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Tote Stimmen

Tote Stimmen

Titel: Tote Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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hören, ob alles klargeht später?
    Hoffentlich – ich freu mich. Tor xx
    Ich lächelte – sie unterschrieb immer so – und schickte dann eine Antwort:
Auf jeden Fall. Freu mich auch.
    Das war das einzig Gute, was in letzter Zeit geschehen war. Tori war Ende voriger Woche aus dem Krankenhaus entlassen worden, und wir wollten uns am Abend zu einem Drink und zum Reden treffen.
    Aber wenn es nichts wird mit ihr, bin ja immer noch ich da.
    Bei der Erinnerung daran regte sich in meinem schweren Herzen eine bescheuerte Hoffnung, aber ich sagte mir, ich sollte es vergessen. Dann legte ich mein Telefon auf den Beifahrersitz und ließ den Motor an.
     
    Ich traf Tori um halb sieben im Sphere. Das rechteckige Einkaufszentrum mit dem umstrittenen Namen mitten in der Stadt bestand fast vollständig aus Modegeschäften, Schmuckläden und einer Handvoll teurer Restaurants. Bisher hatte ich allerdings nie Anlass gehabt, eins davon zu betreten. Ich setzte mich auf eine Bank im Erdgeschoss. Zu dieser Zeit am Abend waren die Läden entweder schon zu oder schlossen gerade, aber in den Passagen waren noch viele Menschen unterwegs, die nach der Arbeit hier entlangkamen, Schlipsträger und Studenten. Von einem der oberen Stockwerke hinter der Rolltreppe hörte ich die Geräusche wartender Kinobesucher und klappernder Spielautomaten. Ganz in der Nähe stapelte eine Bedienung Teller auf dem Arm und trug sie von der Terrasse nach drinnen, während ein schlaksiger Sicherheitsbediensteter vorbeischlenderte.
    »Hi.« Tori stieß mich an der Schulter an, und ich drehte mich um.
    »Hi«, sagte ich. »Ich dachte, du würdest von der anderen Seite kommen.«
    Sie lächelte. »Muss dich doch auf Trab halten.«
    Ich stand auf, und wir umarmten uns. Sie legte ihr Gesicht an meine Brust, und wir blieben ein paar Sekunden so stehen –
es ist so schön, dich zu sehen
 –, dann fuhr ich ihr über den Rücken, und wir lösten uns voneinander. Ich ließ meine Hände einen Moment auf ihren Oberarmen liegen und erwiderte ihr Lächeln.
    »Siehst
gut
aus.«
    »Oh, danke, aber ich seh grässlich aus, und ich weiß es.«
    Na ja, ein bisschen vielleicht. Ihre Haut war in schlechtem Zustand, und das Make-up, das sie aufgetragen hatte, war etwas ungleichmäßig, aber das machte nichts aus. Teilweise hatte mich Tori immer deshalb angezogen, weil sie hübsch war, aber sich nicht allzu sehr um nicht kaschierte Schönheitsfehler kümmerte, denn in Bezug auf sich selbst war sie genauso aufrichtig wie in allen anderen Dingen.
    »Ich finde, du siehst gut aus.« Ich hielt ihr meinen Arm hin. »Gehen wir?«
    Entschlossen hakte sie sich unter. »Also los.«
    Wir gingen ins Ivy, ein schickes Weinlokal am Rand des Komplexes. Früher war es eine kunstvoll verzierte Hotelhalle gewesen, und die Erinnerung an die früheren, besseren Zeiten schien noch präsent, fast so, als sehe sich nun ein alter, untadelig gekleideter Butler gezwungen, voller Empörung eine Familie verkommener Nachfahren zu bedienen. Die Palmen, die hier und da in riesigen bauchigen Vasen standen, wirkten unglaublich fehl am Platz. Die Tische und Stühle waren alle aus schwarzem Draht, und ungefähr die Hälfte war von gutgekleideten Paaren oder von Geschäftsleuten besetzt, die bei ihren Gästen Eindruck machen wollten. Ich holte mir ein Guinness und für Tori eine Cola light, bekam herzlich wenig Rückgeld auf einen Zehner, und dann suchten wir uns einen Platz. Ein vergoldeter Ventilator drehte sich summend an der Decke.
    »Cheers«, sagte ich, und wir stießen an. »Auf deine Freiheit.«
    »Danke. Es ist schön, wieder draußen zu sein.«
    »Und ist jetzt alles wieder in Ordnung?«
    Sie zog eine Grimasse, als falle es ihr schwer, darauf zu antworten. Ich dachte daran, wie sie mir am Anfang von ihrer Krankheit erzählt hatte, und versuchte mir vorzustellen, was sie jetzt fühlte.
    »Ich bin auf dem Weg«, sagte sie. »Es kommt noch jemand vorbei, der sich um mich kümmert, aber es sieht aus, als hätte ich wieder Tritt gefasst.«
    »Das ist gut.«
    »Im Moment jedenfalls.«
    »Es war komisch, dich dort zu besuchen. Nicht so, wie ich erwartet hatte.«
    Tori sah mich an und hatte den Kopf etwas belustigt zur Seite geneigt. »Ich kann mich gar nicht daran erinnern, dass du da warst. Aber ich bin dir dankbar dafür.«
    »Du erinnerst dich nicht?« Unwillkürlich war ich tief enttäuscht. Wenn sie sich nicht an meinen Besuch erinnerte, dann wusste sie auch nicht mehr, was sie gesagt hatte. »Ich war zur

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