Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
erinnerte sich, vor Jahren schon mal so einen Volltreffer eingesteckt zu haben, allerdings von Tatu. Sentimental durch dieses Déjà-vu wischte er sich den Schmutz von der Stirn. »Wie wäre es, wenn ich dir helfe, die Schuhe zu binden? Dann können wir kurz Elfmeterschießen machen. Wenn das Wetter besser ist, spielen wir ein bisschen länger. Wie heißt du denn?«
»Kaarlo.«
»Du wirst später bestimmt mal ein guter Spieler, wo du jetzt schon so einen Schuss hast.«
»Genau. Bist du ein guter Privatertiv?«
11
9. Juni Das Lokal »Zum Haudegen«, das zur Belebung der eingeschlafenen Restaurantszene in der Oberstadt eröffnet worden war, wurde von dem ehemaligen Mittelgewichtler Maxim Kuukunen betrieben, der schon mal für Olympia trainiert und später auch bei Kämpfen ohne Trikot sein Glück versucht hatte. Es befand sich in Räumlichkeiten, in denen mal ein Friseur, ein Reformhaus und wer weiß noch was untergebracht gewesen waren, und bot außer einer vielfältigen Wein- und Bierauswahl auch Speisen, deren ernährungswissenschaftliche Ideologie aus dem mitteleuropäischen Bratwurstgürtel stammte und über deren gesundheitliche Beeinträchtigungen ganze Datenbanken gefüllt waren.
Kuhalas Lieblingsgericht war die Pfanne à la Max, die sich aus Bratkartoffeln, Champignons, Rindfleischstreifen und einem Spiegelei zusammensetzte, aber er wagte es nicht allzu oft, eine Portion davon zu essen, weil ihn der Zustand danach beängstigend dicht ans Koma führte. Trotzdem hatte er den »Haudegen« zur Stammkneipe auserkoren, nachdem er lange nach einer solchen gesucht hatte.
Kuukunen hatte in seiner Zeit als Berufsboxer den Künstlernamen »Der Hammer aus Posio« getragen, nach dem Ort seiner Herkunft, aber nachdem er in London auf die Linke des Ranglistenfünften Shannon »Last prayer« Broom getroffen war, hatte er sich nach einem anderen Beruf umsehen müssen. Seit fünfzehn Jahren lebte er in Jyväskylä und hatte sich sein Brot in so vielen verschiedenen Branchen verdient, dass ihn jeder Einwohner der Stadt kannte. Auf dieser Basis war es leicht, eine treue Stammkundschaft zusammenzubekommen.
Max kam aus dem Hinterzimmer an den Tresen. Er war einen Kopf kleiner als Kuhala und entsprach vom Aussehen her durchaus der Vorstellung von einem ehemaligen Boxer: platte Nase, genähte Augenbrauen und leicht gebeugte, auf lebenslangen Schlagabtausch eingestellte Haltung. »Grüß dich, Kuhala. Kommst aus dem Regen. Willst du was zum Aufwärmen?«
»Ich glaube, mir genügt ein Orangensaft. Wie steht’s mit der Freischankgenehmigung?«
»Wenn ich das wüsste. Verstaubt wahrscheinlich auf irgendeinem Stapel in irgendeinem Ausschuss. Aber wer will schon im Freien sitzen, wenn kein gescheiter Sommer herrscht?«
Abgesehen von zwei vor sich hin starrenden Schluckspechten war der Laden leer, als Blickfang der maskulin-kargen Dekoration prangten Aufnahmen mit Posen aus den aktiven Jahren im Ring. Kuhala beugte sich näher zu dem Wirt heran und fragte, ob dieser schon einmal von einem gewissen Kai Vikman gehört habe.
»Ich bilde mir ein, ihn schon einmal hier gesehen zu haben. Irgendwann im Frühjahr.«
»Der Söldner?«
Kuukunen nickte. Er ließ die Kasse klingeln und gab das Wechselgeld zurück. Draußen rauschte heulend ein Feuerwehrauto auf dem Weg in die Unterstadt vorbei, die Leute erstarrten, verzaubert von dem Lärm.
»Ehrlich gesagt halte ich Vikman nicht gerade für einen Wunschgast, aber im Moment ist mir jedes Geld recht.«
Kuukunen wischte mit dem Sämischlappen über den Tresen, das geizige Licht des Regentages verlieh seinem gebrochenen Profil einen bläulichen Schimmer. Er war kein Schwätzer und hätte unter normalen Umständen nichts über einen seiner Gäste ausgeplaudert, aber irgendwie hatte sich zwischen ihm und Kuhala ein Vertrauensverhältnis entwickelt. Dem es auch nicht schadete, dass Kuhala sich gelegentlich Tipps geben ließ, wie er mehr Pep in sein Fitnessboxen bekäme.
»Vikman dürfte zuletzt vor zwei Wochen hier gewesen sein. Er hatte einen Trupp Bewunderer dabei, von denen er Huldigungen entgegengenommen hat. Ich will ja nichts sagen, aber er regt sich für meinen Geschmack ein bisschen zu leicht auf, wenn du weißt, was ich meine. Ungefähr nach dem fünften Glas muss man hingehen und ihn beruhigen. Und wenn man seine Vergangenheit kennt, sieht man, dass er Lust hätte, sein Glück zu versuchen. Dann brennen so richtig die Augen bei dem Kerl.«
Kuhala nickte. Er hatte den
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