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Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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sprang auf wie man als Gefreiter eben so aufsprang, wenn der Oberst etwas befahl. Eigentlich war das ein spannendes Experiment, das sie hier miterleben durfte, dachte sich Amelie. Da gab es die Aufwiegler, solche wie Kuckel, die nun aus Prinzip gegen alles waren, was derjenige anordnete, dem sie zuvor blind hatten gehorchen müssen. Es gab die geborenen Befehlsempfänger wie eben Helge, die nie etwas anderes sein würden als getreue Diener ohne den Hauch einer Neigung zum Widerspruch.
    Und dann waren da Leute wie Mertel, dem Ränge völlig egal waren, einstige wie gegenwärtige. Als Helge nun zur Tür ging, öffnete und den ersten Ideengeber hereinrief, musterte der Polizist Amelie wie eine Verbrecherin. Wenn er was wusste, warum hatte er bisher nichts gesagt?
    „Hauptgefreiter Hugo Hartmann“, meldete Helge stramm. Der Soldat, der eintrat, war nicht mehr ganz jung, trug eine runde Brille, mit der er Amelie sofort an John Lennon erinnerte, und schlug im Gegensatz zu Helge nicht vor dem bisherigen Oberst die Hacken zusammen. Amelie entging nicht, dass Hermann seinen Mitregenten Helge Steghalter weiter agieren ließ wie einen kleinen Befehlsempfänger, statt die neue unsoldatische Ordnung in Erinnerung zu rufen.
    „Sie haben etwas, das uns in unserer Lage weiterhelfen könnte?“
    „Ja.“
    Hartmann zog etwas Kleines, Buntes aus seiner Oberschenkel-Seitentasche und hielt es in die Runde.
    „Ein Babyphon!“, blaffte Kuckel. „Ist Ihnen schon aufgefallen, dass wir angegriffen werden?“
    Hartmann ignorierte ihn und wandte sich an den BMF:
    „Ich habe ein bisschen daran herumgebastelt. Jetzt funktioniert es wie ein mobiles Sprechfunkgerät alten Standards. Bisher konnte ich Kontakt zu zwei Überlebendengruppen aufnehmen. Die eine ist zu weit weg als dass wir uns vereinigen könnten, aber die andere hat sich ganz in der Nähe im Veranstaltungssaal eines Dorfes verschanzt. Über 30 Mann, kampferprobt und gut bewaffnet. Lauter Einzel-Überlebende, die sich jetzt für unbesiegbar halten. Wir tauschen uns aus. Allerdings haben die Batterien kaum noch Saft.“
    Amelie fiel ein, was Bergenstroh ihr über dieses Babyphon und Wiccas Grund für die Anschaffung erzählt hatte und verspürte ein seltsames Zwiegefühl. All diese kleinen Grausamkeiten, die dem Gesamtausmaß der Apokalypse ein Gesicht gaben. Warum nur konnte sie dieses Biest dafür nicht hassen? Irgendwie vermisste sie die alte Hexe sogar. Was wäre Wicca dazu eingefallen, sie hier sitzen zu sehen? Wo zum Teufel steckte sie bloß?
    „Das ist ein sehr guter Beitrag“, lobte Hermann. „Bitte sparen Sie Batterieleistung und halten Sie sich bereit. Sobald wir einen übergeordneten Plan haben, kommen wir wieder auf Sie zu. Rufen Sie bitten den nächsten herein.“
    Wieder ein Flashback. Amelie, ganz am Anfang, als kleine Bewerberin, die draußen saß und von Bergenstroh hereingebeten wurde. Auf der Brüstung des Torturms, in dem sie ihre erste Nacht hier oben verbracht hatte, war sie vorhin ins Kabinett berufen worden von ausgerechnet dem Typen, vor dem und dessen Schergen sie geflohen war und den Wicca verzweifelt gesucht hatte.
    „Warten Sie!“, rief Hermann, stand auf und lief zur Tür. Der Soldat mit dem Babyphon hatte gerade den nächsten in der Reihe hereinrufen wollen. Hermann bremste ihn nun und rief in den Gang, in dem mindestens ein Dutzend Soldaten herumstand, an der Wand lehnte oder am Boden hockte:
    „Bitte ab jetzt nach Dringlichkeit. Wer von Ihnen meint, eine Idee für eine Strategie zu haben, wie wir dieser ungeheuren Angriffswelle begegnen können außer durch Flucht?“
    Amelie hörte jemanden laut „Ich“ sagen. Hermann machte eine einladende Geste. Der Soldat, der im Rittersaal erschien, war der bisher hemdsärmeligste. Er war unrasiert und ungekämmt, trug ein grünes T-Shirt offen über der Hose und die Hose über den ungeputzten Stiefeln.
    Als Hermann sich wieder auf seinen Platz gesetzt hatte, begann er ungefragt zu sprechen.
    „Tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber eine dauerhafte Verteidigung gegen eine solche Masse von Feinden gibt es ebensowenig wie die Chance zur Flucht. Hier Quartier zu nehmen, war ein schwerer Fehler. Deshalb auch die massiven Desertionen.“
    „Warum sind Sie dann noch hier, Herr...?“, fragte Hermann und wirkte amüsiert.
    „Kellermeister. Weil Fahnenflucht der sofortige Tod gewesen wäre. In der Gruppenstärke, die wir jetzt noch aufweisen, ist ein siegreiches Agieren möglich.“
    „Gerade

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