Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
Futterboot.«
»Futterboot? Was ist das denn?«
»Typisch Franz – teuer und sinnlos. So ein Ding kostet mehr als sechshundert Euro. Du füllst es mit Futter und manövrierst es per Fernbedienung auf den See hinaus. Totaler Quatsch. Wir mussten also das Futterboot finden und ranholen. Es war dahinten.« Er zeigte hinüber zu den Sümpfen am Wald. »Aber nicht mit Futter befüllt, sondern mit Geld. Wasserdicht verpackt.«
»Und das lag einfach so am Ufer?«
»Nee, er hatte es mit Angelschnur an einer Baumwurzel befestigt. Wir hätten es wahrscheinlich nie entdeckt, wenn dort nicht auch eine seiner Ruten ausgelegen hätte.«
»Sieht ganz so aus, als hätte euer großer Angelheld sich schon öfter auf eure Kosten bereichert«, bemerkte Sissi bissig, »und nicht erst, als es um die Reparatur des Kühlwagens ging.«
»Kein schöner Gedanke«, sagte Lothar zerknirscht, »aber für mich persönlich ist das Geld trotzdem eine Erleichterung.«
»Wieso das?«, fragte Pippa erstaunt.
Lothar seufzte. »Rudi soll zwar auch ein paar Sachen bekommen, aber ich bin Teschkes Nachlassverwalter und Erbe. Und ich dachte, ich muss das ganze Zeug erst mühselig verkaufen, um einen Berg Schulden zu tilgen.«
»Nicht mal im Tod lässt uns dieser Mann von der Angel.« Sissi verdrehte die Augen. »Und Lothar glaubt immer noch, er muss ihm dankbar sein, weil er ihn zu den Kiemenkerlen gebracht hat.«
Pippa lachte auf. »Was gibt es denn da dankbar zu sein? Die Kiemenkerle sind doch keine Freimaurerloge. Lothar hätte jederzeit Mitglied werden können.«
»Wie oft habe ich das schon gesagt«, stöhnte Sissi und wandte sich ihrem Mann zu. »Und dann wären wir nicht immer diesen Sticheleien ausgesetzt. Angeln ist Volkssport. Du darfst angeln und verheiratet sein. Und ich darf das auch. Passen wir nicht ganz toll zusammen?«
»Du verstehst das nicht!«, brummte Lothar und ging missmutig davon.
»So geht das nun schon, seit wir hier sind«, sagte Sissi und korrigierte sich dann. »Nein, erst seit ich es wage, selbst die Rute ins Wasser zu halten, und die anderen ihn deshalb aufziehen.« Sie kicherte. »Weil ich besser bin als er.«
Pippa dachte an Schmidts Bemerkung über die dünnen Wände im Vent Fou. »Ich dachte, ihr versteht euch ganz gut.«
»Keine Spur. Und so was nennt sich Hochzeitsreise.« Sissi sah ihrem Gatten traurig hinterher. »Wir haben gerade mal eine Nacht nicht gezankt, die allererste. Seither streiten wir uns über jede Kleinigkeit.«
»Heißt das, ihr wart in der Nacht von Teschkes Tod nicht zusammen?«
»O doch – aber an das, was wir uns da an den Kopf geworfen haben, mag ich gar nicht mehr denken. Es war schrecklich.«
Pippa enthielt sich eines Kommentars, aber in ihrem Kopf arbeitete es heftig. Wieso hatte Tatjana Wolfgang gegenüber das Gegenteil behauptet? Den Unterschied zwischen Liebesgeflüster und Beleidigungen sollte man doch erkennen können. Wer log hier? Und wer gewann – oder verlor – dabei sein Alibi?
Sie zwang sich, Sissi weiter zuzuhören, die gerade sagte: »Sein Mentor ist tot, und Lothar hat ein schlechtes Gewissen, weil er sich in den letzten Wochen nicht genug um den alten Mann gekümmert hat.«
»Verständlich, aber völlig unnötig.«
»Genau. Und ich lebe noch.« Sissi sah triumphierend in Richtung Camp. »Ich werde noch heute dafür sorgen, dass ihm das endlich klarwird.«
»Dann verabschiede ich mich schon mal für den Rest des Tages von euch beiden.« Pippa wandte sich zum Gehen. »Macht es euch gemütlich und denkt mal nicht an den Rest der Welt. Viel Glück.«
Noch nachdenklicher als zuvor setzte Pippa ihren Weg fort. Erst Geralds Enthüllung über Tatjanas Krankheit, der unerwartete Geldfund und nun auch noch die Erkenntnis, dass Sissis Aussage nicht mit der von Tatjana übereinstimmte.
Pippa entschied spontan, zuerst Tibor zu besuchen. Danach würde sie im Bonace nach Abel sehen und mit Cateline reden. Ihr Rucksack war ein Leichtgewicht, und sie brauchte nicht erst im Vent Fou vorbeizugehen, um ihn loszuwerden.
Ehe sie die Rue Cassoulet erreichte, begegnete ihr Régine-Une, die sich mit einer bis zum Rand gefüllten Einkaufstasche abschleppte.
»Hallo, Pippa!« Régine-Une sah auf ihre Armbanduhr. »Du bist früh dran – oder willst du beim Kochen helfen?«
Auf Pippas verständnislosen Blick hin fügte sie hinzu: »Hat Lisette dir nicht Bescheid gesagt?«
»Ich war seit Tagen nicht im Vent Fou«, erklärte Pippa, »was sollte Lisette mir
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