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Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markku Ropponen
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aus, als hätte er mit dem Hund von Baskerville gerungen.
    In Form von wilden Flüchen brach die Wut aus ihm heraus. Der Angreifer war nirgendwo zu sehen. Der Weg führte in einem Bogen zum Campingplatz, gabelte sich aber dann kurz vor einem aus Granitplatten aufgeschichteten Erdkeller, dessen Tür mit Brettern verrammelt war.
    Kuhala rannte hin und versuchte Spuren zu entdecken. Er verschnaufte, kratzte sich den Lehm von der Stirn und stellte fest, dass ihm das Blut auf beide Wangen rann, weil er beim Sturz mit der Nase auf einen Stein geschlagen war und sich eine Wunde zugezogen hatte.
    Der Angreifer schien spurlos verschwunden zu sein. Kuhala kehrte zum Boot zurück und ging in die Hocke, um sich das Gesicht zu waschen. Sein Nacken schmerzte, ebenso die Schulter, die beim ersten Schlag als Schutzschild fungiert hatte, und seine Beine fühlten sich an, als wären sie durch die Mangel gedreht worden. Hatte sich auf der Landenge zwischen zwei Seen ein Wahnsinniger eingenistet, der von inneren Stimmen aufgepeitscht wurde und dringend neue Namen für seine Opferliste brauchte?
    Nach einer Weile tröpfelte die Wunde an der Nase nur noch. Kuhala starrte auf sein vom Regen verrunzeltes Spiegelbild im Wasser und stand auf. Am Kampfplatz fand er einen Eisdorn mit blauem Plastikgriff und erinnerte sich, dass er einen Sekundenbruchteil vor dem Treffer ins Rutschen geraten war.
    Der gut geschliffene anderthalb Zoll starke Metalldorn hätte ihm das Fell dermaßen aufgerissen, dass er danach keine Chance mehr gehabt hätte. An dem Loch im Plastikgriff hing ein Stück goldene Kunststoffschnur. Ein einziger Hieb gegen die Halsschlagader hätte genügt. Und auf die hatte der Angreifer offenbar auch gezielt gehabt. Das Rutschen und Stolpern musste Kuhala gerettet haben: Da konnte man einmal sehen, wie segensreich Fehltritte mitunter sind.
    Jemand huschte mit dem Fahrrad über die Fußgängerbrücke, in der Ferne hörte man das Grummeln eines Gewitters. Kuhala warf den Eisdorn ins Boot und nahm das Monark-Rad seines Sohnes an Bord.
    Als er bis zu dem im Wasser verankerten Oxydator vorgedrungen war, sah er an der Stelle, wo er gerade mit dem Ruderboot abgelegt hatte, eine männliche Gestalt zum Ufer hinuntersteigen.

12
    10. Juni Die »Haltet-die-Innenstadt-sauber«-Freiwilligenabteilung in ihren orangefarbenen Overalls rückte als emsige Front in der von Kaugummis gesprenkelten Fußgängerzone voran und stocherte mit langstieligen Werkzeugen an den klebenden Placken. Eine brüllende Kehrmaschine mit spritzender Fontäne folgte ihnen.
    Es ging auf halb acht zu. Für einen normalen Kaffee wurden in der Fußgängerzone zwei Euro verlangt, trotzdem sah man nirgendwo eine »Haltet-die-Innenstadt-preiswert«-Abteilung. Zwei Euro waren so viel wie früher zwölf Finnmark, und dafür hätte man im Kaufhaus ein ganzes Paket bekommen und damit zig Tassen gekocht. Wenn man es genauer bedachte, dürfte für die Kaffeebauern allerdings noch mehr Anlass zur Kritik bestehen, denn die wurden schlecht bezahlt und mussten als Vorbild den aus dem Fernsehen bekannten, die Bohnen mit zwei Händen pflückenden Juan Valdez ertragen. Kuhala zahlte, verkniff sich eine Bemerkung und setzte sich ins Freie. Es hatte aufgehört zu regnen, die Sonne schien wieder.
    Immerhin schmeckte der Kaffee. Kuhala schlug die Zeitung auf und naschte ein halbes Stück Würfelzucker. Die Amerikaner behaupteten, eine Katze geklont und tausend irakische Widerstandskämpfer umgebracht zu haben, in der Londoner U-Bahn hatte man den Zünder einer Giftgasgranate gefunden, eine neue Keuchhustenepidemie wütete in der Republik Karelien.
    Plötzlich fiel ein Schatten auf die Zeitung und den halben Tisch, wie zum Zeichen dafür, in welchem Zustand sich die Welt befand. Kuhala richtete den Blick schräg nach oben und schaffte es nicht recht, sich ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, weil seinen Lächelmuskeln beim Schlammcatchen von vorhin übel mitgespielt worden war und weil es sich bei dem Ankömmling um Kriminalkommissar Nevakivi handelte.
    »Darf ich mich kurz setzen?«, fragte dieser.
    »Aber ja.«
    Das Getöse der Kehrmaschine entfernte sich, stattdessen hörte man die klatschenden Sandalen der Frühaufsteher unter den Urlaubern. Nevakivi stieß versehentlich gegen den Blechtisch, sodass der Zwei-Euro-Kaffee einem amerikanischen Marineinfanteristen ins Gesicht schwappte.
    »Entschuldigung«, sagte Nevakivi.
    »Macht nichts. Ich kann mir nachschenken lassen. Allerdings könntet ihr

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