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Tote Kehren Nicht Zurück

Tote Kehren Nicht Zurück

Titel: Tote Kehren Nicht Zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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Hand nach dem Telefon ausstreckte.

    »Nein danke, ich werde mich selbst anmelden.«
    Ein kurzer Blick in den Speisesaal und ein weiterer durch die Tür zur Empfangshalle. Keine junge Frau mit goldener Löwenmähne zu sehen. Ein Handelsvertreter stand in der Empfangshalle und studierte eine Straßenkarte, und drei mürrisch dreinblickende Gäste saßen im Speisesaal über ihrem Mittagessen.
    Prescott stieg die Treppe hinauf. Die Stufen knarrten unter seinem Gewicht. Vermutlich war das Haus bereits sehr alt. Die Wände waren mit vergilbten Anaglyphen behängt. Der Teppich auf den Stufen war ausgetreten und hing stellenweise in Fransen, nicht ungefährlich für einen unaufmerksamen Gast. Die erste Tür des Ganges, in dem Prescott herauskam, trug die Aufschrift

    »Bad«. Er drückte probehalber die Klinke herunter. Die Tür schwang auf und gab den Blick frei auf eine große, antike Badewanne, ein Handtuchregal aus Holz und einen weiß gestrichenen Stuhl. Er schnüffelte prüfend die Luft ein. Es roch schwach nach Badezusatz oder einer parfümierten Seife.
    Die Tür zu Zimmer Nummer vier stand offen und ließ einen schmalen Streifen Licht in den ansonsten düsteren Korridor. Ein Zimmermädchen war mit dem Abziehen des Bettes beschäftigt. Sie blickte ohne sichtbare Neugier auf, als Prescott an der Tür vorbeiging. Das Zimmer erweckte keinen sonderlich einladenden Eindruck. Ein Bett, in dem man eine Nacht ausschlafen konnte, zugegeben, aber alles andere als luxuriös. Das Crown schien ein merkwürdiger Ort für ein geplantes Stelldichein. Vermutlich hatte Bamford in dieser Hinsicht nicht viel zu bieten.
    Er erreichte die Tür von Zimmer Nummer sechs und blieb zögernd stehen. Durch die Türpaneele hörte er leise einen Fernseher laufen. Sie saß doch nicht etwa vor dem Fernseher? Er würde sie nichtsahnend überraschen. Prescott grinste und klopfte an.

    »Kommen Sie später wieder!«, rief eine Frauenstimme.
    Er klopfte erneut und stellte sich vor, wie sie ärgerlich fauchte. Schritte näherten sich, und die Tür wurde aufgerissen. Prescott kannte den Ausdruck coup de foudre nicht, doch genau das war es, was ihm nun widerfuhr. Sie war die wunderschönste junge Frau, die er jemals gesehen hatte. Sie war jünger als erwartet, höchstens neunzehn. Ihre unglaubliche Mähne, die jedermann im Gedächtnis zu bleiben schien, fiel in prachtvollen Locken über ihre Schultern. Sie sah aus wie ein präraphaelitischer Engel. Sie besaß große graue Augen mit dunklen Wimpern, und ihr Augenaufschlag sandte Schauer über sein Rückgrat.

    »Was gibt’s?«, fragte sie kalt. Prescott wurde bewusst, dass er sie anstarrte. Er kramte nach seinem Dienstausweis.

    »Polizei …«, stammelte er schwach.

    »Äh, mein Name ist Sergeant Prescott …« Sie würdigte den Ausweis keines Blickes. Wahrscheinlich hatte er

    »Polizei« auf die Stirn gestempelt.

    »Und? Was gibt’s?«, wiederholte sie ihre Frage.

    »Äh, Miss Drago …?« Er hatte Mühe, sich zusammenzureißen und die Initiative zu ergreifen.

    »Ja«, sagte sie und vernichtete mit diesem einen Wort seine Bemühungen. Ein Hauch von Ungeduld in ihrer Stimme zeigte an, dass er offensichtlich ganz besonders langsam war.

    »Ich würde gerne mit Ihnen reden«, murmelte er. O Gott, nein!, dachte er gequält. Hätte ich das nicht besser sagen können? Wahrscheinlich wollte jeder Mann auf der Welt ununterbrochen mit ihr reden. Er fühlte sich unbeholfen, dumm und albern.

    »Worüber?« Sie hob die Augenbrauen. In ihren grauen Augen schimmerte eine Spur von Neugier. Wenigstens hatte sie ihm nicht einfach die Tür vor der Nase zugeknallt, als wäre er einer von vielen unbeholfenen Tölpeln, die ihre Bekanntschaft suchten.

    »Es geht um Mr Penhallow«, sagte Prescott und machte einen unwiderruflichen Schritt nach vorn. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Leichnam im Garten von Tudor Lodge nichts weiter als der Gegenstand einer Morduntersuchung gewesen. Prescott hatte Andrew Penhallow nicht persönlich gekannt. Und mit einem Toten konnte man keine Bekanntschaft mehr schließen. Er hatte den üblichen dezenten Respekt vor dem Toten und Mitleid mit den Angehörigen des Opfers empfunden, doch das änderte sich nun alles mit einem Schlag. Nun, ganz unvermittelt und sogar noch im Tod, war Andrew Penhallow zu einem Rivalen geworden. In Prescotts Brust tobte ein Widerstreit von Gefühlen, als er erkannte, dass Penhallow dieser wunderschönen Frau nahe gestanden hatte, so nah, wie man sich

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