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Tote im Salonwagen

Tote im Salonwagen

Titel: Tote im Salonwagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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Vielleicht haben Sie schon gehört davon?«
    Diana nickte. Sie wartete, bis die Gäste Platz genommen hatten, und setzte sich ebenfalls – auf den Diwan, der an der gegenüberliegenden Wand stand.
    »Und woher? In den Z-z-… Zeitungen hat davon noch nichts gestanden.«
    Die Bemerkung war in normaler Lautstärke gefallen – nach dem vorherigen Wispern klang sie ungeheuer laut.
    »Die Spatzen pfeifen es von den Dächern«, raunte die »Mitarbeiterin« spöttisch. »Wir Revolutionäre haben auch unsere Telegrafen, was glauben Sie!«
    »Nein, bitte g-genauer: Woher haben Sie das?« Der Staatsrat ließ sich auf die Koketterien nicht ein.
    »Diana, es ist sehr wichtig«, gurrte Burljajew, womit er die Schärfe der Frage wohl etwas abmildern wollte. »Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr …«
    »Und ob ich das kann!« Die Frau lehnte sich zurück. »Der Fall Chrapow könnte die Herren alle miteinander von den liebgewordenen Sesseln kippen. Hab ich recht, Herr Fandorin?«
    Ihre raunende tiefe Stimme hat eine sinnliche Wirkung, ohne Frage! ging es Fandorin durch den Kopf. Dazu der Moschusduft, die lasziven Bewegungen der feingliedrigen Hand, wie sie lässig mit dem Ohrring spielt … Nur zu verständlich, daß bei der Gendarmerie wie bei den »Geheimen« die Leidenschaften hochkochten.
    »Woher wissen Sie, wie ich heiße?« Fandorin neigte sich ein wenig nach vorn. »Hat Ihnen irgendwer von mir erzählt?«
    Diana schien zu lächeln, das Wispern wurde honigsüß: »Nicht nur einmal. Für Sie interessiert sich in Moskau so mancher, Monsieur. Sie sind eine interessante Figur.«
    »Ja, was denn nun, hat jemand in letzter Zeit mit ihnen über den Herrn Staatsrat gesprochen oder nicht?« fuhr Burljajew dazwischen. »Gestern zum Beispiel? Ist jemand hier gewesen?«
    Fandorin äugte mißmutig nach seinem ungebetenen Sekundanten, während Diana sich lautlos amüsierte.
    »Bei mir gehen viele ein und aus, Pierre. Ob jemand über Monsieur Fandorin gesprochen hat, das weiß ich, ehrlich gesagt, nicht mehr …«
    Sie rückt nicht damit raus! sagte sich Fandorin, dem das »Pierre« sehr wohl aufgefallen war. Zeitverschwendung.
    Währenddessen legte er noch etwas mehr Metall in seine Stimme: »Sie haben noch nicht auf meine erste Frage geantwortet. Von wem wissen Sie, daß G-g-… General Chrapow tot ist?«
    Diana erhob sich jäh, ihr Raunen, eben noch katzenfreundlich, wurde scharf wie das Zischen einer gereizten Schlange.
    »Ich stehe nicht auf Ihrer Gehaltsliste und bin Ihnen zu keiner Rechenschaft verpflichtet! Sie nehmen sich viel heraus! Oder hat man Ihnen vielleicht nicht erklärt, wen Sie vor sich haben? Einverstanden, ich werde Ihre Frage beantworten, aber damit ist das Gespräch beendet. Und lassen Sie sich nie wieder hier blicken! Haben Sie gehört, Burljajew – daß mir dieser Herr nie wieder unter die Augen kommt!«
    Der Oberstleutnant fuhr sich konsterniert über das kurzgeschnittene Haar, er wußte offenbar nicht, für welche der beiden Seiten er Partei ergreifen sollte, während Fandorin ungerührt sagte: »Schon gut, wir gehen gleich. Aber ich warte noch auf Ihre Antwort.«
    Die Frau war vor das Fenster getreten, dessen hellgraues Viereck ihre grazile Silhouette nunmehr rahmte.
    »Der Mord an Chrapow ist ein öffentliches Geheimnis. Das ganze revolutionäre Moskau weiß davon und frohlockt. Heute abend wird es aus diesem Anlaß sogar eine kleine Geselligkeit geben. Ich bin eingeladen, werde aber nicht hingehen. Vielleicht haben Sie Lust dazu. Mit etwas Glück erwischen Sie dort jemanden von den Illegalen. Bei Ingenieur Larionow steigt das Fest. Powarskaja achtundzwanzig.«
     
    »Warum haben Sie sie nicht gleich nach Swertschinski gefragt?« fragte der Oberstleutnant wütend, während sie im Schlitten zurück aufs Amt fuhren. »Ich nehme stark an, er war gestern bei ihr und dürfte sich verplappert haben. Sie haben ja selbst gesehen, was das für eine Person ist. Sie spielt mit den Männern Katz und Maus.«
    »Ja«, nickte der Staatsrat zerstreut, »das ist schon eine D-d-… Dame mit Charakter. Vergessen wir sie erst einmal. Vor allem gehört jetzt die Wohnung von diesem Larionow überwacht. Dafür sind die versiertesten Agenten abzustellen. Sie sollen sämtliche Gäste nach Hause verfolgen und ihre persönlichen Daten feststellen. Und dann gehen wir den Verbindungen eines jeden nach, Schritt für Schritt. Bis wir auf den stoßen, der als erster von Chrapows Tod wußte. Von ihm kann es nicht mehr weit sein

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