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Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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auf der anderen Seite des Bergfrieds nicht aufgestanden, als sie den engen, niedrigen Torbogen durchtaucht hatten, sondern waren die Treppen auf allen Vieren hochgekrochen, hatten vorsichtig die Köpfe aus dem Wasser gesteckt und über den Rand des Schleusenbeckens gelugt. Natürlich war es stockfinster gewesen, und sie hatten es riskieren müssen, die Taschenlampe anzuknipsen.
    Das Licht war kaum der Rede wert. Zu sehen waren die ersten Meter eines schmalen, gemauerten Ganges, dessen weiterer Verlauf sich in der Schwärze verlor, und seltsam unförmige, senkrechte Gebilde. Weder das Licht noch der Blickwinkel reichten aus, um genau zu erkennen, in welcher Form die säulenartigen Strukturen aus dem Boden wuchsen beziehungsweise in die Decke mündeten. Aber eine Art Schleim tropfte beständig aus dunklen Höhen und klatschte mit einem ekligen Geräusch auf den nicht sichtbaren Untergrund.
    Leistner stand kurzerhand auf, nahm zwei Stufen des Schleusenbeckens nach oben und leuchtete zum Boden auf der anderen Seite. Was er sah, ließ ihn sichtlich erschaudern, aber ehe er das Licht hoch reißen und sich den oberen Bereich ansehen konnte, rief Mertel halblaut:
    „Kommen Sie zurück, die Dinger bewegen sich.“
    Im selben Moment kam das Licht im Deckenbereich an, und beide sahen, was dort oben lauerte.
    Es war so grotesk, dass es einige Sekunden dauerte, bis aus den einzelnen Bildern ein sinnvoller Eindruck entstand. Was Mertel auf den ersten Blick für Stalaktiten gehalten hatte, waren Zähne wie Zaunpfähle in einem Maul so groß wie ein Sessel. Drei dieser gigantischen Mäuler, aus denen beständig ein rötlicher Schleim triefte, hingen an der Decke über ihnen an Körpern, die sich zwischen Hälsen und Hüften an der Decke entlang schlängelten und sie fast völlig ausfüllten. Die säulenartigen Gebilde aber waren die durchgestreckten Beine der Monstren, die bis an die Decke ragten und ohne erkennbares Becken in die wulstigen, weißen, haarlosen Körper übergingen.
    Einer der Köpfe, der direkt über Leistner, senkte sich nun langsam auf ihn herab und war kurz davor, ihn in seinem Maul aufzunehmen. Mertel sah die langen, weißgrauen Haare, die kleinen, toten Augen und das schnauzenförmige Gesamtbild, da schrie er nur noch „Weg hier!“, wollte nach Leistner greifen, da der nicht von selbst reagierte, ihn die Treppe hinab und unter Wasser ziehen, aber es war zu spät.
    Beide starrten sie nach oben zu den Mäulern, aber der Angriff erfolgte von schräg hinten, weit entfernt, aus dem Hüftbereich. Ein schlauchartiges Ding schoss den Gang entlang auf Leistner zu, klatschte gegen seine Magengrube und bohrte sich augenblicklich hinein. Die eindringende Masse ließ den Bauch sich blähen und fast platzen.
    Mertel hatte sich halb aus dem Wasser gewagt, um zu helfen, und sah nun aus dem Augenwinkel die gleiche schleudernde Bewegung auf sich selbst zukommen. Sofort tauchte er ab, schloss instinktiv die Augen, riss sie sofort wieder auf und erfasste gerade noch, wie die Taschenlampe ins Wasser fiel und die dritte Treppenstufe grell beleuchtete – und wie Leistners Füße, die auf der obersten Stufe noch unter Wasser gewesen waren, ruckartig verschwanden.
    Ihm fiel etwas auf. Zweierlei.
    Ihm fiel auf, erstens, dass er auf der Flucht war, ohne die Entscheidung bewusst getroffen zu haben. Er tauchte dicht an der Treppe entlang kopfüber nach unten auf den Durchlass in den Bergfried zu, wollte seinem Berufsethos folgen, unbedingt immer zu helfen, auch unter Lebensgefahr, aber hatte sich längst dagegen entschieden und dachte trotz seines Hilfsinstinktes auch gar nicht daran, umzukehren. Mit einem Gefühl unendlicher Erleichterung schwamm er, kaum durch die drei Meter dicken Grundmauern des Turmes hindurch getaucht, nach oben auf das Tageslicht zu und schoss mit dem Kopf über Wasser.
    „Was ist?“, fragte Niedermüller sofort. Mertel schnappte nach Luft, wischte sich die Augen frei und stieg aus dem Becken. Damit war genug Zeit verstrichen für den jungen Soldaten, die nächste Frage zu stellen: „Wo ist Leistner?“
    „Angegriffen worden.“
    „Von Zombies?“
    Mertel schüttelte den Kopf.
    „Von riesigen Monstren mit T-Rex-Mäulern. Den Fluchtweg können wir vergessen.“
    „Aber...“
    Niedermüller wich, aufs Wasser starrend, von der Schleuse zurück und ging rückwärts in Richtung Leiter.
    „Keine Angst, die Biester sind viel zu riesig, um da durch zu passen.“
    „Aber wenn er getötet

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