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Tote Stimmen

Tote Stimmen

Titel: Tote Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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hatte.
    Ich holte tief Luft.
    Ich machte die Tür auf und spürte eine dumpfe Luftbewegung, fasste nach drinnen und schaltete das Licht an. Das Zimmer erwachte vor mir zu leuchtendem Leben.
    Und natürlich war es leer.
    »Wow«, sagte Sarah. »Das war das Zimmer deines Bruders?«
    Ich nickte.
    Es war, als öffne man eine Tür in eine andere Welt: ein stiller, vergessener Ort. Auf allem lag eine Schicht weichen, grauen Schnees. Die Bettwäsche, die Schränke, der Boden – alles war darunter verborgen. Ich schaute nach oben. In den Ecken hingen Spinnweben, und Staub schien in der Luft zu schweben.
    Mein Gesicht fühlte sich betäubt an.
    »Alles in Ordnung?«, sagte Sarah.
    »Ja, nur Erinnerungen.«
    Wieder überraschte sie mich. »Komm her.«
    Sie nahm mich fest in den Arm.
    »Wirklich«, sagte ich. »Ist schon gut. Es war nicht ganz so schlimm, wie ich erwartet hatte.«
    »Hey!«, rief Rob aus dem vorderen Zimmer. »Komm mal her und sieh dir das an!«
    Ich löste mich von Sarah, und sie rollte mit den Augen. Sie hatte ihn bereits durchschaut. Ich hatte sie im Voraus vor Rob gewarnt, dass er unglaublich nett, aber oft genauso abweisend und nervig sein konnte, besonders gegenüber Mädchen, mit denen ich ausging. Und ich hatte ihn auch vorgewarnt. Bis jetzt war sein Benehmen in Ordnung gewesen, und er nickte mir sogar anerkennend zu, als Sarah gerade wegschaute, was ein gutes Zeichen zu sein schien. Ihre Reaktion war eher halbe-halbe, aber im Moment schien sie mehr belustigt als ärgerlich.
    »Warte«, rief ich zurück.
    »Nein, die haben Stanleys Buch hier. Ich kann’s kaum glauben.«
    »Thom Stanley«, erklärte ich Sarah. »Das ist der Hellseher, von dem ich dir am Telefon erzählt habe. Derjenige, den wir, Rob und ich, uns morgen Abend anschauen.«
    Stanley war aus unserer Gegend, und wir waren wegen unserer Veröffentlichungen schon öfter in Konflikt mit ihm geraten; jede Seite feuerte auf die andere. Letztes Jahr hatten wir einen Artikel über seine Einkünfte gebracht, was eine ziemlich peinliche Überprüfung seiner Steuererklärung nach sich zog. Spiritisten mögen es nicht, wenn über das Thema Geld so offen gesprochen wird. Natürlich mochte er uns auch nicht besonders. Er wusste es noch nicht, aber bald würde er uns noch viel weniger mögen. Stanley würde als Thema unserer monatlichen Kolumne »Entlarvt« die Doppelseite in der Mitte unserer nächsten Nummer zieren.
    »Ach ja«, sagte Sarah. »Ich erinnere mich.«
    »Wir können das doch nicht an den Laden vom Wohltätigkeitsverband abgeben, oder?«, rief Rob. »Vielleicht kauft es tatsächlich jemand.«
    Ich hörte ihn in den Seiten blättern.
    »Vielleicht könnten wir es verbrennen.«
    »Warte doch mal ’n Moment.«
    »Schon in Ordnung.« Sarah lächelte mir zu. »Ich fang inzwischen mit der Speisekammer an.«
    Ich warf einen letzten Blick in Owens Zimmer und zog dann die Tür wieder zu.
    »Du bist ein Schatz«, sagte ich und meinte es ehrlich so.
     
    Ich fand Rob inmitten eines Bücherhaufens und offener Kartons kniend im vorderen Zimmer vor, wo er in dem Buch, das er gerade hielt, herumblätterte. Als ich hereinkam, hob er den Kopf und legte das Buch weg.
    »Mach die Tür zu.«
    Ich tat es. Er sah mich aufmerksam an.
    »Was?«, sagte ich.
    »Alles in Ordnung?«
    »Ja, klar. Was meinst du damit?«
    »Nichts.« Er stützte sich auf die Knie und stand auf. »Wollte nur nachfragen. Und sichergehen, dass mit dir alles in Ordnung ist. Mit dem Haus und so.«
    »Danke. Wie läuft’s bei dir hier drin?«
    Er stieß mit dem Fuß an einen Bücherstapel zu seinen Füßen. »Nicht schlecht. Es ist so viel Kram hier.«
    »Ich weiß.«
    »Wie kommst du in der Küche voran?«
    »Wir machen Fortschritte.«
    »Nicht mit dem Putzen, du Idiot. Ich meine, mit Sarah.«
    »Ach so. Ja, alles klar.«
    »Sie scheint sehr nett zu sein. Endlich mal eine, die ich mag.«
    »Gut. Freut mich.«
    Tatsächlich war das bei Rob ein hohes Lob. Wie skeptische beste Freunde das überall tun, hatte er den meisten der Mädchen, mit denen ich im Lauf der Jahre gegangen war, Spitznamen gegeben, und viele waren nicht gerade freundlich. Tori war »die Verrückte«. Emma »die Unglückliche«. Julie, verzeih’s ihm Gott, hatte er »die Nutte«, genannt.
    Zum Glück hatte er sich am Tag zuvor im Büro, als ich ihm erzählte, was passiert war, nicht so über sie geäußert. Aber er hatte mir den Kopf zurechtgerückt.
    Nachdem ich ihm von der Vernehmung erzählt hatte, war er uns beiden

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