Tote Kehren Nicht Zurück
kurzhaarigen Motorradfreaks. Irgendwann hob Meredith mehr zufällig den Kopf und entdeckte ein jugendliches Gesicht vor sich, das sie ziemlich genau kannte, auch wenn sie ganz gewiss nicht erwartet hatte, es hier zu sehen. Es gab einen Augenblick gegenseitigen Erkennens. Rund und blass, mit einem kurz geschnittenen roten Haarschopf, starrte er zurück, die Augen weit vor Überraschung. Dann wich das Unbehagen einer misstrauischen Widerspenstigkeit. Bevor Meredith etwas sagen oder tun konnte, erschien Luke Penhallow neben ihr und lenkte sie ab. Der Besitzer des rundlichen Gesichts nutzte die Gelegenheit, um sich in einen anderen Teil der Halle zu verdrücken.
»Wie sind Sie denn hergekommen, Meredith?« Luke wartete nicht auf eine Antwort, sondern fuhr gleich fort:
»Meredith, können Sie Mum mit zu sich nach Hause nehmen? Die Polizei sagt, wir müssten alle hier warten, bis sie uns erlauben, wieder nach Hause zu gehen, was nicht vor morgen früh sein wird, falls überhaupt schon so bald. Sie wissen nicht, wie lange sie brauchen, um das Feuer zu löschen; anschließend muss die Feuerwehr erst noch die Gegend für sicher erklären.«
»Selbstverständlich können Sie alle bei mir zu Hause übernachten!«, bot Meredith an.
»Nehmen Sie sich etwas Tee, Luke. Und nehmen Sie das hier für Carla und Kate mit!« Sie drückte ihm das Tablett mit den drei verbliebenen Bechern in die Hand.
»Was ist überhaupt passiert, Luke? Wurde jemand verletzt? Irene Flack sucht nach Harry Sawyer, er ist nicht hier in der Halle, und ich habe unten in der Straße einen Krankenwagen gesehen …«
»Sie waren da? Es ist Harrys Bungalow. Ich hoffe, dem armen Kerl ist nichts passiert. Das Haus ist in Flammen aufgegangen wie ein Freudenfeuer! Ich habe Harry auch nicht gesehen. Die Feuerwehrleute machen sich Sorgen wegen der Benzintanks, auch wenn sie unter der Erde liegen. Aber es ist genug Dampf überall, um eine gewaltige Explosion hervorzurufen.«
»Kampfstationen, Meredith!«, dröhnte Vater Holland neben ihr. Er war mit den ersten von mehreren Kisten mit Bettzeug aus dem Vikariat eingetroffen. Luke sprang auf und ging nach draußen, um den Rest zu holen.
»Das sind unsere Notvorräte«, schnaufte der Vikar.
»Sie riechen ein wenig muffig, aber ich denke nicht, dass sie feucht sind. Geben Sie jedem eine Decke oder einen Schlafsack, ja?« Die Josses warteten nicht erst, bis sie an der Reihe waren. Sobald die Kisten mit dem Bettzeug auf dem Boden standen, drängten sie sich heran und nahmen sich, was sie brauchten.
»Hey!«, rief Meredith indigniert und rettete unter Mühen einen alten Schlafsack und eine fadenscheinige Decke aus ihren Fängen. Sie brachte beides zu Carla und Kate, die nebeneinander kauerten, Becher mit heißem Tee in den Händen.
»Hier, legt euch die Sachen um die Schultern. Ihr müsst euch warm halten. Der Schock …« Meredith schüttelte die Decke aus und legte sie Carla um.
»Wir müssen noch eine kleine Weile warten. Sobald ich von hier weg kann, bringe ich euch alle zu mir nach Hause. Ihr könnt bei mir übernachten.«
»Ich bleibe hier«, entschied Luke, der ebenfalls hinzugekommen war.
»Damit ich weiß, wie sich die Dinge entwickeln. Sobald wir die Genehmigung zur Rückkehr nach Tudor Lodge erhalten, komme ich vorbei und gebe Bescheid. Nehmen Sie Mum mit … und Kate.«
»Nein danke«, sagte Kate Drago leise und mit gepresster Stimme.
»Ich bleibe auch hier.«
»Meinetwegen!«, fauchte Luke verärgert.
»Dann nehmen Sie wenigstens Mum mit, Meredith, ja? Und du widersprichst nicht, Mum!«
»Ich widerspreche ja gar nicht«, sagte Carla kläglich, während sie mit den Fingern an der fadenscheinigen Decke zupfte.
»Ich will nicht hier bleiben, ganz bestimmt nicht, mit all den Josses um mich herum! Wo ist nur die arme Irene?«
»In der Küche«, sagte Meredith.
»Sie kann auch bei mir schlafen, wenn sie möchte.« Doch Mrs Flack erklärte auf Merediths diesbezügliches Angebot, dass sie lieber in der Gemeindehalle bleiben würde, wenn niemand etwas dagegen hätte, wo sie sich nützlich machen und helfen könnte. Es war bereits Viertel vor fünf Uhr morgens, als Meredith endlich mit Carla Penhallow zu ihrem kleinen Reihenendhaus in der Station Road fuhr. Hinter ihnen, in der Gemeindehalle, hatten die Josses sich zum Schlafen hingelegt, eingewickelt in Decken wie Schmetterlingspuppen. Sie bildeten einen Kreis, mit den Füßen in der Mitte, wie ein überdimensionales
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