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Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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einem versprengten Haufen wie sie es waren.
    Niedermüller, der im Trupp ganz außen links marschierte, warf einen Blick zur Mitte hin. Seine Kameraden wirkten wie erstarrt. Keiner sprach ein Wort, keiner suchte den Blick des anderen. Die waren noch dabei, weil sie eben keine Einzelkämpfer waren oder zu den Zivilisten gehören wollten, die sich einbunkerten.
    Aber was war mit ihm selbst? Bei allem Misstrauen, Niedermüller hatte das Gefühl, dass der Oberst mehr wusste, dass er Hintergründe kannte – und dass er einen Plan hatte. Es ging hier nicht darum, durchs Land zu ziehen und aufzuräumen. Vielleicht ging es darum, den Schalter zu finden und zu drücken, den Knopf oder Stellregler, der alles rückgängig machte. Niemand konnte sich vorstellen, wie das gehen sollte, er selbst am allerwenigsten, aber vielleicht ging es.
    Der Oberst verabschiedete den Sprecher der Menschengruppe mit Handschlag, drehte dem ganz und gar nicht beruhigten, aber offenbar weitgehend zur Einsicht gekommenen Haufen den Rücken zu und stieg wieder in sein Kommandofahrzeug. Niedermüller sah, als sie nun an den Menschen vorbei marschierten, verschwitzte, verdreckte, aber noch einigermaßen wohlgenährte Gestalten. Männer, Frauen, Kinder. Junge und Alte. Leute, die vor kurzem noch ins Büro gefahren waren und nach Feierabend eingekauft und sich vor den Fernseher gehockt hatten.
    Nun waren sie wieder zu Jäger und Sammlern, vor allem zur Beute geworden, aber wussten es noch nicht. Die würden keine Horde bilden, die sich selbst durch die Welt schlug. Die würden, wie es ihnen der Oberst vermutlich geraten hatte, sich wieder in ihre Reihenhaussiedlungen verziehen, sich einbunkern, weiter an den Fenstern kleben und auf Rettung hoffen. Auf eine Rettung, die danach auch das Kommando übernahm und wieder Strukturen aufbaute.
    In diesem Moment, da Niedermüller die hilflos und entmutigt ihren Weg verfolgenden Menschen aus den Augenwinkeln betrachtete und dann die verkohlten Überreste diverser Ü, da glaubte er überhaupt nicht mehr daran. Er scherte nur deshalb nicht aus der Truppe aus, weil er einer war, der mit marschierte und ohne Marschtritt gar nicht wusste wohin. So wie die meisten oder alle, die wie er nicht desertiert waren.
     
    „Jetzt schaut euch diese eklige Scheiße an.“
    Der fünfköpfige Flammenwerfer-Trupp nahm eine kleine Sensation am Wegesrand zum Anlass, auf den Rest des Konvois, der zurückgefallen war, zu warten.
    „Also, ich hab ja schon viel gesehen...“
    „Ich muss gleich kotzen.“
    „Was ist da bloß passiert?!“
    „Scheißegal. Die sind hinüber.“
    „Wirklich? Der drunter liegt, sieht irgendwie noch ganz frisch aus.“
    „Und wenn schon. Unter dem Fettwanst kommt er allein nicht mehr vor. Kein Grund, Munition zu verschwenden.“
    Noch während der Truppführer sprach und damit indirekt einen Befehl erteilte, hatte einer seiner Männer bereits einen Flammenstoß abgegeben und die Vier-Zentner-Leiche in Brand gesteckt.
    „Was hab ich gerade gesagt?!“
    „Fett soll doch besonders gut brennen.“
    Zustimmendes Gelächter.
    „Idioten.“
    Der Truppführer sah das erste Fahrzeug des Konvois nachrücken, während seine Männer sich über die brennenden Körper amüsierten, mit den Stiefelspitzen Dreck ins Feuer spritzten und damit begannen, sich im Zielspucken in die leere Hirnschale des Dicken zu üben.
    „Weiter jetzt!“
    „Spielverderber.“
    Als der gepanzerte Fünftonner ins Blickfeld kam, in dem der Oberst saß, lösten sie sich widerwillig von ihrem Scheiterhaufen und marschierten weiter.
    „Wie sollen die da jetzt rumkommen?“, schimpfte der Truppführer noch, bevor er ihnen folgte.
    „Nicht unser Problem.“
    „Wofür haben die ne Schneeräumschaufel vor dem Fünftonner“, warf ein anderer ein. Als das erste Fahrzeug vor dem lodernden Scheiterhaufen zum Stehen kam, weil der Weg zu schmal war, um auszuweichen, war der Flammenwerfertrupp bereits um die nächste Wegbiegung verschwunden.
     
    Polizeihauptkommissar Werner Mertel traute seinen Augen nicht. Vor dem Militärfahrzeug, das ihm den schmalen Weg den Burgberg hoch versperrte, standen in Reih und Glied uniformierte Soldaten mit gezückten Gewehren und wandten ihm stur den Rücken zu, obwohl sein Herankommen, Vollbremsen, Herausspringen und Fluchen hätte Tote wecken müssen. Waren das Menschen? Die Helme und Rucksäcke der Angetretenen verhinderten jegliche Einschätzung von hinten aus der Ferne.
    Ihm war nach Wenden und Abzischen. Aber

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