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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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des Müllsacks zu sehen war. Ich vermutete, daß sich sein Inhalt mit fortschreitender Verwesung verschoben hatte und einige Knochen sich nicht mehr an ihrem angestammten Platz befanden. Falls es in dem Sack überhaupt Knochen gab.
    Als ich der Meinung war, genügend Erde entfernt zu haben, legte ich die Schaufel beiseite, packte den Knoten des Sacks und zog langsam daran. Wie in der vergangenen Nacht rührte sich nichts. Fast kam es mir so vor, als stecke unterhalb des Sackes jemand in der Erde und veranstalte ein makabres Tauziehen mit mir.
    Ich wischte mir die Hände an den Hosenbeinen ab, packte den Sack so tief unten wie ich konnte und zog ruckartig daran. Jetzt endlich bewegte er sich. Auch wenn die Erde ihren Schatz noch nicht vollständig freigeben wollte, so hatte sie wenigstens ihren Griff gelockert. Ich konnte spüren, wie sich der Inhalt des Sacks ein wenig verschob. Ich holte tief Luft und zog noch einmal, aber nicht zu fest, denn ich wollte den Sack nicht zerreißen. Wieder bewegte er sich ein Stück.
    Nun stemmte ich mich mit den Füßen noch besser ab, und als ich noch einmal an dem Sack zog, schien mein imaginärer unterirdischer Gegner das Tauziehen aufzugeben. Ich schloß meine Finger noch etwas fester um den Knoten und beförderte den Sack Zentimeter für Zentimeter langsam aus der Grube.
    Als ich ihn vollständig aus der Erde gelost hatte, stellte ich ihn ab und trat zurück. Vor uns lag ein ganz normaler Müllsack, wie man ihn in unzähligen Küchen und Garagen in Nordamerika finden kann. Der Sack war intakt und von seinem Inhalt unförmig ausgebeult. Daß er nicht besonders schwer war, beunruhigte mich ein wenig. Wenn sich darin nur die Überreste eines toten Hundes befanden, hätte ich mich ganz schön blamiert.
    Nachdem Cambronne seine Markierungstafel neben den Müllsack gestellt und eine Reihe von Aufnahmen gemacht hatte, zog ich einen Handschuh aus und holte mein Schweizer Offiziersmesser aus der Hosentasche.
    Als Cambronne fertig war, kniete ich mich neben den Sack. Obwohl meine Hände stark zitterten, gelang es mir nach mehreren Versuchen, die Klinge des Messers herauszuklappen. Der Edelstahl glitzerte in der Sonne, als ich sie knapp unterhalb des Knotens ansetzte. Ich spürte, wie fünf Augenpaare auf mich gerichtet waren.
    Ich blickte nach hinten zu LaManche, dem eben ein Schatten über seine faltigen Züge huschte. Einen Augenblick lang fragte ich mich, wie wohl mein eigenes Gesicht in diesem Licht aussehen mochte. LaManche nickte, und ich ging daran, den Sack aufzuschneiden.
    Kaum hatte ich aber die Klinge angesetzt, als ein Geräusch mich innehalten ließ. Wir alle hörten es gleichzeitig, aber es war Bertrand, der unser aller Gedanken in Worte faßte.
    »Was ist denn das, verdammt noch mal?« fragte er.

17
    Das hysterische Bellen eines Hundes mischte sich mit menschlichen Stimmen. Kurze, abgehackte Schreie hallten durch den Wald, aber ich konnte die Worte nicht verstehen. Das ganze Durcheinander trug sich links von uns auf dem Klostergelände zu. Mein erster Gedanke war, daß der Angreifer von gestern nacht zurückgekehrt sei und nun von sämtlichen Polizisten der Provinz und mindestens einem Schäferhund verfolgt werde.
    Ich sah Ryan und die anderen an, die ebenso angewurzelt dastanden wie ich. Selbst Poirier hatte aufgehört, an seinem Schnurrbart herumzuzwirbeln, hatte aber immer noch die Hand an der Oberlippe.
    Das Geräusch eines Menschen, der sich rasch und ohne auf herabhängende Zweige zu achten durchs Unterholz kämpfte, löste den Bann. Alle unsere Köpfe drehten sich wie auf einen stummen Befehl hin gleichzeitig in die Richtung, aus der jetzt eine laute Stimme kam.
    »Lieutenant Ryan, sind Sie hier drüben?«
    »Ja.«
    » Sacré bleu .« Blätter raschelten und Zweige knackten, und vor uns tauchte ein Polizist der SQ aus dem Unterholz auf, der laut schnaufend einen dicken Ast zur Seite bog. Der Schweiß stand ihm in großen Tropfen auf der Stirn, und die wenigen Haare, die der Mann noch hatte, klebten ihm klatschnaß am Kopf. Als er uns sah, legte er die Hände auf die Knie und beugte sich nach Luft ringend so weit vor, daß ich auf seiner Glatze die roten Striemen sehen konnte, die herabhängende Äste ihm beigefügt hatten.
    Dann richtete er sich wieder auf und deutete mit dem Daumen in die Richtung, aus der er gekommen war. Mit atemloser Stimme, die klang, als würde Luft durch einen verstopften Filter gepreßt, keuchte er: »Sie sollten sich das besser mal

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