Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)

lange Silhouette, die gegen das Licht am Strand auftauchte.
    Es war Lieutenant Augustin Monot.

Kapitel 23
    » Und was machen wir jetzt?«
    Vivianes Gesicht erhellte sich. Willy hatte gesprochen! Darauf hatte sie seit dreißig Stunden gewartet. Sie schlug die Gedichte an Lou zu, die Augustin Monot ihr mitgebracht hatte, und nahm seine Hand. » Sie dürfen sich nicht anstrengen. Sie haben eine Gehirnerschütterung. Wir sind im Krankenhaus von Rhodos, auf der Intensivstation.«
    » Und unser Fall, wie geht es dem?«
    » Gelöst. Lieutenant Monot ist da, er hat alles in Ordnung gebracht. Es wird kein Aufsehen geben. Der Fall wurde schon den regionalen Medien vorgestellt, alles läuft gut.«
    » Aber… der Tod von Animateur-Koko und Königin…«
    » Ein doppelter Selbstmord. Der beste Freund und die untröstliche Witwe– können Sie sich nicht vorstellen, wie traurig sie nach Kings Tod waren? Verzweifelt sind sie ihm ins Jenseits gefolgt. Monot hat den .4 5-C olt wiedergefunden: Wir hatten ihn übersehen, er war unters Bett gerutscht. Er hat im Nachttisch auch einen Brief gefunden, den alle beide unterschrieben haben und in dem sie ihre Tat erklären. Ein wunderschöner Brief. Es gibt darin sogar ein paar Verse aus Baudelaires ›Der Tod der Liebenden‹. Soll ich sie Ihnen aufsagen?
    Ein Abend rosa, mystisch blau erblüht,
    Wir tauschen einen Blitz, der uns durchglüht
    Wie langes Schluchzen, schwer von Abschiedsschmerzen …
    » Ganz hübsch. Und wie haben Sie das mit King gelöst?«
    » Stellen Sie sich vor, die Untersuchungen haben ergeben, dass auch er sich umgebracht hat: Er hat den Scherz von Königin zu ernst genommen, die sich seinen Blicken nackt auf dem Belvedere präsentierte, um ihn eifersüchtig zu machen, während er gerade einen Scheinwerfer montierte. Ein sinnloses Missverständnis. Er hat sich erhängt, nachdem er sich den ganzen Nachmittag auf dem Mast versteckt hatte. Der Gerichtsmediziner hatte sich getäuscht. Die Wunde an seinem Herzen stammt von einer sehr dicken Sicherheitsnadel, die seine Tunika zusammenhielt: Sie hat sich geöffnet und ist in seinen Körper eingedrungen, als man den Leichnam abgeknüpft hat.«
    » Und unsere Liebschaft am Strand?«
    » Kommen Sie, Willy, tun Sie nicht so unschuldig. Erinnern Sie sich nicht? Sie und ich haben die Nacht verliebt unter einem Boot verbracht, Zecher-Koko hat uns erwischt! Sie wissen doch, wie verliebt er in mich war! In seiner Wut hat er vier Kugeln auf uns abgeschossen, er hat uns verpasst, dann aber versucht, Sie mit einem Ruder zu erschlagen. Zum Glück, oh mein Schatz, habe ich Sie verteidigt, wie ich nur konnte. Er ist geflüchtet, man weiß nicht wohin, man wird ihn nie wiedersehen.«
    » Im Ernst jetzt?«
    » Ganz und gar. Während Monot sich um Sie gekümmert hat, habe ich mich um Zecher-Koko gekümmert. Er hatte Schwierigkeiten sich zu artikulieren, der Arme. Aber als ich ihm mit Ihrem Speer die Kehle zugedrückt habe, ging es besser, er war bereit, auf alle meine Fragen zu antworten.«
    » Was hat er Ihnen erzählt?«
    » Vieles hatten wir uns schon zusammengereimt, aber noch nicht alles: Er fürchtete schon seit einiger Zeit, dass sein Geschäft entdeckt worden sein könnte. Die freundschaftlichen Gefühle, die King für Brigadier Vermeulen hegte, bereiteten ihm Sorgen. Später, als Liliane Gadret an einer Überdosis starb, hat er ihren Tod manipuliert, um den Verdacht von sich abzulenken. Doch er wurde panisch, als er sie am Strand wiederfand, genau unterhalb des Nachtclubs, als hätte man sie dorthin gebracht, um ihn anzuschuldigen. Er wähnte sich im Fadenkreuz der Ermittler und hat einige Portionen Koks in den Koffern der Toten versteckt, um zu beweisen, dass sie sich außerhalb des Dorfes versorgt hat. Später, als er erfuhr, dass ich von der Polizei war, hat er eines Abends meine Lodge durchsucht, um Unterlagen über unsere Ermittlungen zu finden. Er hat nur den .4 5-C olt gefunden und ihn mitgenommen, um seine Flucht oder seine Ladung abzusichern, wenn nötig. Kurz, dieser kleine Herr hat sich sehr wichtig genommen.«
    » Wo ist er jetzt, der kleine Herr?«
    » Da seine Lieferungen übers Meer aus der Türkei kamen, haben wir sie samt Empfänger an den Absender zurückgeschickt. Das Dingi ist heute Nacht bis in den Hafen von Fethiye geschleppt worden. Zecher-Koko war an Bord eingeschlafen, nachdem er versehentlich eine dreifache Dosis Schlafmittel eingenommen hatte. Er wurde vor dem Zollbüro abgesetzt, samt blauem Karton.«
    »