teigige, geschlechtslose Gesicht des Eigentümers huschte ein Schatten der Enttäuschung. Er lupfte seine marineblauen Hosen und folgte Kuhala, denn auch seine Firma lebte nicht bloß vom Sonnenschein. Der Eifer des Dicken und seine Art, sich in die Rauchgewohnheiten eines erwachsenen Mannes einzumischen, waren amüsant. Die Möwe hopste auf
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