Tote Wasser (German Edition)
hat Peter Markham heute Morgen vorbeigebracht.» Perez wandte den Blick nicht vom Tisch. «Maria hat die Ausschnitte gesammelt. Alles Storys, die Jerry geschrieben hat. Peter meinte, sie könnten uns vielleicht weiterhelfen.»
«Und, tun sie das?»
Noch ehe er antworten konnte, läutete sein Handy. Er schaute aufs Display. «Das ist Peter Markham», sagte er.
«Dann sollten Sie wohl drangehen!» Wieder verspürte sie Ungeduld, den Wunsch, ihn anzuschreien.
Er nickte und drückte die Annahmetaste. Was am anderen Ende der Leitung gesprochen wurde, konnte sie nicht hören, und Perez’ Gesichtsausdruck ließ keinen Rückschluss darauf zu, ob Markham etwas Nützliches zu berichten hatte.
«Nun, vielen Dank, Peter. Es war richtig, dass Sie sich gemeldet haben.» Perez schaltete das Handy aus und blieb einen Augenblick lang schweigend sitzen.
«Und?»
«Ich hatte ihn gebeten, mal nachzusehen, ob beim Ravenswick Hotel auch eine von diesen Postkarten mit den Geigenspielern aufgetaucht ist.» Perez runzelte die Stirn.
«Und, ist eine aufgetaucht?»
«Nein.» Er blieb kurz still und wandte sich dann mit einem überraschenden, strahlenden Lächeln zu ihr um. «Aber das kann durchaus trotzdem von Bedeutung sein, hm? Wie dieser merkwürdige Zwischenfall mit dem Hund in der Nacht. In der Sherlock-Holmes-Geschichte. Die mit dem Hund, der nicht bellt.»
«Sie meinen, wenn die Markhams keine Postkarte bekommen haben, könnte einer von den Leuten im Ravenswick Hotel sie geschickt haben?» Am liebsten hätte sie ihn angebrüllt, er solle nicht in Rätseln sprechen, aber sie war so froh, dass er überhaupt wieder mit ihr sprach, und zugleich war sein Lächeln so gewinnend, dass sie ihre Zunge im Zaum hielt.
«Nun», sagte er, «das wäre die eine Möglichkeit.»
«Und die andere?»
Es schien ihn zu überraschen, dass sie seiner Logik nicht hatte folgen können. «Dass die Markhams mit dem Ganzen gar nichts zu tun haben, sieht man von ihrer Rolle als trauernde Eltern ab.»
«Glauben Sie das wirklich?» Sie wartete und merkte auf einmal, wie viel Wert sie auf seine Meinung legte.
Wieder schwieg er lange. «Ich bin mir nicht sicher», sagte er endlich. «Ich muss unbedingt mit Rhona sprechen. Mir wird wohler sein, wenn sie wieder im Hafen von Aith einläuft.»
Ja, wenn, wollte Willow sagen. Wenn sie tatsächlich dort wieder einläuft. Aber das brauchte sie nicht auszusprechen. Er dachte genau dasselbe.
Sie deutete mit dem Kinn auf die Zeitungsausschnitte. «Sie haben mir noch nicht erzählt, was daran so spannend ist.»
«Soweit ich erkennen kann, hat Jerry Markham Reportagen geschrieben.» Perez schob die Ausschnitte auf dem Tisch hin und her. «Die hier berichtet vom Leben in einem Kinderheim – er hat sie nach einem Fall von Kindesmissbrauch geschrieben. Das hier ist ein Artikel über die Verschmutzung von Flüssen. Da leuchtet einem dann auch ein, welchen Reiz eine Story über Wasserkraftwerke für ihn besitzen konnte, vor allem, weil sich derzeit doch alle Welt für erneuerbare Energien interessiert. Aber warum hat er das geheim gehalten? Warum hat er die Story nicht wenigstens seiner Verlegerin angepriesen, um die Reise hierher spendiert zu bekommen? Das kapiere ich einfach nicht.»
Willow griff nach dem Artikel über die Verschmutzung der Gewässer. Er war gut geschrieben, und sie las ihn bis zum Ende, nur um zu erfahren, wie die Sache ausgegangen war.
«Und dann ist da noch das hier», sagte Perez. «Warum hat Maria das bloß aufgehoben?» Er schob Willow über den Tisch einen kleinen Zeitungsausschnitt zu.
Stil und Inhalt ließen sofort erkennen, dass der Ausschnitt nicht aus der großen Londoner Zeitung stammte, für die Jerry Markham gearbeitet hatte. Er war aus dem Teil für Familienanzeigen einer Regionalzeitung.
«Das steht nicht drauf», sagte Perez, «aber die Anzeige ist aus der
Shetland Times
ausgeschnitten. Damit wird die Verlobung von Evie Watt und John Henderson bekannt gegeben.»
Willow las sich den Text durch. Er war sehr steif und altmodisch formuliert. ‹Francis und Jessica Watt geben mit großer Freude bekannt, dass ihre Tochter Evelyn Jean sich mit Mr John William Henderson aus Hvidahus, North Mainland, verlobt hat.› Sie schaute nach, von wann die Anzeige war. «Das wurde erst vor drei Monaten in die Zeitung gesetzt», sagte sie. «Ich verstehe ja nicht viel von diesen Dingen, aber ist das nicht eine sehr kurze Verlobungszeit? Wieso hatten sie es denn so eilig?»
Perez antwortete
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