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Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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handeln ließ, war der Anblick zweier Zahnreihen direkt vor seiner Nase. Der Fettmops hatte es geschafft, seinen Mund vom eigenen Skalp zu befreien, und war im Begriff zuzubeißen. Es war ein Rest von Eitelkeit, was den Bedrohten handeln ließ. Schlimm genug, dass seine Hasenscharte längst wieder zu sehen war und ihn entstellte. Seine Nase würde er sich nicht auch noch abbeißen und sich damit zum absoluten Freak machen lassen. Er stieß zu, steckte seine Hand in das Hirn seines Gegners und begann damit, die wabbelige Substanz aus dem Schädel zu rupfen.
     
    „Dann mal los, Männer!“
    Der Oberst hatte am Haupttor nach Bundeswehr-Art antreten lassen, aber die bewaffnete Truppe dann umformiert zu etwas, das an eine römische Feldlegion erinnerte. Mangels Schilden wirkte das Gebilde aber eher wie ein Igel als eine Schildkröte: Während die Männer vorne, hinten und seitlich der Formation mit gezückten Gewehren zum Marsch antraten, waren die innen mit allem an Waffen behängt, was in der Kaserne aufzufinden gewesen war.
    Speerspitze des Angriffstrupps waren die wenigen Fahrzeuge: zwei Iltisse, ein Fünftonner und sieben private PKW. Der Fuhrpark war durch unkontrollierte Desertionen während der letzten Tage ausgedünnt worden. Die rechtsstaatliche Gesinnung der verantwortlichen Vorgesetzten hatte verhindert, auf die Flüchtenden schießen zu lassen.
    Hauptgefreiter Jens Niedermüller verspürte Schadenfreude, als bereits das Ausrückmanöver schief zu gehen schien, obwohl ja ein Scheitern der Aktion seinen eigenen Tod bedeuten konnte. Der Oberst hatte zu lange an der Aufstellung gebastelt. Inzwischen waren in Scharen Überträger aus dem Vorort der Stadt herbei geströmt und klammerten an den Zäunen und am Tor. Niedermüller rechnete nicht mit dem Befehl, das Tor zu öffnen.
    Aber der kam.
    Der Oberst ließ seine Geheimwaffe vortreten: vier mit Flammenwerfern ausgestattete Spezialausgebildete. Die Wirkung, als das Feuer in Form zunächst noch kleiner Flämmchen ihnen nahe kam, war frappierend: Die Überträger der ersten und zweiten Kategorie, die noch menschliche Züge an sich hatten, denken und oft noch erstaunlich fließend sprechen konnten, ergriffen postwendend die Flucht.
    Übrig blieb eine Handvoll Ü3: Diese doppelt Getöteten und doppelt Wiederauferstandenen waren dumm wie Moos. Kein Wunder, fehlte nicht wenigen der halbe Kopf. Dass es solche wie sie überhaupt geben konnte, widersprach allem, was Niedermüller in Biologie gelernt und während seines Lebens erfahren hatte. Allein die Existenz dieser Wesen ließ trotz der mörderischen Flammenwerfer keine Siegesgewissheit aufkommen. Man betrat abermals Neuland.
    „Angriff!“, rief der Oberst, als die ersten drei Ü3 durch das geöffnete Tor herein taumelten, gierig stöhnten, die Arme vorstreckten und ihre gekrümmten Finger zucken ließen. Der Vorderste war noch relativ intakt. Abgesehen von einem sauberen, kaum blutverkrusteten Loch in der Stirn deutete nur die fahle Haut darauf hin, dass man eine Leiche vor sich hatte. Und der Grabesgestank, der nun heran wehte und sich über die Kasernenzufahrt verbreitete.
    Die beiden anderen Ü3 waren der blanke Horror. Kurz bevor ein erster Flammenstoß sie einhüllte und kurzzeitig verschwinden ließ, begriff Niedermüller, dass der hinterste der drei Körper überhaupt keinen Kopf mehr hatte. Auf dem Hals saß ein zerfetzter Stumpf, in dem allenfalls das Stammhirn erhalten geblieben sein konnte – vom Großhirn war garantiert nichts mehr übrig.
    Der Anblick des wandelnden Kopflosen erinnerte Niedermüller an den Online-Bericht über einen enthaupteten Hahn, der 18 Monate lang ohne Kopf weiter gelebt und ein normales Verhalten gezeigt hatte. Gefüttert wurde der Körper mit einem Milchgemisch, das direkt in die offen liegende Speiseröhre getropft wurde. Der Hahn erlangte damals, im Jahr 1945, als Kuriosum Berühmtheit, bekam den Namen Mike und machte seinen Besitzer reich.
    Obwohl die Geschichte laut Wikipedia wissenschaftlich verbürgt war, hatte Niedermüller sie nicht so recht glauben können – bis er nun den kopflosen Menschen in Flammen aufgehen sah.
    Die drei Ü3 zeigten, so würde es wohl ein Wissenschaftler formulieren, bei ihrer Auslöschung normales menschliches Restverhalten insofern, dass sie sich aufbäumten, brennend herum rannten und sich gegen das Feuer mit wilden Armschlägen wehrten, auch der Enthauptete. Das Schauspiel dauerte fast eine Minute, brachte zunächst die Soldaten mit den

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