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Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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hatte sie noch nicht gewusst, was sie jetzt wusste.
    „Erst hätte ich gerne einige Erklärungen“, verlangte Amelie.
    „Dafür haben wir keine Zeit. Du kennst doch Kellermeisters Vorschlag. Es kann jeden Moment so weit sein.“
    „Bin ich wirklich eure Tochter?“
    Hermann zuckte mit den Schultern, kratzte sich an der Augenbraue und antwortete kleinlaut:
    „Ja, das bist du.“
    „Kellermeisters Vorschlag?“, fragte Wicca.
    „Aber wie kann das sein?“, fragte Amelie. „Ich bin hier aufgewachsen, in dieser Zeit.“
    Hermann nickte.
    „Was kann jeden Moment so weit sein?“, insistierte Wicca.
    „Dass uns hier alles um die Ohren fliegt“, fauchte Hermann zurück und war mit drei schnellen Schritten an dem Gefängnisgitter, das ihr Verlies vom Kellergewölbe der Burg trennte. Drei Meter außerhalb, noch knapp im Lichtkreis der Fackel, lag ein dicker Schlüsselbund. Hermann rüttelte an der Gittertür, die vom Gesamtgitter nur durch das eingearbeitete Schloss zu unterscheiden war, fluchte und resignierte.
    „Die Burg soll gesprengt werden?“
    Hermann nickte nur kurz und hart und knurrte: „Der ganze Berg“ – während Amelie unbeirrt bei ihrem Thema war und argumentierte:
    „Aber Bergenstroh schreibt, als er mich fand, war ich ein Baby.“
    „Moment mal, der Punkt würde mich auch interessieren“, kam es von Wicca.
    „Als ob du das nicht wüsstest!“, fauchte Amelie.
    „Ganz und gar nicht. Der hier hat mich in die Falle gelockt und mir ein gemeinsames Leben in einem fernen schönen Land versprochen. Nach allem, was war, und obwohl ich aussah wie ein Broiler. Das sagt man doch so, oder?“
    Amelie musste trotz ihrer Wut lächeln und schüttelte den Kopf.
    „Nicht in unserer Gegend.“
    „Dann eben wie ein gegrillter Hammel. Ich dachte noch, das vergeht wieder, und ließ mich becircen. Er bereitete mir ein Lager, versorgte mich, und als ich wieder aufwachte, trug ich Ketten.“
    „Wieso Ketten? Ich dachte...“
    „Das Einmauern kam erst später. Er wollte zuerst das Kind. Dich.“
    „Vor 500 Jahren?“, fragte Amelie, als sei das noch immer unklar.
    „In einer Zeit, als die Kindlein starben wie die Fliegen“, bestätigte Wicca. Hermann trat auf sie zu, streckte die Hände aus, zögerte.
    „Nur zu“, meinte sich lächelnd.
    Er begann damit, sie abzutasten. Aus einer ihrer zig Hosentaschen zog er eines ihrer Fläschchen. Mehr war nicht zu finden. Er schleuderte das Fläschchen gegen die Wand, wo es abprallte, ohne zu zerbrechen. Wicca hob es auf und steckte es wieder ein.
    „Das ist doch ein Trick“, fluchte er. „Niemals sperrst du dich selber in dieses Loch, nach allem, was war. Wo ist der Zweitschlüssel? Wie geht es hier raus?“
    „Du wirst es erfahren. Aber erst will ich wissen, was du mit meinem Kindlein gemacht hast, nachdem ich hinter der Mauer verschwunden war.“
    „Er ließ dich also angekettet bis zu meiner Geburt?“, fragte Amelie.
    „Er wollte mich dich sogar säugen lassen. Aber ich gab keine Milch mehr, nach dem, was gewesen war. Ich nehme an, er ersetzte mich durch ein Kuheuter. Aber davon weiß ich schon nichts mehr.“
    „War das in dieser Gruft, in der Bergenstroh uns fand?“
    „Wieso uns?“, fragte Wicca. „Nur mich hat er gefunden!“
    „Nein, wir waren auch da.“
    „Aber...“
    Amelie betrachtete sie und stellte staunend fest, dass ihre Fassungslosigkeit echt war.
    „Nachdem ich dich eingemauert hatte, wollte ich mit ihr in die Lande ziehen und ein normales Leben beginnen.“
    „Erst war er übrigens so nett, mir den Schlüssel für die Ketten zuzuwerfen. Durch ein winziges Fensterchen, das von der Tür noch blieb, bevor er es mit zwei Steinen schloss und 500jährige Finsternis einsetzte.“
    „Ich konnte nicht anders, Maria, das musst du doch verstehen. Du warst ein...“
    „Ich bin ein – was, Monster? Du doch auch!“
    „Ich wollte nicht zerstören, so wie du. Ich dachte erst, ich hätte es im Griff.“
    „Das hattest du nie.“
    „Ich weiß. Das weiß ich jetzt. Aber damals... Das Kindlein brauchte jemanden, meinte ich. Du konntest es nicht sein. Und ich dachte, ich fände etwas, um alles rückgängig zu machen. Wirklich, Maria, das musst du mir glauben. Ich wollte dich nicht für Jahrhunderte einsperren. Ich wollte uns retten... oder eben, falls nötig, einen gnädigen Tod schenken.“
    „Heißt das, du hast deine Experimente wieder aufgenommen?“, fragte Amelie. „War ich so was wie deine Laborratte?“
    „Dazu kam es nicht. Ich war auf

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