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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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die das Haus beobachtet haben?« fragte Ryan anstelle einer Begrüßung.
    »Die sind am Hinterausgang«, antwortete Charbonneau.
    »Ist er drin?«
    »Seit das Team um Mitternacht herkam, hat niemand das Haus verlassen. Vielleicht ist er noch im Bett und schläft.«
    »Was ist mit dem Hintereingang?«
    »Wurde die ganze Nacht über beobachtet«, sagte Charbonneau. »Außerdem haben wir Leute auf beiden Seiten des Blocks und einen Wagen auf der Rue Martineau.« Er deutete mit dem Daumen die Straße entlang. »Wenn der Nachthemdfreak da drinnen ist, dann entkommt er uns nicht.«
    Ryan wandte sich an Bertrand. »Hast du den Haftbefehl?«
    Bertrand nickte. »Er ist für den Bewohner der Rue Séguin Nummer 1436. Appartement Nummer 201. Herzlichen Glückwunsch«, imitierte er einen Showmaster, der den Gewinner der Zuschauerfrage vorlas.
    Wir blieben einen Augenblick vor dem Haus stehen und betrachteten es wie einen Gegner beim Boxkampf. Während wir uns auf die Festnahme vorbereiteten, kamen zwei schwarze Jungs um die Ecke und gingen die Straße entlang. Aus ihrem Ghettoblaster schallte laute Rapmusik. Sie trugen Basketballstiefel und Hosen, die so weit waren, daß eine Kleinfamilie bequem darin Platz gefunden hätte. Auf ihren T-Shirts prangten Embleme der Gewalt. Eines war ein Totenkopf mit hervorquellenden Augäpfeln, das andere zeigte einen Sensenmann mit Sonnenschirm. Tod im Urlaub. Der ältere Junge hatte einen kahlrasierten Kopf, auf dem ganz oben ein Oval von Haaren stehengeblieben war, der andere trug Rastafari-Locken.
    Die Erinnerung an Gabbys Locken schoß mir wie ein stechender Schmerz durch den Kopf.
    Später, sagte ich mir. Nicht jetzt. Ich zwang meine Gedanken zurück in die Gegenwart.
    Wir warteten, bis die Jungen ein naheliegendes Gebäude betreten und die Tür geschlossen hatten, was die Rapmusik mit einemmal verstummen ließ. Ryan blickte die Straße hinauf und hinunter, dann wandte er sich an uns.
    »Alles bereit?«
    »Schnappen wir uns den Hurensohn«, sagte Claudel.
    »Luc, du bleibst mit Michel am Hinterausgang. Wenn er abhaut, packt ihr ihn.«
    Claudel blinzelte, legte den Kopf schief, als wolle er etwas sagen, schüttelte ihn aber dann und schnaubte durch die Nase. Dann setzten er und Charbonneau sich in Bewegung, ohne sich Ryans abschließenden Satz anzuhören.
    »Das hier läuft genau nach Vorschrift«, sagte er mit ernstem Blick. »Diesmal darf uns kein Fehler unterlaufen.«
    Die beiden Detectives von dem CUM gingen über die Straße und verschwanden hinter dem Haus.
    Ryan wandte sich an mich.
    »Fertig?«
    Ich nickte.
    »Möglich, daß das der Kerl ist, den wir suchen.«
    »Ja, Ryan, das weiß ich.«
    »Sind Sie in Ordnung?«
    »Großer Gott, Ryan…«
    »Dann los.«
    Während wir die eiserne Treppe hinaufstiegen, spürte ich, wie sich die Angst in meiner Brust breitmachte. Die Haustür war nicht abgeschlossen, und so traten wir in einen schmuddeligen Hausgang mit gekacheltem Fußboden. An der rechten Seite befanden sich die Briefkästen, unter denen ein Stoß Anzeigenblätter lag. Eine Tür führte weiter ins Innere des Hauses. Bertrand öffnete sie. Auch sie war nicht abgeschlossen.
    »Echt sicherheitsbewußt, die Leute hier«, sagte Bertrand.
    Wir betraten einen stickigen, heißen Korridor, in dem es nach altem Bratfett roch. Ein abgetretener Teppich, der in Abständen von einem Meter von Metalleisten festgehalten wurde, führte in den hinteren Teil des Gebäudes und dort eine Treppe hinauf. Über den Teppich hatte jemand eine Plastikfolie gelegt, die vor lauter Schmutz fast undurchsichtig war.
    Als wir hinauf in den ersten Stock stiegen, machten unsere Schritte auf dem Plastik quietschende Geräusche. Appartement Nummer 201 war das erste auf der rechten Seite. Ryan und Bertrand nahmen beiderseits der Tür Aufstellung, den Rücken an die Wand gelehnt, die Jacketts geöffnet, die Hände an den Griffen ihrer Waffen.
    Ryan bedeutete mir, mich neben ihn zu stellen. Ich preßte mich flach an die Wand und spürte, wie sich meine Haare in dem rauhen Putz verfingen. Ich atmete tief ein. Die Luft roch nach Moder und Staub, gewürzt mit Ryans Schweiß.
    Ryan nickte Bertrand zu, und meine Angst stieg mir bis in die Kehle.
    Bertrand klopfte an die Tür.
    Nichts.
    Er klopfte nochmal.
    Wieder keine Antwort.
    Ryan und Bertrand spannten die Muskeln an. Mein Atem beschleunigte sich.
    »Polizei. Öffnen Sie die Tür!«
    Weiter hinten im Gang ging leise eine andere Tür auf. In einem Spalt, der so breit war,

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