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Tote Stimmen

Tote Stimmen

Titel: Tote Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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oben zwei Karten herausschauten.
    »Was ist das?«, sagte ich.
    »Für morgen Abend. Ich möchte, dass du Sarah mitnimmst.«
    »Was? Aber du hast dich doch so darauf gefreut.«
    »Ja, aber eigentlich ist es vernünftiger, wenn ich nicht hingehe.« Er sah enttäuscht aus. »Seine Leute könnten mich erkennen.«
    Rob war im Jahr zuvor um die Zeit unserer Enthüllungen herum zusammen mit Thom Stanley in einem Fernsehbeitrag zu sehen gewesen. Ich glaube, was dort geschah, würde sich höflich als »ein unglücklicher Zwischenfall auf Sendung« umschreiben lassen. Es hatte auch Vorwürfe gegeben, dass Stanley danach durch Anrufe belästigt worden sei, obwohl Rob heftig abstritt, etwas damit zu tun zu haben. Genauso leugnete er auch, einen Freund bei der Telefongesellschaft zu haben, der ihn mit Informationen wie privaten Telefonnummern und Adressen versorgen konnte.
    »Wir haben ja schon darüber gesprochen«, sagte ich. »Es ist unwahrscheinlich.«
    »Aber trotzdem möglich. Herrgott noch mal, Dave, willst du die Karte jetzt haben oder nicht? Ich meine, es könnte gut für dich sein. Da verbringt ihr ein bisschen mehr Zeit miteinander. Der Himmel weiß, ich hab genug davon, dich so oft zu sehen.«
    Ich gab auf und steckte die Karten in die Tasche.
    »Okay. Danke, Rob.«
    »Kein Problem.« Er nahm das Buch, tippte erwartungsvoll auf den Umschlag und hob die Augenbrauen. »Können wir das jetzt verbrennen?«
    Ich wollte schon nein sagen, aber dann überlegte ich es mir und dachte an meinen Vater und seine Lagerfeuer. Warum nicht?
    »Draußen.« Ich lächelte. »Auf der zweiten Gartenebene.«

12
    Donnerstag, 1. September
    W ar das mit allen schrecklichen Dingen so, fragte sich Mary, mit allem, wovor man Angst hatte? Man sah es kommen, ließ zu, dass es im Kopf immer weiter anwuchs, bis es riesige Ausmaße annahm, nur um dann enttäuscht zu sein, wenn es sich als banal herausstellte. Als unglaublich gewöhnlich.
    Es war kurz vor Mittag, sie saß in ihrem Auto vor einem Wohnblock und war innerlich fast absurd ruhig. Was sie in diesem Moment tat, war in den letzten zwölf Jahren der Gegenstand ihrer Alpträume gewesen, aber jetzt, wo es wirklich geschah, hatte es etwas Enttäuschendes.
    Es ging darum, ihren Vater wiederzusehen.
    In ihrer Phantasie hatte er immer eine solche mythische Macht gehabt, dass es sie fast schockierte, ihn nicht im Zusammenhang dieser Erinnerungen zu sehen.
    Er ist doch nur ein Mann
, sagte sie sich.
    Und doch zitterte sie und musste den Impuls unterdrücken, davonzufahren, denn jeder ihrer Instinkte sagte ihr, sie müsse das
sofort
tun. Es war entsetzlich und faszinierend, ihn zu sehen, so wie es faszinierend sein mag, an sich hinunterzublicken und die eigenen Gedärme auf seinem Schoß zu sehen.
    Nein
, sagte sie sich.
Du darfst nicht weglaufen
.
    Du musst irgendwann mit ihm fertig werden.
    Sie trank einen Schluck heißer Suppe aus der Thermoskanne, die sie mitgebracht hatte, und zwang sich, ihn zu beobachten. Eine Übung – sonst war es nichts. Sie bereitete sich auf den Tag vor, an dem er schließlich käme, um sie zu holen. Denn Mary wusste jetzt, dass das geschehen würde. Es war unvermeidlich. Nach Curries Besuch hatte sie sich niedergeschlagen und ohne Hoffnung gefühlt, aber es war ja immer schon dumm gewesen zu glauben, dass irgendjemand ihr helfen würde. Jetzt gab es nur zwei Möglichkeiten. Entweder ihr Vater würde auftauchen und sie würde zusammenklappen und wieder das kleine Mädchen von damals sein, oder er würde auf eine starke, erwachsene Frau stoßen, die bereit war für ihn. Dass er kommen würde, stand außer Zweifel. Also musste sie sich an ihn gewöhnen.
    Er ist über hundert Meter entfernt. Es ist hier vollkommen sicher.
    Im Lauf der Jahre hatte sie sich intensiv mit Risikoanalyse beschäftigt, und jetzt war sie ihr in Fleisch und Blut übergegangen. Wenn ihr Vater vom Hang zum Wohnblock hinunterschaute, war es möglich, dass er ihren Wagen sah, aber mehrere andere Autos parkten um sie herum, und es gab keinen Grund, dass er gerade ihres auswählen sollte. Wenn er das tat, würde er sie aus dieser Entfernung nicht erkennen können. Sie wäre nur eine Gestalt in der Ferne, nicht einmal eine Frau, schon gar nicht seine Tochter. Und wenn er entweder zufällig oder absichtlich näher käme, würde sie wegfahren, bevor er in Reichweite war. Es gab also mindestens drei Sicherheitsfilter zwischen ihnen, was bedeutete, dass sie nicht in Gefahr war.
    Als ob man sich mit Logik

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