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Tote Pracht

Tote Pracht

Titel: Tote Pracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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behauptete, daß die Morde auf das Konto ihres Mannes gingen, der dann
mit einem UFO weggeflogen wäre) auf dem Notruftelefon der Polizei eingegangen.
Im Gegensatz zu anderen Serienmördern, wie dem Zodiac, war der Täter weder mit
der Presse noch mit der Polizei in Kontakt getreten. Falls er weiter mordete,
würde die Presse wohl bald lauter protestieren und Panik ausbrechen; der
ohnehin schon beträchtliche politische Druck auf das Morddezernat würde sich
noch verstärken.
    Ich überflog die Akten der anderen
Opfer und wandte mich dann Hilderlys Fall zu, um herauszufinden, wo er am Abend
seines Todes gewesen war. Sein Arbeitgeber, ein Gene Carver von der Tax
Management Corporation, hatte ausgesagt, daß Hilderly an jenem Abend lange
gearbeitet hätte. Ich runzelte die Stirn: er war erst vorletzte Woche
erschossen worden, als die arbeitsreiche Zeit im Anschluß an die Steuertermine
schon längst vorbei war. Warum hatte er so lange gearbeitet? Dann las ich
weiter: Hilderly und sein Chef hatten die Bilanzunterlagen für einen ihrer
wichtigsten Mandanten vorbereitet. Carver sagte aus, er selbst habe das Büro um
ein Uhr morgens verlassen und Hilderly angeboten, ihn heimzufahren; Hilderly
habe abgelehnt, weil er noch etwas fertigmachen wollte.
    Ich seufzte und lehnte mich in Gregs
Stuhl zurück. Ich konnte verstehen, warum man bei der Polizei mit dem
bisherigen Verlauf der Ermittlungen unzufrieden war. Die einzigen Verbindungen
zwischen den Opfern, die bis jetzt festgestellt werden konnten, waren die Todesumstände
und die identischen Kugeln. Offensichtlich hatten die Opfer einander nicht
gekannt, und sie hatten auch nur wenige Gemeinsamkeiten. Über den
Gaststättenangestellten, der offenbar noch zurückgezogener gelebt hatte als
Hilderly, war am wenigsten bekannt. Im Gegensatz zu den anderen Opfern war er
nie lange am gleichen Ort gewesen, und seine Vergangenheit wies große Lücken
auf. Alles sah danach aus, als ob der Mörder seine Opfer wahllos traf. Ich
beneidete Greg nicht um diesen Fall.
    Nach einer Weile schaute ich auf die
Uhr und stellte fest, daß es fast zwei war. Greg — der in einer Besprechung mit
dem stellvertretenden Leiter seiner Einheit war — würde offensichtlich nicht so
bald zurückkommen. Ich benutzte sein Telefon und rief in der Kanzlei an. Es
lagen keine wichtigen Nachrichten vor, und ich beschloß, mir noch schnell einen
Hamburger einzuverleiben, bevor ich beim Fernsehsender KSTS vorbeischaute. Auf
dem Weg zu den Fahrstühlen durchquerte ich den Mannschaftsraum, in dem
hektischer Betrieb herrschte. Im Vorbeigehen warf ich Inspektor Wallace einen
Gruß zu. Er wollte mich zu sich heranwinken, aber ich schüttelte den Kopf und
deutete auf meine Uhr. Mein Magen knurrte ganz erbärmlich; wenn ich noch etwas
zu Mittag essen wollte, mußte ich mich beeilen.
     
    Kurz vor drei erreichte ich das
Fernsehstudio am Embarcadero im Schatten der Bay Bridge, nur wenige
Häuserblocks von dem geplanten neuen Sportstadion im Stadtzentrum entfernt. Das
Haus war ein unförmiges Ziegelmonster, von dessen Flachdach ein Antennenwald
aufragte. Früher hatte es als Fabrikgebäude einer Bäckerei gedient, die in den
sechziger Jahren Pleite gemacht hatte. Das Pflaster war von Bahngleisen
durchzogen. Auf der anderen Seite des Boulevards, der die Stadt hier an der
Bucht entlang abschloß, befanden sich drei Kais. Sie dienten aber nicht mehr
der Schiffahrt, hier hatten Architekten und Immobilienmakler ihre Büros. Rechts
davon befand sich die Bootsstation der Feuerwehr von San Francisco.
    Der Lärm der Autos und Laster, die auf
der Brücke und ihren Zubringern unterwegs waren, übertönte alle anderen
Geräusche; die massiven Betonwände der Kais versperrten mir fast völlig den
Blick auf das Wasser. Zumindest in diesem Teil der Stadt herrschte warmes und
sonniges Wetter. Auf der breiten Promenade hinter der Feuerwehr-Bootsstation
saßen die Leute auf Bänken oder lehnten an der Kaimauer und genossen den Blick
auf Treasure Island; Jogger trampelten daher und schienen die Schönheit ihrer
Umgebung überhaupt nicht wahrzunehmen. Nachdem ich aus dem Auto gestiegen war,
sah ich ein Boot der Küstenwache vorbeifahren. Dann drehte ich mich um und
betrat die Eingangshalle des Fernsehstudios.
    Die Halle war in modernen Grau- und
Schwarztönen gehalten. An den Wänden hingen Fotos irgendwelcher Fernsehgrößen.
Während ich wartete, bis der Mann an der Rezeption — der Telefonanrufe
beantwortete, Leute weiterverband, um etwas

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