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Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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ein Mehlsack zu Boden stürzte.
    Für einen Moment selbst überrascht, schaute er auf seine beiden Armstümpfe und dann hoch zu seinen Händen, die derart in die Eisen gezerrt und gepfropft waren, dass sie da oben hängen blieben. Schließlich, als müsse ihn der Verlust seiner Greiforgane überhaupt nicht kümmern, stützte er sich auf seine blutigen Stümpfe, stemmte sich auf die Füße und torkelte in Richtung Stadt. Im Vorbeitaumeln rümpfte er kurz die Nase nach unten, witterte das, was Carolus Melchenhain geworden war, nämlich wie er selbst, und verlor sofort das Interesse.
    Der Kindsmörder wusste, worauf er aus war, denn genau danach gierte es ihn auch selbst. Das blutige Schauspiel, das er soeben mitansehen musste, hatte er schon vergessen, aber es hatte ihn gelehrt, dass auch er es schaffen konnte, sich zu befreien. Mit der ganzen Kraft seiner neuen Existenz, die seine alten Kräfte weit überstieg, begann er an den Fesseln zu reißen, die ihn mit den Pflöcken verbanden und am Boden festhielten.
    Es war schon egal, dass er ein bisschen noch begriff, dass er es leichter haben würde als der andere, denn Stricke konnten reißen ohne dass erst sein Körper in Fetzen gehen musste. Aber letztlich war dieses Wissen unnötig, denn er würde zerren und reißen mit voller Kraft, bis er frei sein würde, egal wie.
     
    Es waren die beiden Toten, die auf dem Wehrgang an ihr vorbeigetorkelt waren. Maria erkannte die Mönchskutte und das in der Gruft ergraute Kleid der eleganten Städterin. Sehen konnte sie nur ihre Hinterteile, denn sie knieten vor einer Einbuchtung in der Palas-Mauer der Kernburg und versuchten mit aller Kraft, tiefer hineinzugelangen.
    Jetzt, da das Stöhnen und brutale Balgen in der Vorburg nachgelassen hatte und die Todesschreie der drei Eindringlinge verklungen waren, hörte Maria etwas, das ihr durch und durch ging: das Wimmern und Klagen eines Kindes.
    Sie konnte nicht wirklich wissen, ob diese Laute höchster Not von da kamen, wo der Mönch und die Dame sich hineinzudrängen suchten, aber es war naheliegend. Maria zögerte nicht, sprang nun doch direkt von der Höhe des Wehrgangs hinunter in den Hof der Hauptburg und rannte zum Ort des Geschehens.
    Ohne nachzudenken, packte sie die Kutte des Mönchs und riss daran so heftig sie konnte. Zwar schaffte sie es nicht, ihn aus dem Loch zu zerren, in dem er feststeckte, aber sie störte ihn offenbar heftig genug bei dem, was er vorhatte, dass er sich schließlich umwandte, nach ihr witterte, sich wieder abwenden wollte, aber endlich, da sie weiter an ihm zerrte, sich ihrer zu erwehren begann.
    Die Wucht des Angriffs überraschte Maria. Und sie begriff voll Entsetzen, dass ihr Eingreifen dem Kind geschadet hatte statt zu nutzen. Sie sah, derweil der Wiedergänger sie geifernd zu Boden presste und nach ihrer Kehle fingerte, dass die tote Städterin nun ohne ihren Konkurrenten Platz genug fand, um an das Kind heranzugelangen. Maria hatte das vor Angst und Schmerz verzerrte kleine Gesicht gesehen, bevor der Mönch sie umgeworfen hatte, und die Situation begriffen.
    Das Loch war die Vertiefung eines vergitterten Kellerfensters. So weit unten wie möglich, direkt auf dem Gitter, suchte das Mädchen nach Schutz. Die beiden Toten hatte sich gegenseitig behindert, aber die Frau allein kam nun weit genug hinunter in den engen Spalt, um das Kind zu packen. Inzwischen kannte Maria die Gierlaute dieser Bestien gut genug, um zu unterscheiden, wann sie erfolglos sich bemühten und wann sie triumphierten. Diese Tote knurrte nun in einer Art, wie sie es taten, wenn sie kurz davor waren zuzubeißen.
    Da sie zu klein und zu leicht war, sich des fetten Mönchs zu erwehren, da sie kein Schwert hatte und ohnehin nichts damit anzufangen gewusst hätte, blieb es Maria nur, sich durch treten und winden zu verteidigen. Er biss nicht nach ihr, aber fingerte immer wieder nach ihrer Kehle. Sie wusste nicht, ob sie an dieser Stelle zu töten sei, aber die Panik ihres Unterbewusstseins sprach eine deutliche Sprache. Es gab keinen Zweifel, dass sie danach zurückkehren würde und wohl genauso wäre wie alle anderen.
    Und so wurde Maria selbst zur Bestie. Sie zappelte und wehrte sich mit allen Kräften, tastete um sich nach einer Waffe, sobald sie einen Moment Raum hatte, und griff schließlich nach einem Stein. Was dann geschah, überraschte sie selbst. Sie packte zu, riss sich kurz los und schlug zu. In ihrer Todespanik gelang es ihr, so viel Wucht in den Schlag zu legen, dass

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