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Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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wenigen Raum bis in die kleinste Lücke, ständig in Bewegung neue Lücken auftuend und schließend.
    Der Moment, als die Mauer brach und nach innen prasselte, löste ein neues Schwarmverhalten aus, das des Leuchtens. Alle, die was Helles in den Pranken hatten, drängen nach vorn und wurden gelassen, richteten Taschenlampen, Helmstrahler und Bauleuchten so rasch und geordnet in das entstandene Loch, dass es im Gang schlagartig dunkel wurde und im Verlies so hell wie von einem Scheinwerfer ausgestrahlt.
    Das groteske Ding in der Kerkermitte, das nun aus der Dunkelheit gerissen wurde, der Sender, kam Helfert vor wie eine archaische Beute: Hände und Füße zum Transport an einem Stock zusammengeklammert und mit dem Körper durchhängend, in dieser Haltung aber in die Sitzende gedreht und wie ein Kunstobjekt im leeren Raum positioniert. Im Maul hatte das bewegungslose Ding einen angespitzten Pflock, der am Stock verkeilt war.
    Ehe Helfert begriff, was er da vor Augen hatte, sah er was anderes, und das holte ihn aus seiner Trance und weckte eine restmenschliche Scheißwut in ihm: Zwischen einem Typen mit Anzughose, Hemdsärmeln und Schlips, der unschwer als Zombie des Oberbürgermeisters dieser Stadt zu erkennen war, und einer aufgedonnerten Dicken mit Einschussloch über der Schläfe, steckte eingekeilt im Pulk der Leuchtenden einer seiner gottverfluchten Neffen, der kleinere und ältere, und himmelte das Ding im Stock an.
    So sah man sich also wieder, Freundchen!
    Die religiöse Verzückung, die Helfert bis gerade eben selbst mitgerissen hatte, fiel schlagartig von ihm ab. Er wusste, nach menschlichen Maßstäben konnte er sich an dem kleinen Arschloch nicht mehr rächen. Aber ihm würden andere Mittel und Wege einfallen...
     
    Auto fahren war ja einfach!
    Wicca konnte gar nicht fassen, wie leicht das ging.
    In einem Höllentempo schürte sie durch die Stadt, fuhr mit quietschenden Reifen Slalom um tote Körper und wunderte sich, wie es sein konnte, dass hier Rümpfe mit Kopf lagen und nicht wieder aufstanden. Begann ihr Mittel mit der Zeit seine Wirkung zu verlieren? Oder verlor sich die Wirkung mit der Anzahl der infizierten Überträger?
    Das Interesse an diesem Phänomen war marginal. Ihr Rachedurst war gestillt. Eine Welt, in der sie sich frei bewegen konnte und keine Feinde mehr hatte, war erschaffen. Nun, nach fünfhundertundachtzehn Jahren, war es Zeit, mal was vom Leben zu haben, auch wenn das, was sie jetzt auf den Beinen hielt, nichts zu tun hatte mit ihrem 18 Jahre kurzen Maria-Leben in einer Vergangenheit, die weg war und doch noch in Resten vorhanden.
    Einen dieser Reste durchquerte sie soeben. Das sollte wohl das Untere Tor sein. Wicca warf einen flüchtigen Blick auf das steinerne Monument, das mit dem Tor, das sie von damals kannte, nur die grobe Form gemein hatte. Weg waren Barbakane, Zugbrücke, Zwinger und Graben; dafür war der überdachte Turm-Stumpf mit Dach, den man erhalten hatte, aufgehübscht, viel zu bunt bemalt und weit mehr idealisierte Vergangenheit als authentisch.
    Wo das Haus des Nachrichters vor sich hin gestunken hatte, klotzte jetzt ein Bürokomplex. Das alles sah Wicca jetzt zum ersten Mal richtig, obwohl sie sich schon vor ihrer Apokalypse in der Stadt bewegt hatte, wenn auch mit Angst, denn als das Wesen, das sie war, hatte sie sich bis vor kurzem nicht erwischen lassen dürfen. Man hätte ihr noch was gekonnt.
    Jetzt nicht mehr. Jetzt war sie das Raubtier Nummer eins auf diesem Planeten. Jetzt konnte sie etwas tun, von dem sie 500 Jahre lang geträumt hatte. Der Traum hatte seinen Anfang genau hier genommen, auf der Kreuzung des Verbindungsweges zwischen Dorffriedhof und Richtplatz mit der Reichsstraße.
    Sie bremste den Bus und schaute sich um. Der einstige Dorffriedhof war jetzt der Städtische Hauptfriedhof. Den Richtplatz gab es längst nicht mehr, er war überbaut mit einem Fitness-Center, aber im Straßennamen Galgenleite, immerhin, hatte sich eine Erinnerung an die alte Funktion erhalten. Daran und am Namen ihrer Traum-Route erkannte sie, dass sie richtig war. Hier begann die Reichsstraße, nur hieß sie jetzt Bundesstraße und hatte eine Nummer. Das Reich, wie es einst war, würde sie nicht mehr kennenlernen, aber einen Teil der alten Lande, die sich jetzt Bundesgebiet nannten.
    Egal, egal, nur raus in die Ferne! Es hatte sich etwas gelöst in ihr. Sie musste Hermann, diesen schlimmsten Verräter ihres alten Lebens, nicht mehr suchen. Er war ihr egal geworden. Sie

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