Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
gegen Kapital!«, rief Abel kichernd.
»So hätte ich ihn wirklich nicht eingeschätzt«, sagte Pippa, »er sieht so … so …«
»Harmlos aus?« Bruno vervollständigte ihren Satz, weil Pippa vergeblich nach Worten suchte, und sie nickte.
»Ist er auch«, fuhr Bruno fort, »aber wenn es ums Angeln geht, verwandelt sich die unscheinbare Elritze in einen Schwertfisch, mit dem man sich besser nicht anlegt.«
Als Pippa, Abel und Bruno das Lager erreichten, wurde Franz Teschke gerade mit seiner Beute ans Ufer gezogen. Die Kiemenkerle umringten ihren Kollegen, der mit stolzgeschwellter Brust seinen Karpfen präsentierte.
Wolfgang Schmidt drehte sich nach den Neuankömmlingen um, verzog das Gesicht, als er Abel sah, und sagte zu ihm: »Auch du, Brutus … Glaub nicht, dass ich den Dolch in meinem Rücken nicht spüre.«
Abel grinste und schlug Schmidt auf die Schulter. »Keine Sorge, Kumpel, du bist in Sicherheit.«
Wenn sogar Abel ihm glaubt, spielt Wolfgang seine Rolle als mein Liebhaber wirklich gut, dachte Pippa amüsiert.
»Nicht schlecht, Franz«, sagte Rudi Feierabend, »bildschönes Tier. Schuppenkarpfen.«
Pippa reckte den Hals und spähte ins Boot. Sie schnappte nach Luft, als sie den riesigen Fisch sah: mächtig und dickbäuchig, die Schuppen am Rücken fast schwarz und zum Bauch hin immer heller und silbrig werdend, lag der Karpfen da und starrte sie vorwurfsvoll an. Seine Schwanzflosse war größer als Brunos Schaufelhände, und die Kopfpartie des Tieres schien kaum kleiner zu sein als ein menschlicher Kopf. Es fehlte nur noch, dass Teschke wie ein Großwildjäger in Afrika den Fuß auf seine Beute stellte.
»Glückwunsch, Franz!«, rief Hotte. »Der wiegt doch mindestens zwanzig Kilo!«
»Das will ich meinen«, sagte Franz Teschke. »Den werde ich vergolden, Jungs, und zwar mit Tibors Hilfe: Ich stelle ihn aus und lasse die Leute wetten, wie viel er wiegt.«
Er rieb sich feixend die Hände, und Pippa fing einen Blick von Bruno auf. Siehst du, sagte sein Gesichtsausdruck, was habe ich gesagt?
»Ich brauche in Berlin dringend ein eigenes Boot«, fuhr Teschke selbstgefällig fort. »Und mit meinem Anteil aus der Wette und dem Verkauf meines Freundes hier wäre schon mal ein solider Anfang gemacht.« Er sah Schwätzer abschätzend an. »Was meinst du, Achim? Ich könnte dir deins abkaufen. Einem armen Rentner wie mir machst du doch sicher einen fairen Preis.«
Achim Schwätzer presste die Lippen zusammen und starrte Teschke wütend an, ohne zu antworten, aber dieser ließ nicht locker.
»Achim, stellst du die Waage bereit? Ich brauche die Daten nicht nur für meine Wette, ich werde meinen Fang auch melden. Blasko, kannst du mir bitte helfen? Mein Fisch ist so groß, dass ich ihn kaum tragen kann. Kann mir jemand meinen Wiegesack holen? Bruno, bist du so nett?«
Pippa sah sich unter den Kiemenkerlen um. Trotz offenkundiger Anerkennung für Teschkes Fangerfolg bemerkte sie auch die eine oder andere gerunzelte Stirn ob seiner Selbstgefälligkeit. Franz stand mit verschränkten Armen neben dem Boot, blickte beifallheischend um sich und sah aus, als hätte er die Formel für den Weltfrieden entdeckt.
Hotte wirkte besonders verärgert. Er zog Schwätzer am Arm ein paar Schritte von den anderen weg. »Ich habe dich schon zigmal auf dein Boot angesprochen, Achim«, murrte er, »wenn du es jetzt dem Teschke verkaufst, bin ich wirklich sauer.«
Schwätzer verdrehte genervt die Augen. Er zog ein Schlüsselbund aus der Tasche, an dessen Ring ein Karpfenanhänger aus Plastik baumelte, und ließ die Schlüssel dicht vor Hottes Nase klimpern. »Sieh sie dir gut an, Hotte«, zischte er, »weder du noch Franz noch sonst jemand wird mein Boot jemals damit starten.«
Bruno kam mit einem großen Netz zurück, das einer Einkaufstasche ähnelte. Gemeinsam mit Blasko hievte er den Fisch hinein. In einer kleinen Prozession – mit Teschke vorneweg – marschierten alle zur Waage. Blasko und Bruno, die den Karpfen geschleppt hatten, hängten das Netz an den Haken der Federwaage, die an einem stabilen Metallgestell befestigt war.
»Mein Karpfen ist hoffentlich nicht zu schwer für die Waage«, sagte Teschke.
Blaskos Augenbrauen hoben sich. »Da mach dir mal keine Sorgen, Franz. Zur Not hängen wir dich auch noch mit dran, das hält die locker aus.«
Die Kiemenkerle lachten, und Bruno aktivierte die Waage. Die rotleuchtenden Ziffern der Anzeige zählten rasend schnell höher. Alle sahen gespannt hin, und ein
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