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Tote Stimmen

Tote Stimmen

Titel: Tote Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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»senden«, bevor sie mich überwältigte.
    Dann schaltete ich das Handy wieder aus, ließ den Motor an und fuhr hinaus. Als ich die Rampe halb oben war, wurde ich durch ein Schild erinnert, die Scheinwerfer anzuschalten; dann holperte der Wagen hinaus in die Nacht, und ich war auf dem Weg nach Hause.

20
    Freitag, 2. September
    D
    u
rauchst zu viel
, sagte sich Mary.
    Aber das war in Ordnung.
    Als Teenager hatte sie den unbekümmerten, sicheren Flirt mit dem Tod genossen. Jedes Mal spürte sie das Einsaugen des Gifts auf ähnliche Weise wie den feinen Schnitt der Rasierklinge auf ihrer Haut. Ohne dass sie bewusst darüber nachzudenken brauchte, war ihr Rauchen immer als etwas erschienen, das sie in einem gewissen Gemütszustand hielt, als sorgte ein Teil von ihr immer dafür, dass sie bestraft wurde. Und dass sie sich langsam umbrachte, reichte meistens aus, um dieses Bedürfnis zu befriedigen.
    Einmal hatte draußen vor einer Bar ein Mann mit ihr gesprochen und zu ihr gesagt, dass nur interessante Leute rauchten. Er hatte gemeint, es hätte mit dem »Drang zur Selbstzerstörung« zu tun, als sei etwas Faszinierendes und sogar Romantisches daran und als sollten sich ihm vielleicht mehr Leute hingeben. Sie hatte sich einen Moment gefragt, wie interessant er es wohl finden würde, wenn sie die Zigarette auf ihrer Hand ausdrückte.
    Mary schnippte Asche aus ihrem Schlafzimmerfenster.
    Sie saß am einen Ende der Fensterbank und hatte die Beine ausgestreckt, so dass ihre kleinen Füße nebeneinanderlagen. Es war ein altes Haus. Das Fenster war eins von diesen altmodischen, die man einfach hochdrückte, dann blieb es wie durch Zauberei oben, bis man es wieder herunterzog.
    Rechts von ihr war etwa ein Meter kalte Nachtluft. Unten ein gepflasterter Hinterhof mit aufgerissenen Müllsäcken. Alle Häuser in dieser Straße hatten solche kleinen Höfe voller Dreck, weil man die Mülleimer zur Leerung nach vorn bringen musste und die meisten Leute zu faul dazu waren. Den meisten war es wohl egal.
    Sie nahm einen letzten Zug und warf die Zigarette in die Nacht hinaus. Aber sie blieb noch einen Moment länger sitzen. In der Gasse hinter den Häusern gab es keine Straßenlaternen. Alles sah blau oder schwarz aus, außer dem matten roten Punkt ihrer Zigarettenkippe.
    Mary konnte sich vorstellen, wie ihr Vater jetzt dort unten stand, sich in einer dunklen Ecke versteckte und sie beobachtete. Sie saß im hellen Licht. Er würde sie gut sehen können.
    Bist du da draußen?
, dachte sie.
    Es hatte lange gedauert, bis sie sich beruhigte, nachdem er sie an jenem Tag vor seinem Haus gesehen hatte. Sie war außer sich gewesen, weil es klar war, dass sie allein nicht mit ihm fertig werden würde, und doch musste sie das. Wenn er heute Abend nicht da unten war, dann würde er morgen dort sein. Und niemand würde ihn aufhalten.
    Aber nach und nach hatte sie eine Art Frieden mit dem Gedanken geschlossen. Das war die eine Möglichkeit; die andere war, verrückt zu werden. Statt des Schreckens, den ihr Körper bei dem Gedanken an ihn verspürte, versuchte sie sich zur Entschlossenheit zu zwingen, und es schien funktioniert zu haben. Letztes Mal hatte sein Anblick gewirkt, als sei ein Schlüssel in ihrem Inneren ins Schloss gesteckt worden, habe aufgeschlossen und alles herausgelassen. Das nächste Mal würde sie besser vorbereitet sein. Er war nur ein Mann.
    Das sagte sie sich immer wieder. Ein Mantra, das ihr durch den nahenden Wahnsinn hindurchhelfen würde.
    Nur ein Mann.
    Mary hüpfte hinunter und schloss das Fenster. Es glitt ruckelnd und quietschend herunter, und dann legte sie den Riegel vor. Trotz ihrer Anstrengungen roch das Schlafzimmer nach Rauch. Sie wusste nicht, warum sie sich überhaupt die Mühe machte …
    Das Telefon klingelte.
    Sie hielt ganz still und horchte auf das Geräusch, das durch das Haus gellte. Es gab keinen einzigen Menschen auf der Welt, der, soweit sie wusste, einen Grund hatte, sie anzurufen.
    Plötzlich war sie sich ihrer selbst nicht mehr so sicher.
    Das Geräusch wiederholte sich immer wieder hartnäckig und beunruhigend.
    Du musst es tun.
    Sie ging durch den Flur ins Wohnzimmer.
    Das Telefon hier hatte Anruferkennung, aber die Nummer auf dem Display war ihr unbekannt … und dann konnte sie sie einordnen. Die Vorwahl von Rawnsmouth. Die Nummer ihres Bruders.
    Zorn kam in ihr auf, als sie sich erinnerte, wie die Polizei sie gefunden hatte. Sie wollte eigentlich nicht mit ihm sprechen. Aber sie nahm

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