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Tote Stimmen

Tote Stimmen

Titel: Tote Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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hatte auch sehr abgenommen. Dieser robuste, starke Mann wirkte jetzt schmalbrüstig und schwächlich, leicht vorgebeugt, als sei etwas mit seinem Rücken nicht in Ordnung. Die alten Muskeln hingen herunter wie schlaffe, unnütze Stränge. Seine Augen hatten immer noch jenen grausamen Ausdruck, aber eines schien in die falsche Richtung zu schielen, als hätte er es herausgenommen und falsch wieder eingesetzt.
    Curries Gefühl verstärkte sich. Unbehagen erfasste ihn.
    »Mr. Carroll?« Er hielt seine Dienstmarke hoch. »Detective Currie, Detective Swann. Wir würden Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«
    Frank Carroll starrte ihn an.
    Currie verspürte einen merkwürdigen Drang, sich zu kratzen.
    »Kommen Sie rein.«
    Er warf seinem Kollegen einen Blick zu, als sie Carroll in seine Wohnung folgten, schloss die Tür hinter ihnen und verzog dann das Gesicht, als der Gestank im Haus ihm entgegenkam. Es war, als hätte ihm jemand Ammoniak unter die Nase gerieben. Der kleine Flur roch nach altem Schweiß.
    Der Mann ging langsam und vorsichtig vor ihnen ins Wohnzimmer. Der Raum war in einem ekelhaften Zustand. Der Teppich staubbedeckt,
wahrscheinlich auch voller Flöhe
, dachte Currie, und die alte Tapete war gelb und fleckig. Auf dem schmutzigen Tisch stand ein Aschenbecher voller Kippen, und Stöße zerfledderter Zeitungen und Zeitschriften waren an den Wänden aufgereiht. Die Luft wirkte dunstig und grau.
    Carroll setzte sich unbeholfen auf eine Zweisitzercouch, wobei seine knochigen Knie sich gegen die schmierige Trainingshose drückten.
    »Ich weiß, warum Sie hier sind«, sagte er.
    »Ach ja? Sagen Sie’s uns doch.«
    »Wegen dieser Mädchen.« Carroll schniefte herablassend. »Ich hab euch im Fernsehen gesehen, wie ihr über sie gesprochen habt. Ich habe euch deshalb sofort erkannt.«
    »Sehr gut beobachtet. Einmal Polizist, immer Polizist, was?«
    »Ich bin nicht mehr bei der Polizei.«
    »Ja, das wissen wir.« Currie sah sich um und betrachtete das Wohnzimmer etwas genauer.
An dem Kerl ist auch nicht gerade ein Innenarchitekt verlorengegangen.
Er schaute wieder zu dem alten Mann hin. »Das erklärt aber nicht, warum Sie uns erwartet haben.«
    Carroll sah ihn nur an, eine leise Andeutung von Belustigung blitzte in seinen Augen auf.
    Currie ging in seiner Vorstellung eine Liste mit Bildern durch, um das zu finden, an das er sich erinnert fühlte, und hatte es schnell. Der schlaue Alte, der sich produziert, einer, der alles schon mal gesehen hat.
Du machst mir keinen Eindruck, Kleiner
.
    »Wir fanden Ihre Akte interessant. Es gibt da einige eigenartige Ähnlichkeiten. Doch das haben Sie ja bestimmt schon bemerkt, oder? Da Sie so gut beobachten.«
    Carroll lächelte, und seine Lippen verschwanden nahezu. »Das erklärt aber nicht, wieso Sie sich meine Akte ansehen. Haben wir vielleicht einen Anruf erhalten?«
    Swann ging zur Wand hinüber und gab einem Stoß Zeitungen einen Schubs mit dem Fuß. Carrolls Blick zuckte zu ihm hinüber, genauso schnell wie die Spinne, die Currie sich vorgestellt hatte. Swann lächelte.
    »Gibt es hier drin etwas, über das wir Bescheid wissen sollten, Frank?«
    »Jede Menge
Nachrichten aus aller Welt
.« Er sprach die Worte so langsam aus, als seien sie ihm nicht vertraut.
    »Nachrichten sind faszinierend«, stimmte Swann zu. »Je älter, desto besser. Haben Sie vor, etwas aus Pappmaché zu basteln oder so?«
    »Hier ist nichts Illegales, wenn Sie das meinen«, sagte Carroll. »Wieso sollte so was da sein?«
    Currie sagte: »Weil Sie kleine Mädchen mögen. Oder zumindest mochten. Fünfzehn Jahre, verkürzt auf zehn. Ich war ziemlich entsetzt, als ich die Akte las. Ihre eigene Tochter, Frank.«
    Er hatte auch ein Foto von Mary Carroll in der Akte gesehen. Sie sah wesentlich jünger aus als fünfzehn. Als das Bild aufgenommen wurde, trug sie ein weißes T-Shirt, und ihr Gesicht war eingefallen und hager, mit dunklen Ringen unter den verängstigten Augen. Eines war fast zugeschwollen. Ihr strähniges blondes Haar sah aus, als sei es schon seit einer Woche nicht gewaschen oder gekämmt worden.
    »Ich habe keine Tochter«, sagte Carroll.
    »Traurigerweise für Ihre Tochter haben Sie doch eine«, sagte Currie. »Und auch einen Sohn. Obwohl ich bezweifle, dass Sie von den beiden Geburtstagskarten bekommen. Kommt das oft vor?«
    »Für mich sind sie tot.«
    »Na, wir wissen ja alle, was Sie ihr angetan haben.«
    Carroll wendete sich ihm langsam zu.
    »Allerhand.«
    Currie strengte sich an,

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