Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
Vom Netzwerk:
doch den Weg zum Kloster zu wagen. Ihr schlackernder Arm hatte ihr, wie sie jetzt erst staunend registrierte, unbewusst beim Erklettern des letzten Walls wieder Dienste geleistet, so dass sie gänzlich wiederhergestellt schien.
    Kaum aber war sie zurück in den Graben gestiegen, hörte sie von Ferne Hufgetrappel, einen laut gebrüllten Befehl – und schon einen ersten Todesschrei, der so gellend war, dass es klang, als stecke man eine Sau noch lebend an den Spieß.
    Hurtig kletterte Maria den letzten Wall wieder hoch zur Zwingermauer und umrundete die Vorburg. Sie hoffte auf einen Durchschlupf, wie er im Belagerungsfall für Ausfälle genutzt wurde, und fand tatsächlich ein Türchen auf der Rückseite der Vorburg. Wie erhofft, war es angelehnt. Ob derjenige, der es genutzt hatte, um den Wiedergängern zu entkommen, es lebend geschafft hatte, ließ sich nicht sagen.
    Aber am Boden fand sich eine Blutspur so breit und nass, dass sie unmöglich von einem einzelnen stammen konnte. Mochte sein, dass die angreifenden Wiedergänger von hier in die Burg eingefallen waren und dabei die Flüchtenden an dieser Stelle zerfleischt hatten.
    Nun aber lag der schmale, steile Gang verwaist vor ihr. Sie huschte, da das Geschrei auf der Hauptseite der Burg immer lauter wurde, rasch in den Gang und verschloss das Tor mit dem Querbalken. Nun stand sie in fast völliger Schwärze und hatte sich nach oben zu tasten, bis der erste Lichteinfall des angelehnten oberen Durchschlupftores ihr den Weg wies.
    Im Hof der Vorburg, als sie das Tor rasch verriegelte, erwartete sie ein Anblick, wie vermutet, aber nicht in diesem Ausmaß: Es wimmelte derart von Wiedergängern, dass sie selbst ohne die besondere Note des Mittels in ihrem Körpergeruch so gut wie tot wäre. Dutzende Nasen schossen witternd in ihre Richtung, Leiber zuckten zu ihr herum, aber auch hier war sie nicht Beute, sondern Objekt flüchtigen Interesses und dann wie nicht mehr vorhanden.
    Sie dachte freilich daran, wie der Friedhofs-Wiedergänger nach ihrer Krummsäbel-Attacke auf sie losgegangen war, und vermied jegliche schnelle Bewegung, die nach Angriff aussehen mochte in diesem Ameisenhaufen frisch Verstorbener und teils auch schon lange Toter. Bedächtig, leise und ohne jemand anzurempeln bewegte sie sich durch die umhertaumelnden Menschenfresser. Nun sah sie, dass die Zugbrücke zur Hauptburg passierbar vor ihr lag. Das Tor war verschlossen, aber wer weiß...
    Versperrt!
    Da die Aufstiege zu den Wehrgängen nicht verteidigt wurden und längst die Toten da oben herumgingen, stellte das verschlossene Tor kein allzu großes Hindernis dar. Ohnehin hatte sie über die Mauer zu schauen, was die Stadtleute bei allem Geschrei vor der Burg anrichteten.
    Sie hatte kaum über die Mauerkrone gespitzt, da rief der Kommandant sie bereits an. Nun sah Maria, das war kein zusammengewürfelter Haufen, sondern die bewaffnete Streitmacht der Stadt. Der Verdacht kam ihr, dass gegen die Burg längst was in Gange gewesen sein könnte und der Angriff mit ihr nichts zu tun hatte, da brüllte der fette, fast aus seiner Rüstung quellende Kommandant, den sie unter dem Namen Melchior Krippe kannte, mit einer Stimme, als trete er dem Leibhaftigen gegenüber:
    „Hexe, öffne sofort die Tore und stelle dich deinem Schicksal! Deine Monster der Hölle sind keine Gegner für uns.“
    Er hob die Schildhand, und erst jetzt sah Maria, was er da an den Haaren umklammerte: den Kopf eines Wiedergängers. Die entstellten Züge des Enthaupteten ließen kaum den Koch erkennen, der er wohl zu Lebzeiten gewesen war. Hatten sie also das Rezept gegen sie bereits entdeckt. Sie würden die Burg erstürmen, die Untoten niedermetzeln und sie selbst...
    „Öffne das Tor, ich sag es nicht noch mal! Du bekommst ein gerechtes Urteil. Wenn nicht, dann gehst du durch die Hölle aller Martern, die unser Meister aufbieten kann.“
    „Ich hab euch nichts getan“, rief Maria über die Mauer, um Zeit zu gewinnen. Sie wusste nicht, wie es nun weitergehen sollte. Das Tor zu öffnen, wäre ihr Ende.
    Der Stadtkommandant ließ den abgehackten Kopf sinken und warf ihn in den Graben. In dem Moment, als er zu einer Erwiderung ansetzen wollte, drängte sich auf dem schmalen Wehrgang die elegante Stadtfrau an Maria vorbei. Sie schnüffelte an ihr, verzog das tote Gesicht zu einer Fratze, verlor das Interesse und taumelte weiter Richtung Hauptburg.
    „Carola Beate von Rassmussen“, rief der Stadtkommandant, und seine Stimme klang brüchig

Weitere Kostenlose Bücher