Toten-Welt (German Edition)
nicht nehmen, durch alle verfügbaren Öffnungen nach draußen zu starren, bevor er sich seinem Untergebenen anschloss. Keine Zombies weit und breit.
Auch von einem Hubert Helfert war nichts zu sehen. Er lauerte, flankiert von seinen Anhängseln Gnom, OB und Rocker im toten Winkel und freute sich auf die erste kleine Mahlzeit seit dem Schlachtfest vor der Burgerstürmung.
„Du hast recht, lieber Hermann“, sagte Wicca, nachdem sie eine Weile beobachtet hatte, wie er verzweifelt nach Schlupflöchern im Verlies und Möglichkeiten suchte, die Gittertür mit seiner mitgebrachten Pike aufzuhebeln. „Ich habe eine Hintertür. Aber die öffnet sich nur für Amelie und mich.“
„Und was soll das heißen?“
„Dass ich nicht gedenke, auf meine Rache an dir zu verzichten. Du benutzt jetzt das Seil, an dem Amelie hoch geklettert ist, für die umgekehrte Richtung.“
„Du willst ihn da unten in dem Loch zurücklassen?“, fragte Amelie fassungslos.
„Aber gewiss doch. Wie er mir, so ich ihm. Irgendwann, in ein paar Jahrzehnten oder Jahrhunderten, vielleicht früher oder später, könnten Umstände eintreten, die zu seiner Befreiung führen. Aber bis dahin meine ich: So viel Strafe sollte schon sein.“
„Hast du nicht zugehört? Die planen, den Burgberg hochzujagen.“
„Was ich verhindern werde. Mit deiner Hilfe, mein Schätzchen.“
„Und was ist dann mit den ganzen Zombies?“
„Sie fressen alle Menschen auf und ziehen ihrer Wege. Aber wir beide, Mutter und Tochter, bleiben hier. Diese Burg ist für die Ewigkeit gebaut.“
„Auf eine solche Ewigkeit kann ich verzichten. Wir gehen alle drei. Oder keiner geht. Du auch nicht.“
Hermann, der schon nach dem Seil gegriffen hatte, das vom Gitter ins Verlies hing, und sich über den Rand schwingen wollte, hielt kurz inne.
„Schon gut, Amelie. Geh mit ihr. Hauptsache, du kommst hier raus.“
„Erst will ich sehen, wie sie das macht.“
„Ich kann etwas, das ihr nicht könnt“, sagte Wicca nur, stellte sich quer ans Kerkergitter und begann damit, sich wie ein Schlangenmensch durch die eng gesetzten Eisenstäbe zu winden. Ehe Amelie ihr Erstaunen überwunden hatte, war Wiccas Kopf schon nach draußen geflutscht.
Amelie riss Hermann das Seil aus den Händen und schrie:
„Hilf mir!“
Er reagierte sofort. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, in Sekundenschnelle Wiccas linkes Handgelenk, das noch innen war, an einen der Gitterstäbe zu fesseln. Sie war so überrumpelt, dass sie mit dem Körper stecken blieb, den linken Arm, der schon draußen war, zu Hilfe nehmen wollte, um sich zu befreien, und sofort auch damit angebunden wurde. Es folgten ihr rechtes Bein und schließlich ihr Hals. So lang das Seil noch reichte, wickelten sie es immer wieder um Hals und Gitterstange und zurrten den Endknoten brutal fest.
Amelie verschnaufte und konnte es nicht fassen. Erstmals ließ dieses Monster, das ihre Mutter war, seine Überlegenheit fahren und begann verzweifelt sich zur Wehr zu setzen. Durch ihre Angst und Wut und den Krafteinsatz schien ihr Körper, der zwischen zwei engen Stäben klemmte, anzuschwellen und sich zu zu verkanten, was die Gefangennahme perfekt machte. Sie schrie nicht, stöhnte nicht mal, hörte schließlich auch auf sich zu wehren und ließ locker.
„Bloß hilft uns das auch nicht weiter“, stellte Hermann fest, als sich alle drei beruhigt hatten. „Jetzt haben wir nicht mal mehr ein Seil, um an den Schlüssel ranzukommen.
„Uns fällt schon was ein.“
„Bindet mich los. Ich bin eure einzige Rettung.“
„Vielleicht können wir das auch?“, fragte Amelie. „Wir sind doch wie sie.“
„Dass wir wie Gummi sind, kann ich mir nicht vorstellen“, sagte Hermann, ging aber mit einem neuen Impuls von Entschlossenheit zu dem Gitter und versuchte, sich so wie zuvor Wicca nach draußen zu winden. Mehr als einen Arm bis zur Schulter bekam er nicht auf die andere Seite. Die schlanke Amelie passte mit dem Körper leicht genug zwischen zwei Gitter, um es ohne Kleidung vielleicht zu schaffen – aber ihr Kopf klemmte fest, egal wie sie ihn drehte.
„Niemand ist wie ich“, kommentierte Wicca die fruchtlosen Versuche höhnisch und begann nun doch wieder, an ihren Handfesseln zu zerren.
„Und warum wirst du mit den Seilen nicht fertig?“
„Auch für mich gibt es offenbar eine Untergrenze an Engheit.“
„Oder du tust nur so.“
„Wer weiß. Ich denke, ich würde auch eine Sprengung überleben. Ihr aber vielleicht
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