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Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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eigenen Reihen.“
    Mertel wurde sofort hellhörig. Diesen Beiklang einer Meldung hatte er nur allzu oft gehört und fragte sofort:
    „Ein Mord? Wer ist es?“
    Stolte schaute zwischen ihm und Klangfärber hin und her, räusperte sich, und seine Stimme klang erschüttert, als er antwortete:
    „Das Opfer ist Leutnant Kuckel.“
     
    Der Hase saß fest. Er wusste selbst nicht, was ihn getrieben hatte. Wieso war er nicht bei seiner kleinen Gruppe geblieben? Dann wäre er jetzt in der Burg und in Wiccas Obhut in relativer Sicherheit.
    So aber hockte er in dem Gang zwischen Wasserschleuse und Metalltür zu Wiccas verborgenem Reich unter dem Ravelin. Das Schloss war ein Witz, aber er hatte nichts, um sich daran zu schaffen zu machen. Er musste zurück!
    Widerwillig, durch stundenlanges Zögern und Ringen mit sich selbst mürbe geworden, machte er sich auf den Weg durch den Gang zum Bergfried. Die Schleuse war nichts als eine überflutete Treppenkehre. Man stieg vom Gang aus hinab ins kalte Wasser, tauchte durch eine drei Meter dicke Bresche in den Turmfundamenten und fanden drüben eine Treppe, die nach oben ins Innere führte. Stand man auf der obersten Stufe, reichte einem das Wasser etwa bis zum Bauch. Schwang man sich aus diesem Loch auf das Grundniveau des Bergfriedes, stand man bis zu den Knien im Wasser.
    Die Leiter fiel ihm ein. Er wusste genau, wo er sie abgelegt hatte: direkt neben der Treppe, und zwar parallel ausgerichtet zum Geländer. Er fingerte sich durch die trübe Brühe, die auch bei Tageslicht nicht den Grund sehen ließ, und fand die Leiter schließlich zur Mitte der Turmbasis hin und auch noch verkehrt herum liegend, auf dem schmalsten der Teleskop-Abschnitte, nicht dem breitesten. War Wicca noch mal hier gewesen? Oder forschte die Burgbesatzung nach einem Schlupfloch, um der Belagerung zu entkommen?
    Konnte ihm egal sein. Was er eigentlich gesucht hatte, war noch da, nämlich der steife, dicke Draht, der bei ausgefahrener Leiter zur Fixierung der Teleskop-Abschnitte diente. Ideal als provisorischer Dietrich.
    Plötzliche Stimmen ließen ihn aufhorchen. Was war da los? Ein Angriff von außen? Oder kamen sie, um durch die Schleuse zu verschwinden?
    Was auch immer, er musste sich beeilen. Der diffuse Plan, die krude Vision, die in den letzten Stunden in ihm gereift war, wurde zum unverrückbaren Ziel. Er musste da rein. Die Wesen riefen ihn, so kam es ihm vor. Sie wollten ihre Köpfe zurück.
    Da selbst Wicca sich vor ihnen fürchtete, der Hase aber sie als gütige Weltherrscher visualisierte, engelsgleiche Überirdische, die alles ins Reine bringen würden, war er wohl der Einzige, der das große Experiment je wagen würde. Er ließ sich in die Schleuse sinken und sah sich als Erdenretter, dessen große Tat, die nun im Gange war, noch in Jahrtausenden in Liedern besungen und Denkmälern verewigt werden würde. Und in Filmen, falls die alte Welt sich je wieder herstellen ließe.
     
    Er war der Erste, der je auf die Idee kam, aber das wusste er nicht, sonst hätte er sich noch toller gefühlt. Gefreiter Helge Steghalter, Mitglied der neuen Regierung, verknallt in Amelie und angewidert von sich selbst über sein eigenes Bückling-wechsel-dich-Verhalten von Klangfärber auf zuletzt Kuckel, brauchte etwas zur Stärkung. Dann, so wusste er, würde alles gut werden. Er würde Amelie erobern und diesen Chef-Typen schon zeigen, wo es lang ging und wer die besseren Ideen hatte.
    Die Substanz, die er direkt nach dem Einmarsch überall in der Burg gefunden und sich in nicht geringer Menge angeeignet hatte, bevor ein Klangfärber persönlich unterstehender Spezialtrupp die gesamten Vorräte beschlagnahmt und weggesperrt hatte, diese Substanz hatte ihn, oral eingenommen, zunächst geschwächt und regelrecht gelähmt, dann über sich selbst erhoben. Aber noch besser wäre es, statt das Zeug zu schlucken, es sich intravenös zu verpassen.
    Helge war nie ein harter Junkie gewesen, aber er hatte sich diverses Zeugs gespritzt. Soldat war er geworden, um sich vor sich selbst zu schützen, eine Art Entziehungskur unter staatlicher Aufsicht. Wo im engen Spind, der während der Grundausbildung ständig kontrolliert wurde, hätte er seine Spritzen und Tütchen denn auch verstecken sollen?
    Es hatte funktioniert. Und so hatte er eine einzige, letzte, ungebrauchte Spritze, die er im Elternhaus versteckt gehabt hatte, nach seiner Verpflichtung und damit dem Ende der ständigen Kontrollen in seinem Spind versteckt und jetzt im

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