Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tote im Salonwagen

Tote im Salonwagen

Titel: Tote im Salonwagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
Vom Netzwerk:
bis zur Kampfgruppe.«
    »Das können wir uns alles schenken«, entgegnete Burljajew großspurig. »Larionow ist unser Mann. Die Wohnung haben wir extra eingerichtet. Als Anlaufpunkt für unzufriedene und zweifelhafte Subjekte. Damit wir sie im Blick behalten. Subzow hatte die grandiose Idee. Bei Larionow versammelt sich der ganze revolutionäre Abschaum. Auf den Staatschimpfen, unerlaubte Lieder absingen, na und natürlich fressen und saufen. Der Tisch bei Larionow ist immer ordentlich gedeckt, das bezahlt unser Geheimfonds. So haben wir diese Schwätzer im Blick, führen für jeden eine extra Akte. Und wird einer bei etwas Ernsthaftem ertappt, hat er bei uns schon ein Sündenregister auf Vorrat.«
    »Aber das ist doch eine Provokation!« rief Fandorin aus und runzelte die Stirn. »Sie züchten die Nihilisten selbst, um sie hinterher zu arretieren.«
    Burljajew legte artig die Hand vor die Brust.
    »Nichts für ungut, Herr Fandorin, Sie sind natürlich eine Koryphäe auf dem Gebiet der Kriminalistik, aber in unserem polizeilichen Handwerk scheinen Sie sich nicht sehr auszukennen.«
    »Sie meinen also, daß eine Beobachtung von Larionows Gästen sich erübrigt?«
    »Das meine ich.«
    »Und was sch-schlagen Sie statt dessen vor?«
    »Da braucht es keine besonderen Vorschläge. Die Vorgehensweise ist sonnenklar. Sobald ich zurück in meinem Kabinett bin, werde ich Mylnikow Anweisung geben, die Verhaftungsaktion vorzubereiten. Wir kassieren die Vögelchen komplett ein, und ich knöpfe sie mir einzeln vor. Denn in einem haben Sie recht: Mindestens einer von denen muß Verbindungen zur KG haben.«
    »Sie wollen die alle verhaften? Auf welcher Grundlage denn?«
    »Auf der Grundlage, mein lieber Fandorin, daß Sie und ich andernfalls, wie unsere liebwerte Diana zu Recht bemerkte, in aller Bälde zum Teufel gejagt werden. Lang und breit Indizien zu sammeln ist wahrlich keine Zeit. Ergebnisse müssen auf den Tisch.«
    Hier hielt es Fandorin für geraten, einen offiziellen Ton anzuschlagen.
    »Vergessen Sie nicht, Herr Oberstleutnant, daß Sie meinen Anweisungen Folge zu leisten haben. Unbegründete Verhaftungen lasse ich nicht zu.«
    Doch Burljajew hielt unerwartet dagegen.
    »Ich wüßte nicht, aufgrund welchen Dienstverhältnisses. Der Generalgouverneur ist für mich nicht weisungsberechtigt, in Fragen der Ermittlung unterstehe ich dem Polizeidepartement, mit Verlaub, Ihr ergebenster Diener. Wenn Sie bei der Verhaftung zugegen sein möchten – bitte sehr. Nur darf ich Sie bitten, sich nicht einzumischen. Fernzubleiben steht Ihnen übrigens ebenso frei.«
    Hierauf wußte Fandorin nichts mehr zu sagen. Er runzelte die Stirn, seine Augen funkelten böse, doch das Gewitter blieb aus.
    »Na schön«, sagte der Staatsrat nach einer Weile trocken. »Einmischen werde ich mich also nicht, zugegen sein ganz gewiß.«
     
    Um acht Uhr abends war alles bereit, die Operation konnte beginnen.
    Das Haus Nr. 28 auf der Powarskaja war schon seit halb sieben umstellt. Sechs Agenten bildeten den inneren Ring: Einer mit vorgebundener weißer Schürze war vor der Tür des einstöckigen Gebäudes zugange, kratzte den Schnee vom Trottoir; drei weitere – so schmächtig und klein, daß sie als Halbwüchsige durchgehen konnten – bauten auf dem Hof an einer Schneeburg; zwei reparierten die Gaslaterne Ecke Borissoglebski Pereulok. Der äußere, in einem Radius von einhundert Schritt gezogene Ring bestand aus elf Agenten:drei »Fuhrleuten«, einem »Schutzmann«, einem »Leierkastenspieler«, zwei »Betrunkenen«, vier »Hausmeistern«.
    Um fünf nach acht kamen Burljajew und Fandorin im Pferdeschlitten die Powarskaja entlanggefahren. Mylnikow, der die Agenten befehligte, saß, halb umgewandt, auf dem Kutschbock und zeigte, was zu zeigen war.
    »Ausgezeichnet, Mylnikow«, lobte der Oberstleutnant die Vorbereitungen und warf einen triumphierenden Blick auf den Staatsrat, der die ganze Zeit kein Wort gesprochen hatte. »Sehen Sie, Herr Fandorin, wie meine Leute zu arbeiten verstehen?«
    Der Angesprochene schwieg sich aus. Jetzt bog der Schlitten in den Skarjatinski, fuhr noch ein Stück und blieb stehen.
    »Wieviel Kasperle sind denn da?« fragte Burljajew.
    »Larionow und seine Köchin nicht mitgezählt, insgesamt acht Subjekte«, erklärte Mylnikow, ein rundlicher Herr von Mitte Vierzig mit rotblondem Bart und langen, altmodisch auf eine Länge geschnittenen Haaren, im breitesten nordrussischen Dialekt. »Um sechs, wie wir die Posten bezogen, da

Weitere Kostenlose Bücher