Tote Wasser (German Edition)

geholfen! Ich wusste, dass sie nicht Ihnen gehörte. Dass Sie stricken, hätte ich in hundert Jahren nicht geglaubt.»
    Sie lächelte überraschend und zuckte gleich darauf zusammen, wegen des Blutergusses auf ihrer Wange.
    «Aber Jessie Watt …», sagte er.
    Mit festerer Stimme nahm Rhona ihren Bericht wieder auf. «Watt warf mich in das Gebäude der Lachsfarm. Draußen an der Tür war ein Vorhängeschloss. Dann verschwand er. Vermutlich, um sich ein Alibi zu verschaffen. Jessie muss in Aith gewesen sein, um den Lieferwagen herzufahren, und sie hat Francis am Pier abgeholt. Ich habe den Motor gehört. Die brave Ehefrau. Dann verlor ich wieder das Bewusstsein. Als ich diesmal zu mir kam, war es draußen dunkel.» Sie setzte sich bequemer hin. «Und Watt war im Schuppen. Ich habe ihn gerochen, gehört, wie er sich bewegte. Und dann sind Sie aufgetaucht.» Sie sah Perez direkt in die Augen. «Er wollte mich ertrinken lassen. Ich liebe das Segeln und das Meer, aber vom Ertrinken habe ich schon immer Albträume gehabt.»
    Beide schwiegen. In einem Busch hinter ihnen zwitscherte ein kleiner Vogel ohrenbetäubend laut. Perez überlegte, ob er jetzt einfach gehen sollte, aber er war zu neugierig.
    «Agnes wusste das mit John und Ihnen, nicht wahr?»
    Wieder herrschte Schweigen, und Perez glaubte schon, er hätte eine Grenze überschritten und sie würde sich weigern, darauf zu antworten.
    «John hat es ihr irgendwann erzählt», sagte Rhona Laing dann. «Er konnte einfach nicht lügen. Er hätte es auch Evie eines Tages erzählt.» Sie blickte Perez an. «Agnes gab mir ihren Segen. Sie meinte, John brauche jemanden, der ihm helfe, das alles durchzustehen. Sie meinte, sie sei mir dankbar, weil ich ihn glücklich mache. Ich habe sie besucht. Sie war eine bemerkenswerte Frau.»
    «Und das Gemälde in Ihrem Schlafzimmer?» Perez machte mit dem Kinn eine Bewegung zum Alten Schulhaus hin.
    «Ja», sagte die Staatsanwältin. «Das hat Agnes mir auch gegeben.» Wieder schwieg sie. «Sie glaubte, John und ich würden zusammenbleiben. Aber das konnte er nicht, nachdem Agnes gestorben war. Jedes Mal, wenn er mich ansah, quälten ihn Schuldgefühle. Wenn Watt das erlebt hätte, hätte er gewusst, dass John schon genug gelitten hatte.»
    «Was haben Sie jetzt vor?», fragte Perez. «Werden Sie auf den Shetlands bleiben?»
    «Ach nein, das glaube ich nicht, Jimmy. Es ist Zeit, nach vorn zu blicken. Die Vergangenheit hinter sich zu lassen.» Rhona schaute ihn an, legte ihm eine Hand auf den Arm und sagte mit Nachdruck: «Finden Sie das nicht auch, Jimmy? Ist es nicht auch für Sie Zeit, nach vorn zu blicken?»
    Er stand auf und sah aufs Meer hinab und dachte, dass das für ihn nicht so einfach war.

Danksagung
    Wie stets möchte ich dem großartigen Team von Pan Macmillan sowie meiner Agentin Sara Menguc und all ihren Kollegen danken. Ganz besonders freue ich mich darüber, dass Dr. James Grieve sich bereit erklärt hat, als er selbst im Buch aufzutreten. Er weiß, wie unzureichend meine Kenntnisse auf seinem Fachgebiet sind, und wird nachsichtig mit mir sein. Meine Freunde auf den Shetlands waren mir wie immer eine große Hilfe, und besonders danken möchte ich Maurice Henderson vom Shetland Island Council, Jim Dickson und Ingirid Eunson. Ian Best und Lise Sinclair von Fair Isle gaben mir unschätzbare Hinweise zum Bau von Jollen. Sollten sich dennoch Fehler eingeschlichen haben, gehen diese auf mein Konto.

Über Ann Cleeves
    Ann Cleeves, geboren in Herefordshire, lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in West Yorkshire und ist Mitglied des «Murder Squad», eines illustren Krimizirkels. Für «Die Nacht der Raben», den ersten Band ihrer Krimireihe, die auf den Shetlands spielt, erhielt sie die weltweit wichtigste Auszeichnung der Kriminalliteratur: den «Duncan Lawrie Dagger Award».
     
    Weitere Veröffentlichungen:
    (mit dem Ermittler Jimmy Perez)
    Der längste Tag
    Im kalten Licht des Frühlings
    Sturmwarnung
     
    (mit der Ermittlerin Vera Stanhope)
    Totenblüte
    Opferschuld
    Seelentod
    Das letzte Wort

Über dieses Buch
    Als in einem Fischerboot die Leiche des Journalisten Jerry Markham entdeckt wird, ruft man Hilfe vom Festland: Anstelle von Jimmy Perez, der noch unter dem Tod seiner Verlobten leidet, soll die junge Willow Reeves auf den Shetlands ermitteln. Trotz seiner Apathie regt sich Widerstand in dem Detective. Die junge Kollegin ist ihm entschieden zu forsch.
    Das ungleiche Paar begibt sich auf Spurensuche: Markham, Sohn