Toten-Welt (German Edition)
Ursachen zu finden. Kennen Sie einen gewissen Hubert Helfert?“
„Wer soll das sein?“
Den kannte sie ja wirklich nicht, aber ihre Angst und Empörung schlugen zu sehr durch und ließen sie schuldig wirken. Sie verlor langsam die Geduld. Die Fleischgier wurde übermächtig.
„Wie wär’s, wenn sie mal aussteigen! Oder mich einsteigen lassen. Das ist nicht die richtige Art mit einer Dame umzugehen, finde ich. Hier draußen ist es gefährlich. Was denken Sie sich überhaupt!“
Während sie sich mehr und mehr hineinsteigerte und gar nicht mal merkte, wie wenig sie nach der alten Ausgabe ihrer selbst klang, hatte er den Sicherheitsgurt gelöst und den Türgriff betätigt. Sofort schaltete sie auf Überraschungsangriff, drängte sich um die halb offen stehende Tür herum, wollte ihn packen und zubeißen. Aber hinter dem Sichtschutz der Tür hatte er seine Dienstwaffe gezogen und hielt sie ihr an die Stirn. Konnte ein Kopfschuss sie töten? Sie wusste es nicht, aber vermutete es mal.
„Machen Sie mir nichts vor, Sie gehören auch zu denen. Ihr Hirn ist nur noch nicht verwest genug, aber ich schätze, das kommt noch.“
„Was bitteschön wollen Sie denn von mir! Ich bin...“
„Sie haben den OB infiziert. Er hat sich den Arsch zusammengekniffen, um sich das nicht anmerken zu lassen, aber man sieht es. Ich hätte nie gedacht, dass mir mal ein derart hohes Tier vor die Flinte läuft.“
„Haben Sie ihn...“
„Was denken Sie? Und was macht es für einen Unterschied?“
„Lassen Sie mich laufen, wenn ich sage, was ich weiß?“
„Kommt drauf an, wie hilfreich es ist.“
„Die das mit mir gemacht haben, das waren zwei junge Männer, ziemlich hässliche Typen, gefährlich böse und völlig behämmert, wenn Sie mich fragen. Einer hatte so ne Art Hasenscharte oder zumindest spaltartige Narbe an der Oberlippe.“
„Haben die Sie gebissen?“
Sie nickte und präsentierte den durchgeweichten Stoff über ihrem Bizeps.
„Und Sie haben dann den OB...“
„Die wollten das so!“, fiel sie ihm ins Wort.
„Warum sollten zwei behämmerte Jungs den Oberbürgermeister dieser Stadt ausschalten wollen?“
„Nicht ausschalten.“
Sie fauchte. Es klang angriffslustig, aber versucht hatte sie zu kichern. Das Spiel gefiel ihr. Sie war schlauer als die Polizei. Sie würde den Hirni volltexten, ihm Denkfutter geben und kurzen Prozess machen, sobald er die Waffe sinken ließ.
„Was dann?“
„Zu dem machen, was sie waren, damit er die im Regierungsviertel in Berlin dazu macht und die dann die ganze Welt. Aber das hat sich wohl inzwischen erledigt.“
„Aber warum...“
Er empörte sich und war davon abgelenkt. Sie reagierte, wollte die Pistole wegschlagen und zubeißen. Aber da hatte er auch schon abgedrückt. Das Loch in der Stirn war aufgrund ihres Angriffs nicht in der Mitte, wo er zuvor hingezielt hatte, sondern rechts oben nahe der Schläfe. Die Wirkung war trotzdem vernichtend.
Kaum war sie aufs Straßenpflaster aufgeschlagen, zeigte sich eine zweite Wirkung. An den Fenstern ringsum erschienen Gesichter. Er gab Zeichen, sie sollten öffnen. Aber eine dritte Wirkung beendete den Versuch der Kontaktaufnahme.
Um eine Ecke der Lutherkirche kam ein erster Toter angeschlurft und zog eine ganze Rotte nach sich. Das waren keine sprechenden, noch relativ intelligenten Bestien wie die Bomhan, sondern klassische Zombies, wie er sie aus den Romero-Filmen kannte. So sehr sie ihn da auch begeistert hatten, die Realität schmeckte ihm überhaupt nicht. Er schaute zu, dass er ins Auto kam, die Tür verriegelte und den Motor anwarf.
Sie war dann doch nicht zur Heldin geworden.
Kindergarten-Erzieherin Rosalind Müller war zunächst bereit gewesen, ihre kleine Hosenmatz-Truppe mit ihrem Leben zu verteidigen, als sie hatte miterleben müssen, wie ein blutverschmierter Irrer ihre Chefin Mia Forster direkt vor ihren Augen auf dem Spielplatz zerfleischt hatte. Die Kindergartenleiterin war unbewaffnet gewesen und hatte nicht mit einem tödlichen Angriff gerechnet.
Mia dagegen war nun vorbereitet. Sie verriegelte die Schiebetür zum Garten, schob die teils still weinenden, teils laut nach ihren Eltern schreienden Kinder in den Schlafsaal, der sich gut versperren ließ, schnappte sich einen der kleinen Stühle aus dem Speisesaal als Keule, duckte sich hinter der Tür zum Flur mit Blick zum Garten und ging in Verteidigungsstellung.
Der monströse Angreifer hatte inzwischen die Panoramascheibe mit Schiebetür erreicht,
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