Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
Gambetta?«
»Wenn es mir irgendwie nützt, habe ich selbstverständlich damit zu tun.« Er grinste sie entwaffnend an. »Ich fürchte nur, du würdest schnell merken, dass ich mich mit fremden Federn schmücke.«
Pippa berichtete ihm von der Einladung nach Toulouse, dem Zettel unter dem Samt und ihren Bemühungen, ihm zu entkommen.
»Ich wünschte, ich wäre der anonyme Absender gewesen«, sagte Leo beinahe wehmütig. »Aber ich habe nur Tatjana einen Gefallen getan und sie in die Stadt gefahren. Bis ich sie wieder abholen konnte, bin ich durch die Geschäfte gebummelt. Ich muss zugeben – Toulouse ist eine schöne Stadt. Für französische Verhältnisse jedenfalls.«
Pippa lachte. »Okzitanische Verhältnisse – und die reichen im Osten bis ins italienische Piemont. Es besteht also kein Grund zur Angst vor Konkurrenz.« Sie wurde wieder ernst. »Aber umso mehr interessiert mich jetzt, wer sich dann die Mühe gemacht hat, mich für einen Tag nach Toulouse zu locken – oder aus Chantilly weg.«
»Du hast genug Verehrer, die dafür infrage kommen.«
Pippa trank ihren Kaffee aus und sagte: »Schönes Stichwort, Leo. Verehrer. Du hast doch in den letzten Tagen ziemlich viel Zeit mit Tatjana verbracht.«
Leo räusperte sich unbehaglich. »Wirklich, Pippa, es ist nichts passiert. Es war nicht, was du denkst. Rein freundschaftlich.«
»Armer Leo, so viel Mühe und keine Belohnung?« Pippa legte amüsiert ihre Hand auf seinen Arm. »Tja, mein Lieber – Tatjana ist eben aus anderem Holz geschnitzt als deine Studentinnen.«
Er warf ihr einen schnellen Blick zu. »Hatten wir uns nicht gerade auf gute Freunde geeinigt?«
»Ganz genau. Und deshalb hoffe ich auch auf deine freundschaftliche Mithilfe. Ist dir an Tatjana irgendetwas aufgefallen?«
»Die gesamte Frau ist eine auffallende Erscheinung.«
»Da gebe ich dir recht«, sagte Pippa. »Aber ich denke da an anderes: Verhalten, Vorlieben, Angewohnheiten – irgendetwas.«
Leo nickte nachdenklich. »Allerdings. Sie hat immer sofort das Weite gesucht, wenn ein bestimmter Angler auftauchte: Armin oder Achim oder so.«
»Diesen Fluchtreflex entwickelt jede Frau. Sonst nichts?«
Leo überlegte einen Moment. »Wenn ich es recht bedenke: Ihrem Mann gegenüber hat sie sich ebenso verhalten.«
»Du meinst, sie ist ihm aus dem Weg gegangen?«, hakte Pippa interessiert nach.
»Sie wollte lieber mit mir Ausflüge machen, als die Zeit mit ihm zu verbringen. Ein bisschen wie bei mir und dir.« Er warf Pippa einen Blick zu, aber die reagierte nicht auf die Anspielung. »Wir sind durch die gesamten Montagne Noire gefahren. Wirklich, ein schönes Fleckchen Erde – und das ausgerechnet in Frankreich.«
»Sonst nichts Erwähnenswertes?«
»Nichts.«
Pippa bemerkte, dass der Wirt mit verschränkten Armen an der Tür stand und sie auffordernd ansah.
»Ich glaube, es wird Zeit zu gehen«, sagte sie, legte Geld auf den Tisch und stand auf. »Komm, ich begleite dich zum Bonace.«
Im Eingangsbereich des Bonace verabschiedete Leo sich von Pippa mit einer freundschaftlichen Umarmung.
»Ich werde jetzt gleich losfahren, Pippa. Meinen persönlichen Sturm habe ich ja hinter mir.« Er sah sie traurig an. »Du weißt, totale Flaute ist nicht so mein Ding.«
Pippa nickte und spürte wider Erwarten einen Kloß im Hals, als Leo ohne ein weiteres Wort ging.
Dann sah sie sich neugierig um, da sie die Auberge bisher nur von außen kannte. Einem kleinen Empfangstresen aus hellem Holz gegenüber befand sich eine geschmackvolle Sitzgruppe, und an den hellgrau getünchten Wänden hingen Drucke von alten Aquarellen, bei denen ein Thema dominierte: Fische.
Klein, aber fein, dachte Pippa anerkennend, als ein Fußball die Treppe heruntergehopst kam und neben ihr an die Wand prallte. Lautes Getrappel von Schritten im Obergeschoss folgte.
… und quicklebendig, führte Pippa ihren Gedanken amüsiert weiter, im Prospekt steht vermutlich Ein lebhaftes und kinderfreundliches Haus, Familienanschluss inklusive .
Sie betätigte die Klingel am Empfang.
Prompt trat Cateline aus einer Tür hinter dem Tresen, während gleichzeitig ihre Söhne die Treppe ins Erdgeschoss heruntergepoltert kamen. Bei Pippas Anblick blieben sie wie angewurzelt stehen. Die Jungs schauten synchron erst zu ihrer Mutter und danach zu Pippa, dann schlichen sie sich Schritt für Schritt Richtung Eingangstür.
Cateline kam blitzschnell hinter dem Tresen hervor und packte sich den erstbesten am Schlafittchen.
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