Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
sagen?«
Régine-Une stellte die schwere Tasche ab. »Der Autan kommt – und da hat die Gendarmerie Hochsaison. In der Wache gehen alle Hilferufe ein, und die freiwilligen Helfer werden von dort aus koordiniert. Deshalb fällt unsere Verabredung heute Abend aus.«
»Verstehe, aber schade ist es trotzdem«, sagte Pippa enttäuscht. »Ich möchte so gern wissen, was in der Polizeiakte steht.«
»Das wirst du. Oder glaubst du, Gendarm Dupont ließe sich eine Chance entgehen, sich endlich mit mir zu treffen? Da würde er lauter heulen als der Sturm!«
Sie nahm die Einkaufstasche wieder auf und ging zusammen mit Pippa Richtung Bonace und Polizeiwache.
»Sei in etwa einer Stunde in der Dienstwohnung der Gendarmerie. Und stell dich auf Ratatouille mit viel Knoblauch ein. In riesigen Mengen, damit die Polizei die Nacht durchsteht, falls es Einsätze gibt.«
»Allmählich macht ihr mir Angst. Ferdinand richtet im Vent Fou eine Notunterkunft für die Camper ein, die Polizei ist in höchster Alarmbereitschaft. Wird der Sturm wirklich so heftig?«
Régine-Une schüttelte den Kopf. »Weniger der Wind als die Menschen. Die spielen bei diesem Wetter verrückt, da muss man auf alles gefasst sein. Oder was meinst du, woher das Vent Fou seinen Namen hat?«
»Vielleicht sollte ich doch besser zusehen, dass ich nach Hause komme, und wir treffen uns ein anderes Mal?«
Wieder blickte Régine-Une auf ihre Armbanduhr. »Keine Sorge – für ein paar Stunden ist hier noch alles ruhig.«
Sie hatten das Bonace erreicht und blieben auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehen.
Pippa wollte sich gerade verabschieden, als Leo aus der Tür der Auberge trat und über die Straße rief: »Pippa! Mein Gott, bin ich erleichtert, dich zu sehen. Ich wollte gerade mit dem Auto los und dich vom Berg holen. Bei diesem Wetter sollte man wirklich nicht durch den Wald laufen.«
Während er auf sie zukam, zwinkerte Régine-Une Pippa anerkennend zu und flüsterte: »Ich sehe dich dann später – nachdem er dich gerettet hat.«
Pippa wollte erst protestieren, erinnerte sich dann aber, dass sie ohnehin noch Fragen an Leo hatte.
Pippa zog ihren überraschten Noch-Gatten zur Tür der Brasserie. Der Wirt war gerade dabei, die Fensterfront mit stabilen Holzplatten zu verbarrikadieren.
»Erwarten Sie eine Demonstrationen von gewaltbereiten Steinewerfern?«, fragte Leo.
Der Wirt nickte grimmig. »Allerdings, und zwar eine von ungewöhnlicher Stärke. Der Wind kommt uns nachher besuchen, aber er wirft nicht mit Steinen, sondern mit Ästen. Und ich brauche keine Totholzhecke vor meinem Tresen.«
»Bekommen wir trotzdem einen Kaffee bei Ihnen?«, fragte Pippa freundlich.
Der Wirt antwortete mit einer Geste, die Pippa mittlerweile schon erwartete: Er sah auf die Armbanduhr. »In Ordnung«, sagte er schließlich, »aber ab jetzt mit Gefahrenzulage. Ich schließe um Punkt 13 Uhr, Sie haben eine knappe halbe Stunde.«
»Kommen Leute hier jemals ein zweites Mal her?«, raunte Leo Pippa ins Ohr.
Sie kicherte. »Ich weiß nicht, was du meinst. Er hat uns vor dem Sturm gewarnt und genau gesagt, wie viel Zeit wir noch haben, uns in Sicherheit zu bringen. Das ist doch sehr nett von ihm.«
»Das nennst du doch nicht etwa freundlich«, murrte Leo.
»Das nenn ich okzitanisch – kann mühelos mit dem Umgangston der Transvaalstraße mithalten. Ich fühle mich hier wie zu Hause.«
Sie stellte ihren Rucksack ab und setzte sich mit Leo an einen Tisch. Bei der Tochter des Wirts orderten sie zwei Milchkaffee, die ihnen in Rekordgeschwindigkeit serviert wurden.
»Ich vermute, es hat wenig Sinn, noch einen Versuch zu wagen?«, fragte Leo und sah Pippa hoffnungsvoll an.
Genießerisch trank Pippa ihren Kaffee. »Immer – nur nicht mehr bei mir, Leo. Ich hatte schon immer den Verdacht, dass wir besser Freunde geworden wären statt ein Ehepaar.«
Leo kommentierte ihre Bemerkung nicht, sondern starrte griesgrämig in seinen Kaffee. »Das soll Kaffee sein? Leider schiefgegangen.« Er stellte die Tasse so heftig auf den Tisch, dass die Flüssigkeit über den Rand schwappte.
Pippa grinste. Dann sagte sie: »Aber ich gebe zu, dass du mich in letzter Zeit beeindruckt hast. Die Einladung nach Toulouse war gut eingefädelt. Hoffentlich hast du nicht zu lange auf mich gewartet.«
Leo sah sie verständnislos an. »Entschuldige, wovon redest du?«
Jetzt war Pippa irritiert. »Das okzitanische Café Florian? Das venezianische Zimmer im Museum? Die Rue Leon
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